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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Gründe sah, massive Verstärkung aus Deutschland anzufordern. Die nicht kommen würde.
    Schissers Plan war gewesen, die Bande zu beerben. Er wollte die Bucht, den Campingplatz.
    Schisser war gescheitert. Mir drohte das Gleiche. Der Duschtrakt war unbeleuchtet, menschenleer.
    Ich tastete mich vor bis zur Waschmaschine und zog ein paar von meinen immer noch ungewaschenen, aber im Vergleich zu denen an meinem Körper geradezu taufrischen Klamotten hervor. Duschgel fand ich keins, dafür Waschpulver. Rasch zog ich mich aus, zerrte an der Kette, scheuerte mir die oberste Hautschicht runter, stellte mich wieder unter den kalten Strahl, griff mir ein Handtuch, rubbelte mich ab, sprang in Jeans, T-Shirt und Schuhe und rannte raus.
    Rannte in jemanden hinein.
    Es war Scuzzi. Und seine Augen quollen ihm aus dem Schädel.
    Mühsam löste ich den Griff um seine Gurgel. Ein leichtes Zittern durchlief mich. Anscheinend hatten meine Instinkte schon in einen Modus hochgeschaltet, dem mein übriger Verstand noch leicht hinterherhinkte.
    »Was ...?«,keuchte er und brach ab, um sich den Hals zu massieren.
    »Erklär ich dir später«, raunte ich und zerrte ihn mit mir, bis hinter den Leuchtturm.
    Er habe überall nach mir gesucht, krächzte er. Er sei tief beunruhigt, sagte er.
    »Woist die Leiche von Alice?«,fragte ich.
    Sie war fort. Seebestattet, wie es so schön heißt. Mit Blumen geschmückt, in ein weißes Tuch eingenäht, mit dem Schlauchboot raus gefahren und irgendwo versenkt. An den Füßen ein weiteres Muster von Scuzzis Handarbeit.
    »Allmählich krieg ich echte Zweifel, ob die überhaupt zur Zeltbeschwerung dienen sollten«, meinte er verdrießlich.
    »Du bist einfach zu argwöhnisch«, sagte ich. »Denk immer dran, dass Vertrauen die Grundlage jeder Liebe ist.«
    »Könntest du mal aufhören, mich zu verarschen?« Ich winkte ihm, leise zu sein, und er senkte die Stimme.
    »Mag sein, ich war ein bissehen naiv, seit wir hier angekommen sind. Mag sein, ich habe mit offenen Augen geträumt. Doch so langsam krieg ich Schiss, Kristof. Der Ton, die ganze Stimmung ist in den letzten Stunden gekippt. Plötzlich werde ich geschnitten, so wie du vorher. Die wollen hier auf einmal alles aufgeben und nach Goa gehen.«
    Gehen? Falsches Verb, dachte ich. Flüchten, eher.
    »Und immer wieder fällt dein Name in dem Zusammenhang. Als ob du und nur du allein es wärst, der hier alles kaputt macht. So wie die Musikanlage. Es ist die reine Hetze. Dabei kamst du doch eigentlich gut an, in den letzten Tagen. Ich kapiere das nicht. Was geht hier ab?«
    Ich weihte ihn in knappster Form in alles ein, was ich herausgefunden hatte, und auch in alles, was ich bisher nur vermutete.
    Er starrte entgeistert, völlig von den Socken.
    »Ein Bring-und Holservice für Arbeitssklaven? Du meinst, Sklaven? Aber, Kristof, das ist Europa, hier. Im einundzwanzigsten Jahrhundert!«
    »Und eine der korruptesten Ecken des Kontinents. Glaubst du wirklich, jemand kann kontrollieren, was gen au sich unter diesem Meer aus Plastikplanen abspielt, durch das wir hergekommen sind? Auf diesen gigantischen Plantagen? Oder hat auch nur ein Interesse daran? Solange das Geld sprudelt? Wasserrechte, Umweltauflagen, Menschenrechte, alles ist hier verhandelbar.«
    Er sah sich wild um. »Lass uns abhauen«, stieß er hervor.
    »Wieauch immer. Zur Not zu Fuß. Wenn das stimmt, was du sagst, sind wir mit dem, was wir jetzt wissen, nicht mehr sicher.«
    »Okay«, sagte ich. »Doch erst will ich noch herauskriegen, was gen au mit Schisser passiert ist.«
    Wie lange würden Roxanne und der Rest brauchen, ihre Spuren zu verwischen, ihre Koffer zu packen, einen Makler mit dem Verkauf der Käserei zu beauftragen und den Anker zu lichten? Vielleicht gerade lang genug, um sie noch zu stoppen und für ihre Taten ans Kreuz zu nageln.
    »Weißt du, wo sie die Leiche von Alice hingebracht haben?«
    »Ich denk mal, in die Nachbarbucht.«
    »Warum nicht einfach ins offene Meer?«
    »Weil, wie es hieß, die Fischer sie sonst wieder hochholen, in ihren Netzen.«
    Ja, das war plausibel. Wenn Roman sich nur an die Spielregeln halten würde. Und Kristof.
    Das Feuer loderte. Leroy, Alma, Vishna und Roxanne standen abseits, die Köpfe zusammen in reger, ernster Diskussion. Die Rastafaris rauchten, Almas hennagefärbte Freundinnen und der ganze andere fransige Riffraff der Gemeinschaft rauchten mit. Obutu, Friedrich und Armand schlugen die Trommeln, Rolf versuchte an der Bongo Schritt zu halten. Es

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