Alles über Elfen (German Edition)

schwülstiges Pathos halten, durchaus Vorsicht geboten ist. Und ja, Kollege Christiansen, damit sind unter anderem Sie gemeint, Sie gefühlloser Klotz!]
    Viele wilden Elfen leben in weitestgehend schriftlosen Kulturen. Alle Geschichten werden hier mündlich überliefert, und das Erzählen im Sinne des Vortrags selbst wird in den Rang einer Kunstform erhoben. Gute Erzähler genießen sehr hohes Ansehen, da es ihnen mit ihren Worten gelingt, Vergangenes so plastisch zu schildern, dass es ihren Zuhörern buchstäblich vor Augen geführt wird (um einmal den etwas despektierlichen Begriff des »Kopfkinos« zu vermeiden). Dabei sind jedoch einige Besonderheiten zu nennen:
Ein Auftritt als Erzähler ist unter wilden Elfen keine Solo-Performance. Wir haben es da eher mit einer interaktiven Gruppenbetätigung zu tun. Der Erzähler ist in letzter Konsequenz eine Art Zeremonienmeister, und er erwartet von seinem Publikum eine rege Teilnahme in Form von aufmunternden Zwischenrufen, dem Wiederholen bestimmter formelhafter Passagen (zum Beispiel den Schlachtruf eines Kriegers) oder Unmutsbekundungen bei Erwähnungen des Bösewichts seiner Erzählung. Für uns westlich geprägte Menschen, die wir traditionell eher daran gewöhnt sind, bei vergleichbaren Aufführungen möglichst ergriffen, aber schweigend zu lauschen, kann dies eine sehr ungewöhnliche Erfahrung darstellen. [Plischke: Am ehesten ist es noch mit solchen Musicals zu vergleichen, die interaktive Elemente der Publikumsbeteiligung aufweisen, wie etwa die Rocky Horror Picture Show.]
Hilfsmittel, die die Phantasie des Publikums anregen, sind nicht nur ausdrücklich erlaubt. Sie gehören bei vielen Stämmen zu einem guten »Schwank« einfach dazu. Hierzu können Malereien an Höhlenwänden, auf die an den passenden Stellen verwiesen wird, ebenso zählen wie Masken und andere Verkleidungen, kleinere magische Lichteffekte oder durch Zauber bewirkte Veränderungen der Stimmlage.
Variationen einer Erzählung besitzen immer einen tieferen Sinn. Das reibungslose Zusammenspiel zwischen Erzähler und Publikum beruht in weiteren Teilen darauf, dass beide Seiten die vorgetragene Geschichte und ihre wichtigsten Details ausgezeichnet kennen. Weicht der Erzähler von diesem Schema ab, verfolgt er damit eine klare Absicht, und dieser Tatsache ist sich auch seine Zuhörerschaft bewusst. Sobald es zu einer solchen Abweichung kommt, wird das Publikum noch genauer auf den Vortrag achten, um zu begreifen, weshalb der Erzähler den eigentlich zu erwartenden Verlauf der Geschichte ändert. Oft geschieht dies, weil der Erzähler eine Legende aus längst vergangenen Tagen benutzt, um auf ein besonderes Problem hinzuweisen, mit dem der Stamm in der Gegenwart konfrontiert ist – sei es, um eine Lösung dafür vorzuschlagen, oder (was häufiger ist) den Rest der Sippe überhaupt erst auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Ein Beispiel: Der Erzähler trägt eine alte Legende vor, in der ein Krieger sich beweisen will, indem er eine Raubkatze zur Strecke bringt, die einen ungesunden Appetit auf Elfenfleisch entwickelt hat. Eigentlich endet die Geschichte damit, dass der Krieger feststellt, dass der Räuber dies nur tut, weil ihm ein Dorn in der Pfote steckt. Der Krieger entfernt den Dorn, heilt die Pfote und die Katze macht fortan nicht mehr Jagd auf Elfen. Wird die Geschichte nun dergestalt variiert, dass der Krieger die Katze trotz des Dorns tötet, könnte er so darauf hinweisen, dass der Stamm gegenüber einem Feind, der sie in jüngster Zeit bedroht, besser keine Gnade zeigen sollte.
Musik
    Wenn es eine Kunstform gibt, die von Außenstehenden am ehesten quasi automatisch mit dem Schönen Volk in Verbindung gebracht wird, so ist es die Musik. Elfenhasser wie Elfenliebhaber gehen davon aus, dass die Elfen viel Zeit mit dem Musizieren verbringen (für die einen ist es allerdings »typisch elfischer« Müßiggang, während die anderen darin einen der klarsten Ausdrücke der durch und durch harmonischen Natur der Elfen zu sehen glauben). Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte, aber es ist nicht zu leugnen, dass Musik im Leben der Elfen eine wichtige Rolle spielt.
    Nicht umsonst kommen gemäß vielen Berichten Begegnungen zwischen Menschen und Elfen auch dadurch zustande, dass von irgendwoher süße, verlockende Klänge an das Ohr eines Wanderers dringen. Oftmals ist damit der Gesang der Elfen gemeint, von dessen Liebreiz ja bereits die Rede war.
    Grundsätzlich lässt sich über die