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Alles über Sally

Alles über Sally

Titel: Alles über Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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nicken. Keine Überraschung zeigen, ganz natürlich! Er machte zur weiteren Überbrückung eine unbestimmte Gebärde. Anschließend klimperte er mit den Eiswürfeln in seinem Wasserglas. Der Kerl neben ihm war offenbar von wenig empfehlenswerter Gesinnung.
    An seinem Tisch war Alfred nach kurzer Zeit mit allen bekannt. Zwei sympathisch wirkende niederländische Psychiater auf Kongressreise waren die einzigen, die nicht der deutschsprachigen Kolonie angehörten. Alle anderen lebten zeitweilig oder ständig am Nil, um hier westliche Kultur in Form weicher Inhalte zu verkaufen im Tausch gegen harte Kulturschätze. Einige dieser Nahostprofis fuhren sich mit der Zunge die Schneidezähne entlang, sooft ihr Blick auf Alfred fiel; so kam es ihm vor. Erfreulich war, dass Professor Berg und Gattin ihm schräg gegenüber saßen. Neben Sally waren die Bergs Alfreds einziger Österreich-Kontakt, bei dem er nicht ständig auf der Hut sein musste. Selbst mit den Deutschen kam er besser aus. Erstens waren sie ihm fremder, und zweitens fehlte ihnen diese typische, von vielen als Charme bezeichnete Mischung aus Bosheit, Dummheit, Fröhlichkeit und Pseudomanieren. Hier in Kairo hatte Alfred aufgrund der gebotenen Vergleichsmöglichkeiten rasch begriffen, dass die von Karl Kraus, Qualtinger und ähnlichen Kommentatoren stammenden Charakterisierungen nicht auf Gehässigkeit beruhten, sondern auf tiefer Menschenkenntnis.
    Mit dem Ehepaar Berg unterhielt er sich während Hauptgang und Dessert. Ein palästinensischer Arzt lasFreud auf Arabisch, nicht einen Augenblick lang hörte ihm irgendjemand zu. Besser, in die Gespräche der anderen hineinhorchen, dachte Alfred, man weiß nie! Leider beanspruchten ihn die Bergs fast ununterbrochen, aber sie redeten ohne Feintuerei, freundlich und entspannt. Sie fragten, ob sich Alfred mit einem Stipendium in der Stadt aufhalte. Nein, antwortete Alfred ruhig, ohne Zorn, er verdiene sich seinen Unterhalt als korrespondierender Mitarbeiter mehrerer Museen. Und dass er nur zweitklassige Ware weitergab, weil die Museen blöd genug waren, sich damit zufriedenzugeben, verschwieg er natürlich. Lediglich eine kleine Andeutung rutschte ihm heraus – dass seine eigene Sammlung ganz ansehnlich zu werden versprach, entzückend wie Sissy, Teil I.
    »Kennen Sie El-Sayed?« fragte Professor Berg.
    »Den Sammler?« fragte Alfred.
    »Letztens war ich bei ihm zu Besuch, er hat mir voller Stolz seine Ernennung zum Mitglied einer obskuren jugoslawischen Ethnographenvereinigung vorgezeigt, sein Antwortschreiben hat er mir ebenfalls vorgelegt. Er betont darin, seine Sammlung sei eine der größten der Welt. Ich weiß wirklich nicht, wie ein so kluger und vernünftiger Mann wie El-Sayed einen solchen Unsinn schreiben kann. Vermutlich sind allein zehn österreichische Privatsammlungen größer als seine und zehn Schweizer Sammlungen größer als jede österreichische. Die Einheimischen hier haben wirklich keinen bleichen Schimmer, was sie haben und was wir haben.«
    »Da ist was dran«, sagte Alfred banal.
    »Sie sollten das MfVk fragen, ob man dem Mann nichteine ähnliche Ehre aus Österreich zuteil werden lassen kann. Vielleicht lässt sich das einrichten.«
    »Nichts ist unmöglich«, erwiderte Alfred.
    Man ließ die Gläser klirren. Wie schon oft schielte Alfred zu Sally. Sie drückte sich gerade zwischen den Tischen durch auf dem Weg zur Direktorin. Es wunderte ihn, wie selten sie an diesem Abend Blickkontakt hatten. Jetzt huschte sie schon wieder in die Küche, um sich zu vergewissern, dass die Köche und Suffragis auf Zack waren. Alfred erzitterte buchstäblich bei dem Gedanken, hinter ihr herzugehen und sie in den Umkleideraum des Personals zu drücken. Auf die gleiche Idee kam der deutsche Botschaftssekretär, nur mit dem Unterschied, dass er sich umgehend auf den Weg machte, munter drauflos. Seine Annäherungsversuche waren Alfreds Blicken durch eine auf und zu pendelnde Schwingtür und einen rechten Winkel entzogen.
    Sallys Überraschung hielt sich in Grenzen, geringschätzig schob sie die Hände des Botschaftssekretärs beiseite.
    »Lass mich in Ruhe«, sagte sie genervt.
    »Bist du aus Holz?« fragte er.
    »Na, eben nicht«, sagte Sally und holte ein kaltes Lächeln hervor.
    Der Botschaftssekretär ließ ein paar Komplimente vom Stapel, ihr Hintern wäre umwerfend, halt diese Masche, sie sei so unfassbar hübsch. Sally hörte es sich an, ließ sich ein wenig abknutschen. Ja? Seufzer, uch, der Mensch ist ein Wesen

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