Alles Ware - Glanz und Elend der Kommerzkultur
derweil ein regelrechter Markt für »Corporate Social Responsibility« – »sozial verantwortliches Unternehmertum«
–, wie die modische Phrase lautet, |143| und ein Netz von Unternehmensberatungsfirmen, die Konzernen neuerdings sogar dabei helfen, Gefahren zu umschiffen. Eine der
bekanntesten ist die britische Consultingfirma mit dem programmatischen Namen »Good Business« (»Gute Geschäfte«). So wie McKinsey,
Roland Berger und andere Unternehmen dieser Art Firmen und Institutionen, die ein Problem haben, auf »Effizienz« und »Kostensenkung«
trimmen, so verspricht »Good Business« professionelle Hilfe beim Gutsein. Denn es reicht nicht, wenn in den Vorstandsetagen
die Parole ausgegeben wird, dass Geschäfte mit übel beleumundeten Firmen besser unterlassen werden sollen – der »Geist« des
guten Unternehmertums muss in der gesamten Firma verbreitet werden. So verspricht »Good Business« praktische Tipps dafür,
»wie verantwortliches Unternehmertum im Gesamtkonzern eingebettet werden kann« und Antworten auf knifflige Fragen: »Wie profitiert
meine Marke von Sozialprogrammen, ohne dass das nach Heuchelei aussieht?« Und: »Wie bringe ich meine Manager auf Schiene?« 134 Gewiss, in der freundlichen Welt, die »Good Business« in den PR-Unterlagen des Unternehmens zeichnet, entscheiden sich Konzerne
nicht für »sozial verantwortliches Unternehmertum«, weil sie gerne als anständige Unternehmen angesehen werden wollen – sondern
weil es ihnen angeblich ein echtes Anliegen ist, dass sich die Welt in eine gute Richtung bewegt. Man darf freilich daran
zweifeln, ob das exakt stimmt. Eher geht es darum, Angriffe von vornherein abzuwehren, die Gefahr gar nicht erst aufkommen
zu lassen, dass eine kritische Kampagne den guten Markennamen beschädigt. »Außerhalb der Wirtschaftselite gibt es widersprüchliche
und aggressive Haltungen gegenüber Unternehmen. Die Konsumenten mögen Marken und sagen in Meinungsumfragen dennoch, dass sie
›multinationale Unternehmen‹ hassen«, |144| heißt es in einer Broschüre von »Good Business«. Wer also die Marke gegen die Wirbelwinde der Konsumentenaffekte schützen
will, der sollte die Dienste der Beratungsfirma in Anspruch nehmen.
In der von Konsum und Lifestyle getriebenen Kulturökonomie hat der Verbraucher große Macht. Und er kann diese Macht dazu einsetzen,
unmoralische Geschäftspraktiken zu bestrafen und moralische zu belohnen. Weitsichtige Marketingstrategen haben deshalb längst
ihren Frieden mit antikapitalistischen Markenkritikern gemacht. »So manche Aktion der antikapitalistischen Pressure-Groups
kann ganz nützlich sein, die Dinge in die richtige Richtung zu bewegen«, proklamiert etwa Wally Olins in seinem Buch »On Brands« 135 – das ja wohl in erster Linie von Unternehmern, Werbern und Corporate-Identity-Strategen studiert wird und eher selten von
No-Logo-Aktivisten. Kapitalismuskritik ist, so Olins, heute auch eine Konsumentenstrategie, und auf die müssen sich Firmen
einstellen – »den Kunden verstehen« ist in der Businesswelt schließlich das Entscheidende. Ein raffinierter Unternehmer kann
von den Kommerzkritikern sogar profitieren – indem er sich als sauber präsentiert und einen Wettbewerbsvorteil gegenüber möglichen
unmoralischen Konkurrenten lukriert. Gerade in gesättigten Märkten, auf denen sich die konkurrierenden Konzerne gleichsam
auf die Zehen treten, bietet »ethisches Wirtschaften« einen Schlüssel zu neuen Wachstumspotenzialen: »Einen Ausweg aus dem
doppelten Dilemma von Vertrauensverlust und Marktstagnation weist das Nachhaltigkeits-Marketing, welches sozialen und ökologischen
Mehr-Wert für den Kunden schafft und neues Wachstum für Unternehmen ermöglicht.« 136
Aber man kann Olins’ Überlegungen auch als Ratschläge an die Kommerzkritiker interpretieren, etwa wenn er feststellt, dass
der, der den Kapitalismus zum Bessren |145| verändern will, doch auf ganz einfache Weise beginnen könne: Er muss nur aufhören, Mist zu kaufen, der die Umwelt zerstört
oder auf ausbeuterische Weise hergestellt wurde. »Die Manager«, so Olins, »sind ja keine bösen Menschen. Sie sind Geschäftsmänner.
Wenn es danach Nachfrage gäbe, würden sie biologische, vitaminreiche Hamburger verkaufen. Sie würden alles verkaufen, was
sich mit Profit verkaufen lässt.«
Das ist natürlich richtig. Ebenso richtig ist, dass »Cor porate Social Responsibility« eher eine schöne
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