Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
einer Kokosnuss denken, und ich denke an Natalies Zimmer, in dem ich mal war. Es war total aufgeräumt. Das ist alles. Es war einfach total aufgeräumt.
Natalie ist Einzelkind. Sie sagt, das wäre okay. Sie sagt, sie wüsste nicht, ob ihre Eltern sie ganz, ganz lieb haben oder ob sie ihnen ganz, ganz gleichgültig ist. Sie hat keine Vergleichsmöglichkeiten. Jedenfalls schreien sie sie nie an, sondern führen nur »kleine Unterredungen« mit ihr – was sich für mich wie die Hölle anhört, aber sie sagt, das ist okay.
Hier sind wir zu viert: Ich bin die Fette, Witzige, die mit dem abblätternden Nagellack, der aber immer interessanter abblätternder Nagellack ist, spiegelsilber oder marineblau – trotzdem, aus der Tatsache, dass das Zeug abblättert, kann man schließen, dass ich es eigentlich gar nicht will. Natalie ist mehr der Rouge-Noir -Typ. Sie mag ihre Zweifel haben, aber der Lack bleibt haften.
An Natalies Aussehen muss man sich gewöhnen – hat man sich aber erst mal dran gewöhnt, ist es so, als hätte
man sie höchstpersönlich entdeckt. Ihr Gesicht ist irgendwie durchsichtig, ihre Haut richtig blass, und sie hat dünnes, weißblondes Haar. Deswegen sag ich ja auch, sie müsste ein Star werden, denn die Kamera liebt so was, in Nahaufnahme. Sie hat nicht eine einzige offene Pore. Allerdings sollte sie sich ihre Wimpern mal professionell färben lassen. Einmal hat sie’s selbst versucht, und danach war um die Lider rum alles gerötet, sodass sie’ne Weile lang nichts mehr verwenden durfte. Sie sah ziemlich krass aus, so, als wär sie eingeschnappt.
Wenn ich sage, ich bin fett – obwohl ich statistisch gesehen eine Zwergin von zweiundfünfzigeinhalb Kilo bin -, so behauptet mein Freund, ich sei nicht wirklich fett, sondern griffig. Das also ist das neue Wort für fett: »griffig«. Bevor ich jedoch ganz dem Selbsthass verfalle – meine Haare finde ich eigentlich gut; sie sind schwarz und glänzen richtig, besonders wenn sie so mit Fett getränkt sind.
Wen gibt’s noch?
Billy sorgt für viel Trouble, aber ich mag ihn sehr. Echt, ich mag Trouble. Das sage ich jedenfalls zu meinem Freund, wenn er die Augen verdreht, wie’s so seine Art ist. Billy hat genau das Aussehen, worauf ich vor’n paar Jahren gestanden bin, als ich so um die fünfzehn war: gefühlvoll und sanft. Nicht ein Härchen auf der Brust.
Wenn ich sage, Billy ist der beste Kumpel von meinem Freund – um ehrlich zu sein, glaub ich nicht, dass mein Freund einen besten Freund hat. Vielleicht ist das die eigentliche Frage: Wer weiß, was mein Freund will oder wen er mag? Mag er mich überhaupt? Das ist die große Frage.
Ich bin so richtig verknallt in meinen Freund – wenigstens das weiß ich. Er hat Augen wie George Clooney und schöne Hände. Zumindest die Handrücken sind schön; die Handflächen sind ein bisschen trocken und sehen rissig aus. Ich hab versucht, ihn dazu zu bringen, dass er sie mal eincremt, aber wenn’s nach ihm geht, könnte ich genauso gut versuchen, ihn in ein Tutu zu stecken. Ich musste ihn buchstäblich durchs Zimmer jagen, und am Ende hat er mir meine Hand mit der Creme ins Gesicht gedrückt und mich vollgeschmiert, dabei war’s Handcreme, allerdings eine, die sich wie Schweineschmalz anfühlte.
Mein Freund hat ein eigenes Zimmer. Seine Eltern haben ihm ein Gasöfchen reingestellt, damit er besser lernen kann. Ich weiß nicht, ob’s am Gasgeruch lag oder an der Hitze, dass wir uns den ganzen vergangenen Winter über so vermieft vorkamen. Wir haben uns viel geküsst vor dem Gasöfchen – und, ja, wir haben »es gemacht«; aber nur, wenn seine Eltern nicht da waren, und das ist im Moment nie der Fall. Aber das stört mich nicht. Wir küssen uns, bis uns ganz schwindlig wird, mein Freund ist dabei wahnsinnig sanft. Im Park wollten wir weitermachen, aber es war eiskalt und dunkel, und ich fand’s überhaupt nicht sexy. Genau genommen war ich ein bisschen verstimmt. (Damit will ich nicht sagen, dass ich meinen Freund seiner Geilheit überlasse, so eine bin ich nicht. Aber mehr sag ich dazu jetzt nicht.)
Unser Debütantinnenball fand an einem Freitagabend statt. Mich überfallen immer noch Flashbacks; es ist wie ein Albtraum – der Typ, der mir auf die Schulter reihert,
und Natalie, die wie eine Art Nonne lächelt. Doch an all das denke ich gar nicht mal, während ich hier in dem wechselnden rosa Licht liege. Ich denke: Es ist wieder was anderes .
Es fing alles mit Billys Furchtbarer Zeit im
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