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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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mehr zu sagen, ich wollte die Unfreundlichkeit des Tages nicht unnötig hervorheben. Immer noch hoffte ich, daß der Nachmittag sich wie geplant entwickeln würde.
    Etna mußte sich rücklings an die Tür lehnen, um sie gegen den Ansturm des Windes zu schließen. »Ich hatte schon Sorge, Sie wären im Schnee verlorengegangen«, sagte sie, und in ihrer Stimme schwang unverkennbar ein Ton der Erleichterung. Ihr Gesicht war erhitzt, als hätte sie Fieber, und sie hob die Finger an ihre Schläfen, als hätte sie starke Kopfschmerzen.
    Mir kam ein entmutigender Gedanke. »Sind Sie krank?« fragte ich. Natürlich war ich um ihre Gesundheit besorgt, aber ich muß gestehen, ich fürchtete zugleich, ohne sie ins College zurückkehren zu müssen.
    »Nein«, antwortete sie, die Hände senkend. »Es ist nur … Manchmal fällt es mir schwer …« Sie schüttelte sich ein wenig. »Ist es so arg da draußen?«
    »Es ist nicht unzumutbar«, antwortete ich vorsichtig. »Unangenehm, gewiß, aber im Speisesaal brennt sicher ein kräftiges Feuer, und als Hauptgericht gibt es heute eine Gans.«
    Sie hob den Kopf. Ich bemerkte, daß ihre Hände zitterten. Von Herzen gern hätte ich geglaubt, sie zittere um mich, aber ich wußte es besser. Sie holte tief Atem.
    Ich trat einen Schritt auf sie zu, aber sie streckte eine Hand vor, wie um mich aufzuhalten. Wäre es irgend möglich gewesen, ich hätte die Distanz zwischen uns bezwungen und ihr Gesicht an meines gezogen. Ich hätte ihr meine Hand in den Rücken gelegt und sie an mich gepreßt. Ich hätte ihre Röcke hochgeschoben und meine Hand über ihren Schenkel gleiten lassen und meine Finger in ihren Strumpf gesenkt. Das alles hätte ich getan, und vielleicht erkannte sie das, denn mit einem Ruck, als hätte sie ihre Handgelenke in eiskaltes Wasser getaucht, nahm sie sich zusammen.
    Selbstverständlich tat ich gar nichts; aber ich frage mich, was vielleicht zwischen uns geschehen wäre, hätte ich in diesem Augenblick den Mut besessen, sie zu berühren.
    Ich blickte zu meinen ausgestreckten Händen. Um sie zu beschäftigen, griff ich zum Garderobenständer und nahm ihren Mantel herunter. Ich hielt ihn ihr hin, und sie schlüpfte hinein und umhüllte sich mit dem Wollstoff. Vielleicht ließ ich meine Arme ein wenig länger auf ihren Schultern verweilen, als schicklich war. Ihr Haar war frisch gewaschen und duftete nach Olivenölseife. Sie trat von mir weg und zog die Kapuze über den Kopf.
    »Wir sollten gehen«, sagte sie hastig, »bevor meine Tante uns zurückhält.«
    Weitere Worte waren nicht nötig, ich hatte es so eilig wie sie, dieses Haus zu verlassen.
    (Zu welchen Pakten – welchen Pakten – habe ich Etna Bliss gezwungen?)
    Draußen stürmte es noch wilder als zuvor. Etna zog ihre Kapuze tief ins Gesicht, und ich mußte sie führen, in die rechte Richtung, wie ich hoffte. Es war Wahnsinn, sich an so einem Tag ins Freie zu begeben, und ich war hin und her gerissen zwischen Gedanken über die Torheit, sich überhaupt auf diese Exkursion eingelassen zu haben, und einer Art prickelnder Erregung, wie sie mit Abenteuer und Wagnis einherzugehen pflegt.
    Als wir das College erreichten und in das Vestibül der Woram Hall traten, waren unsere Mäntel vorn mit einer Eisschicht überzogen. Mein Mund war in einem Lächeln erstarrt, und in den ersten Sekunden fiel mir das Sprechen schwer. Ein Bediensteter des College half uns aus den Mänteln und ermunterte uns, die nassen Stiefel auszuziehen, was Etna jedoch ablehnte. Wir begaben uns unverzüglich in den Speisesaal und stellten uns ans Feuer, um uns aufzuwärmen. Etnas Wangen und Nase waren feuerrot von der beißenden Kälte – aber ach Gott, wie schön ihr Gesicht war! Sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken: Wir hatten es überstanden. Und als ihr Gesicht und ihre Glieder sich wieder erwärmten, begannen ihr auch die Worte über die Lippen zu sprudeln. Selten hatte ich sie so angeregt und redefreudig erlebt.
    »Als ich einmal mit meinen Schwestern Schlittschuh laufen war«, erzählte sie, »ich war noch ziemlich klein, sicher nicht älter als sechs, kam plötzlich ein Schneesturm auf, ganz ähnlich wie der heute, und ich weiß jetzt nicht mehr genau, warum, aber die Person, die eigentlich auf uns aufpassen sollte, war nicht bei uns; vielleicht dachte man, meine Schwester Pippa könnte auf uns achtgeben. Der Sturm brach so plötzlich los, daß wir nicht mehr zurückfanden und uns unterstellen mußten, in einer Art Höhle. Mein Gott,

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