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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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heute, bei dem Vierunddreißigjährigen, voll entwickelt. Er prunkte jetzt mit einer Eleganz, die nur noch durch seine Arroganz übertroffen wurde. Seine Kleidung, die er aus England kommen ließ, war vom Feinsten, was es damals gab. Er hatte sich eine schleppende Sprechweise und einen ironischen Ton angewöhnt, durch den, so fand ich jedenfalls, sein Mund bereits verformt war; in Ruhe schien er zu einem höhnischen Lächeln verzogen. Ich verabscheute den Mann – seinen Reichtum, den er im Angesicht so viel kultivierter akademischer Bescheidenheit so protzig zur Schau trug; seine unverdiente Autorität (obwohl ein kluger Kopf, war er ein schlechter Student gewesen – ja, er war auch noch stolz auf diese Tatsache); seine freche Einmischung in Collegeangelegenheiten (er machte sich für die Einrichtung einer medizinischen Fakultät stark, während ich mich einem solchen Unterfangen, das die knappen finanziellen Mittel des College nahezu erschöpfen würde, mit aller Entschiedenheit widersetzte). Das Schlimmste aber war mir dieser Blick mit halbgeschlossenen Lidern, mit dem er mich auch jetzt, während wir da im Korridor standen, fixierte.
    »Und Sie werden zwischen Yale und Thrupp hin und her reisen?« fragte ich Asher.
    »Ich habe gerade ein Ferienjahr«, antwortete Asher. »Ich bin im Hotel Thrupp abgestiegen.«
    Moxon konnte keinen Moment ruhig stehen vor Nervosität. Er zauste sich das Haar, schob die Hände in die Taschen und zog sie gleich wieder heraus, wischte unsichtbare Stäubchen vom Revers seines Jacketts. Selbst Ferald schien es eilig zu haben, sich wieder auf den Weg zu machen. Nur Asher war gelassen.
    »Professor Asher«, sagte Ferald, seinen Gast leicht anstupsend, »wir sollten Professor Van Tassel nicht länger aufhalten.«
    Asher bot mir die Hand. »Es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Herr Kollege.«
    »Ganz meinerseits«, gab ich zurück.
    Ich muß eine Pause machen, meine Augen schmerzen von der Anstrengung des Schreibens in einem fahrenden Zug. Es ist sehr warm geworden in meinem Abteil, aber es steht immer gekühltes Wasser in Trinkwasserbrunnen zur Verfügung, und auf Bestellung wird einem jederzeit ein Krug Eistee gebracht. So ist es also halbwegs auszuhalten in dieser Hitze Nordkarolinas. (Ich hatte keine Ahnung, daß es im September so schwül sein kann.) Um mir etwas Abkühlung zu verschaffen, bin ich heute morgen zum Aussichts- und Büchereiwagen durchgegangen, der sich ganz am Ende des Zugs befindet; dort setzte ich mich zu einigen Mitreisenden und sah mir die Umgebung an. Das Land blieb hinter mir zurück, während wir mit einem Tempo von fast hundert Stundenkilometern dahinbrausten, und mir kam unwillkürlich der Gedanke, daß der Eindruck ähnlich ist wie beim Niederschreiben einer Erinnerung: Man versucht, schreibend die Gegenwart zu erreichen, indem man sich möglichst an eine Chronologie hält, und bemüht sich, die Vergangenheit zu bannen, die vorüberfliegt und in immer weitere Ferne rückt – um schließlich am Fluchtpunkt zu verschwinden.

 
    ICH STAND AM FUSS DER TREPPE, als Etna herunterkam, und mußte von neuem denken, wie schön sie mit den Jahren geworden war. Sie wirkte nicht mehr so groß wie damals, als ich ihr zuerst begegnet war. (Das war natürlich nur ein subjektiver Eindruck, der darauf beruhte, daß sie mir nicht mehr solche Ehrfurcht einflößte.) Sie trug an diesem Abend ein hochgeschlossenes Kleid aus kupferfarbenem Satin, das gewagt viel Bein zeigte (das heißt, es endete etwa drei Zoll oberhalb ihrer Abendschuhe, war also bei weitem nicht so herausfordernd kurz wie die Kleider der heutigen Mode, die ich oft als schamlos empfinde, auch wenn ich gegen weibliche Reize nie immun war). Ihre Seidenstrümpfe waren farblich auf das Kleid abgestimmt, und ich hatte keinen Zweifel daran, daß jeder Mann auf der Abendgesellschaft ihre kräftigen kupferfarbenen Fesseln bewundern würde. Zu diesem Ensemble trug sie ihren extravaganten Autohut, eine Kreation in Schwarz und Braun mit zwei breiten Bändern, die unter dem Kinn zur Schleife gebunden wurden. Ich fand den Hut hinreißend und hatte daraus nie ein Hehl gemacht; er war mittlerweile ein vertrauter Anblick in unserem Familienkreis.
    Ich half ihr in den Mantel. »Soll ich fahren?«
    »Um Himmels willen!« rief sie. »Du bist doch beim Fahren das reinste Nervenbündel, Nicholas. Laß lieber mich fahren, oder hast du etwas dagegen?«
    Sie hatte völlig recht. Ich war ein unmöglicher Autofahrer;

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