Alles, was er wollte: Roman (German Edition)
ein. Ich fuhr in die Höhe, als ich schwache Geräusche hörte: eine Stimme, zwei Stimmen, von denen ich eine kannte. Als ich mich aufsetzte, sah ich, daß Etna aus einer der beiden Türen heraustrat. Sie rief irgend jemandem, der im Haus blieb, einen Abschiedsgruß zu und ging zu ihrem Coupé.
Ich hatte nicht über diesen Punkt hinausgedacht und fragte mich jetzt, was ich tun sollte. Sollte ich Etna folgen wie ein gemeiner Detektiv? Aber wie war das überhaupt zu bewerkstelligen, ohne daß sie etwas merkte? Mir wurde plötzlich die ganze Absurdität des Unternehmens bewußt, und beinahe wäre ich aus dem Wagen gestiegen und hätte sie gerufen, als ich sie rückwärts aus der Auffahrt hinausfahren sah. Die Sache mit dem fremden Haus war jetzt ohne Belang. Ich mußte einfach mit Etna sprechen. Sie würde mir raten können, wie ich mich nach dem Gespräch mit Ferald verhalten sollte. Mindestens würde sie mich trösten.
Aber ich verlor sie prompt aus den Augen. Ich war sicher, daß ich den Weg zu dem Häuschen wiederfinden würde, doch da irrte ich mich. Bei der Verfolgungsfahrt im Regen am Tag zuvor war ich offenbar an einer Stelle abgebogen, die ich mir nicht gemerkt hatte. Jedenfalls fand ich mich plötzlich auf einer unbekannten Straße mitten in einem Wald wieder. Ich hielt den Wagen an und stieg aus, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, wohin ich geraten war. Aber ich entdeckte nichts. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiterzufahren und zu hoffen, daß ich unterwegs einem Bauern begegnen würde, der mir weiterhelfen konnte. Zwanzig Minuten lang fuhr ich so umher, bis ich endlich auf ein kleines Haus stieß, das ein Stück von der Straße zurückgesetzt war. Ich klopfte an und wurde von einer etwas erstaunten Frau darüber aufgeklärt, daß ich mich in Vermont befand. Vermont! Wann hatte ich denn den Connecticut River überquert? Wie ich wieder auf die Hauptstraße gelangen würde, konnte mir die Frau nicht genau sagen, aber sie erklärte mir immerhin den Weg zu einem Gemischtwarenladen, wo ich mir genauere Auskünfte holte. Mit den Nerven fast am Ende, überquerte ich noch einmal den Fluß und fuhr, den Schildern folgend, nach Drury weiter, wo das Häuschen stand, in dem ich Etna beobachtet hatte.
Ich brauchte noch einmal fast eine halbe Stunde, um das Anwesen zu finden, und schwor mir, als ich endlich angekommen war, mir bei nächster Gelegenheit eine Straßenkarte zu besorgen. Ich ließ den Wagen an derselben Stelle stehen wie am Tag vorher und ging zum Haus, aber ich näherte mich nicht so direkt wie bei meinem ersten Besuch, sondern hielt mich mehr am Waldrand. Trotzdem hätte Etna mich jederzeit sehen können, wenn sie einen Blick aus dem Fenster geworfen hätte. Aber das tat sie nicht.
Sie saß wieder an dem wackeligen kleinen Tisch, diesmal in ein Buch vertieft, das aufgeschlagen vor ihr lag. Sie trug ein schwarzes Seidenkleid mit einem roséfarbenen Kragen, dazu eine Halskette aus rosaroten Glasperlen. Sie hielt den Kopf über das Buch geneigt und hatte die Hände im Schoß gefaltet. Nach einer Weile stützte sie einen Ellbogen auf den Tisch und drückte die Finger an die Stirn, ganz ähnlich wie Clara das immer tat, wenn sie für eine Prüfung lernte. Sie blätterte um und legte ihr Kinn in die offene Hand. Sie bewegte sich ein wenig auf dem steifen Stuhl, auf dem sie saß (er kann nicht sehr bequem gewesen sein), und schlug ein Bein über das andere, was sie im Beisein anderer niemals getan hätte. Wieder überkam mich dieses Gefühl, daß ich hier eine Fremde beobachtete, eine Frau, die mit mir nichts zu tun hatte.
Sie streckte die Arme über dem Kopf.
Ich ging zur Haustür und trat ins Zimmer.
Sie sprang auf und stieß dabei gegen den Tisch, so daß eine Untertasse zu Boden fiel. »Nicholas!« rief sie.
»Was tust du hier?« fragte ich, meine Arme ausbreitend.
Sie stellte sich hinter den Stuhl. »Es gehört mir«, sagte sie.
»Was soll das heißen, es gehört dir?« Ich trat einen Schritt näher.
Sie legte die Hände auf die Lehne des Stuhls. »Es ist meins«, sagte sie.
»Etna, ich verstehe dich nicht.«
»Dieses Haus gehört mir«, sagte sie.
Dieses Haus gehörte ihr? Das war unmöglich. Ich ging noch einen Schritt auf sie zu. Sie umfaßte die Stuhllehne fester, aber sie wich nicht zurück.
»Was redest du da?« fragte ich.
»Ich habe es gekauft.«
Genausogut hätte sie in einer mir fremden Sprache reden können.
»Wovon?«
Ihre Stirn bekam plötzlich einen,
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