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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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war überraschend. Sie spürte eine Art verbotener Freude und fühlte sich vollkommen erwachsen.

27. Vergebung
    Sie landeten am frühen Morgen, und ab dem Moment, als sie aus dem Flugzeug stiegen, schien allein schon die Luft verändert, vielleicht bildete sie es sich auch nur ein. Sie hatten nur Handgepäck und mussten nicht warten, der Zollbeamte winkte sie gemächlich durch. In der großen Ankunftshalle – er tauschte gerade etwas Geld – bemerkte Anet fast überrascht, dass alle Zeitungen auf Französisch waren. Sie verließen das Gebäude und nahmen ein Taxi.
    Paris, das legendäre Paris, es war acht Uhr morgens, und sie fuhren auf der Autobahn hinein, der Verkehr wurde immer dichter. Sie redeten nicht. Sie lehnten sich zurück wie am ersten Abend. Sein Anzug war leicht zerknittert, sein Hemd am Hals aufgeknöpft. Er sah aus dem Fenster wie ein Schauspieler nach einer Aufführung. Sie war vom Flug ebenfalls erschöpft, aber aufgeregt. Hin und wieder wechselten sie ein oder zwei Worte.
    Nach einer Weile tauchten am Rand der banlieues die ersten Häuser auf, zuerst vereinzelt, dann etwas dichter, Wohnblocks mit Geschäften und Bars. Die Autos fuhren in langen Schlangen in die Stadt, stockten immer wieder, dann öffnete sich der Verkehr, und sie glitten durch die Straßen. Sie fuhren in ein Hotel auf der Rue Monsieur-le-Prince unterhalb vom Odéon. Das Restaurant, in dem er bei seinem ersten Besuch in Paris Jean Cocteau gesehen hatte, lag oben auf der place , in die andere Richtung der Boulevard mit all seinem Treiben.
    Ihr Zimmer befand sich in einem der oberen Stockwerke, der Blick ging über einen großen, eingezäunten Platz, ein Schulhof, wie sich herausstellte. Auf der anderen Seite sah man über die Dächer und Schornsteine der endlosen kleinen Straßen, von denen er ein paar kannte. Sie standen an dem bodentiefen Fenster, draußen vor dem kleinen Austritt war ein schmiedeeisernes Gitter.
    »Und? Erinnerst du dich?«
    »Nein. Ich war damals ja erst fünf.«
    »Bist du müde? Hast du Hunger?«
    »Ich hab ein bisschen Hunger.«
    »Los, mach dich fertig. Ich zeig dir ein wunderschönes Café, wo wir frühstücken können.«
    Sie gingen auf den Boulevard Montparnasse in eine große Brasserie, noch halb leer am Morgen, der Kellner brachte ihnen Orangensaft, Croissants, frische Butter, Marmelade und das Brot, wie man es nur in Frankreich bekam, und dazu Kaffee. Von dort ging es weiter zu Fuß nach Saint-Sulpice, die kleinen Straßen Sabot und Dragon hinauf, in denen die Geschäfte gerade aufgingen wie Blumen, zum berühmten Deux Magots, auch wenn sie noch nie davon gehört hatte. Es war ein schöner Tag. Sie saßen und tranken Kaffee, dann wanderten sie weiter, über schmale Gehwege mit zierlichen Eisenpollern, hier und da schoben sich Studenten und alte Frauen an ihnen vorbei, weiter bis zum Fluss, um sich Notre-Dame anzusehen. Er hatte ihr nur einen Teil von dem gezeigt, was er kannte.
    Am Abend gingen sie zum Essen in die Brasserie Bofinger, eine Art Palast, immer gut gefüllt, die große Kuppel über dem Hauptsaal angefüllt mit Lärm und Lichtern, riesige Vasen voller Blumen. Es gab nicht einen freien Tisch. Die Leute saßen zu zweit, zu dritt oder zu fünft, redeten und aßen. Es war ein erstaunliches Bild.
    »Ich werde die große Fruits - de-mer- Platte bestellen«, sagte er zu ihr. »Magst du Austern?«
    »Ja. Vielleicht«, sagte sie.
    Es wurde auf einem großen runden Tablett mit zerstoßenem Eis serviert, glänzende Reihen von Austern lagen neben Shrimps, Miesmuscheln und kleinen schwarzen Schnecken in ihrer Schale. Die Zitronenhälften waren mit Gaze zugedeckt. Dazu wurden Butter und dünne Scheiben dunkles Brot gereicht. Er hatte einen Montrachet bestellt.
    Sie probierte eine Auster.
    »Man muss drei oder vier essen, um auf den Geschmack zu kommen.«
    Er zeigte es ihr. Zuerst einen Spritzer Zitrone.
    Die zweite schmeckte ihr besser. Er hatte einen Vorsprung, er hatte bereits vier oder fünf gegessen. Eine Frau mit dunkelblondem Haar am Nachbartisch beugte sich zu ihnen herüber.
    »Entschuldigen Sie, was essen Sie da?«, sagte sie.
    Bowman musste es ihr auf der Karte zeigen. Sie sagte etwas zu dem Mann neben sich, dann drehte sie sich wieder um.
    »Ich glaub, das nehm ich auch«, sagte sie.
    Später sprach die Frau sie noch einmal an. Diesmal war sie vertraulicher.
    »Leben Sie in Paris?«, fragte sie.
    »Wir sind nur auf Besuch.«
    »Genau wie wir«, sagte die Frau.
    Sie trug dunklen Lippenstift.

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