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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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Sie sei aus Düsseldorf, sagte sie.
    »Arbeiten Sie?«, fragte sie Anet.
    »Entschuldigung?«
    »Arbeiten Sie?«
    »Nein.«
    »Ich arbeite in einem Hotel. Ich leite es.«
    »Und was führt Sie hierher?«
    »Wir sind nur so in Paris«, erklärte sie. »Auf Urlaub. Wenn Sie mal nach Düsseldorf kommen, müssen Sie in unserem Hotel übernachten. Sie beide«, sagte sie.
    »Ist es ein gutes Hotel?«, sagte Bowman.
    »Ein sehr gutes. Was für einen Wein trinken Sie da?«, sagte sie.
    Sie rief nach dem Kellner.
    »Bringen Sie ihnen noch eine Flasche«, sagte sie. »Setzen Sie sie auf meine Rechnung.«
    Sie gab ihnen wenig später ihre Karte. Sie war klar für Anet bestimmt.
    Nachdem die Frau und ihr Begleiter gegangen waren, tranken sie die zweite Flasche Wein. Es warteten noch immer Gäste auf einen Tisch. Der allumfassende Lärm von Essensgeräuschen und Gesprächen brach nie ab.
    Im Taxi streichelten sie einander die Hand. Die Stadt war strahlend und weit. Die Geschäfte auf den Boulevards waren hell erleuchtet, sie fuhren daran vorbei. Im Zimmer nahm er sie in die Arme. Er flüsterte ihr etwas zu und küsste sie. Er strich ihr mit den Händen über den Rücken. Sie war zwanzig. Er hatte sie gekannt, als sie noch jünger war, ein junges Mädchen, an ihrem Geburtstag, als sie mit ihren Freundinnen in der Sonne in Hemden und Unterhosen am Rand des Teichs entlangrannten und sie mit den Füßen voran ins Wasser sprangen und einander nass spritzten und laut Arsch-Scheißer riefen. Er war überrascht über die Ausdrücke. Er hob sie auf das Bett.
    Diesmal geschah es in seiner Gänze. Die Hände zu beiden Seiten flach auf das Laken gedrückt, stützte er sich auf die Arme. Er hörte von ihr einen Laut wie von einer Frau, aber es war noch nicht vorbei. Er wartete einen Moment, dann begann er von neuem. Es ging sehr lange. Sie war erschöpft.
    »Ich kann nicht mehr«, bat sie ihn.
    Am Morgen stand das Zimmer in vollem Licht. Er erhob sich und schloss die Vorhänge, nur ein schmaler Spalt blieb offen, durch den die Sonne drang. Er stieß die Decken fort, ein Sonnenstreifen lag quer über ihren Beinen. Ihr Schamhaar leuchtete. Sie bemerkte es nicht, aber nach einer Minute oder zwei, vielleicht fühlte sie ihre Nacktheit oder einen Luftzug, drehte sie sich auf den Bauch. Er beugte sich über sie und küsste ihr Kreuz. Sie war noch nicht ganz wach. Er öffnete ihre Beine und kniete dazwischen. Er war nie sicherer gewesen. Diesmal drang er leicht in sie ein. Der Morgen mit seiner Stille. Er blieb einen Moment reglos, wartete, breitete vor sich aus, was folgen würde. Er ließ es sie wissen. Kaum eine Bewegung, als wäre es verboten. Dann endlich fing er an, zuerst langsam, mit unendlicher Geduld, die nach und nach schwand. Sein Kopf war gesenkt, wie in Gedanken. Das Ende war noch weit entfernt. Weit, weit. Der Streifen Sonne war an das Fußende des Bettes gewandert. Er dachte, er könnte ihn vielleicht überdauern, aber dann spürte er, wie es sich sammelte. Seine Hand war auf ihrem Körper, um sie ruhig zu halten, seine Knie drückten ihre Beine nach unten. Entfernte Schreie von Kindern auf dem Schulhof. Oh mein Gott!
    Danach nahm sie ein Bad. Das Wasser war angenehm und heiß. Sie steckte sich das Haar hoch und stieg in die Wanne, zuerst die Beine, dann den Rest des Körpers. Sie war in Paris, mit ihm, in einem Hotel. Es war ungeheuerlich, allein der Gedanke. Sie war erstaunt, wie es dazu hatte kommen können. Und doch schien es ganz natürlich, sie wusste nicht, warum. Sie wusch alle Spuren von sich, von der Reise, dem Sex, und machte sich frisch für den Tag. Er konnte vom Bett aus die kleinen Geräusche hören. Er war im Körper seines früheren Ichs, in London, in Spanien, er lag ruhig da, eins mit dem, was sich, sozusagen, erfüllt hatte.
    »Ich liebe dieses Hotel«, sagte sie, als sie herauskam.
    Das Paris, das er ihr zeigte, war ein Paris der Panoramen und Straßen, der Blick über die Tuilerien, die stillen Meter durch den Torbogen auf die Place des Vosges, Rue Jacob und Rue des Francs-Bourgeois, die großen Alleen mit ihren luxuriösen Geschäften – der Preis des Himmels –, das Paris der gewöhnlichen Genüsse und das Paris der Anmaßung, das Paris, das davon ausging, dass man etwas wusste oder eben nichts. Das Paris, das er ihr zeigte, war eine Stadt der sinnlichen Erinnerungen, glitzernd in der Dunkelheit.
    Tage in Paris. Sie ließen die Museen aus, auch das Studentenviertel, den Boulevard Saint-Michel und die vielen

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