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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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nicht sein«, sagte Baum.
    Sie fuhren mit dem Taxi nach Hause. Bowman war in Hochstimmung.
    »Mochtest du Diana?«, fragte er.
    »Sie war nett.«
    »Ich finde, sehr nett.«
    »Ja«, sagte Vivian. »Aber dieser Weinmensch …«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ich weiß nicht, ob er verstanden hat, dass wir verheiratet sind. Er hat sich an mich rangemacht.«
    »Bist du sicher?«, sagte Bowman.
    Er spürte eine gewisse Befriedigung. Seine Frau war begehrt worden.
    »Er meinte, ich hätte wunderbare Wangenknochen. Ich würde wie ein Mädchen von der Smith aussehen«, sagte sie.
    »Was hast du geantwortet?«
    »Ich meinte, von der Bryn Mawr.«
    Bowman lachte.
    »Warum hast du das gesagt?«
    »Hörte sich besser an.«
    Dinner bei den Baums. Es war der Zutritt zu ihrem Leben und, bis zu einem gewissen Grad, in eine Welt, die er bewunderte.
    Er dachte an viele Dinge, aber nur flüchtig. Er hörte den kleinen Geräuschen aus dem Badezimmer zu und wartete. Schließlich kam seine Frau wie gewohnt aus dem Badezimmer und knipste das Licht aus. Sie trug ein Nachthemd, das er besonders mochte, die Träger im Rücken überkreuzt. Fast als würde sie ihn nicht bemerken, stieg sie neben ihm ins Bett. Er fühlte ein Verlangen, als hätten sie sich gerade beim Tanzen kennengelernt. Er lag einen Moment erwartungsvoll da, dann flüsterte er ihr zu. Er legte die Hand auf ihre Hüfte. Sie war still. Er hob ihr Nachthemd ein wenig.
    »Nicht«, sagte sie.
    »Was ist? Stimmt etwas nicht?«, flüsterte er.
    Es war nicht möglich, dass sie nicht fühlte wie er. Die Wärme, die Zufriedenheit, und es erfüllen.
    »Was ist?«, sagte er wieder.
    »Nichts.«
    »Ist dir nicht gut?«
    Sie antwortete nicht. Er wartete, zu lange, wie ihm schien, sein Blut geriet in Unruhe, alles wurde schal. Sie drehte sich zu ihm um und küsste ihn wie zur guten Nacht. Sie war plötzlich wie eine Fremde. Er wusste, er sollte Verständnis haben, und fühlte nur Wut. Es war nicht liebevoll, aber er konnte nichts dagegen tun. Er lag da, widerwillig und ruhelos, die ganze Stadt, dunkel und glitzernd, schien leer. Dasselbe Paar, dasselbe Bett und doch nicht mehr dasselbe.

6. Weihnachten in Virginia
    Kurz vor Weihnachten hatte es geschneit, dann war es kalt geworden. Der Himmel war blass. Das Land lag reglos, die Felder mit den harten Furchen vom Pflug waren weiß bestäubt. Alles war still. Die Füchse waren in ihren Bauen, das Wild mit Streu versorgt. Die Route 50 aus Washington – von George Washington, als dieser noch Landvermesser war, als beinahe vollkommen gerade Linie angelegt – war so gut wie menschenleer. Am frühen Morgen sah man auf einer Nebenstraße ein einsames Auto fahren, die Scheinwerfer leuchteten durch die Dämmerung. Zuerst fiel das Licht auf die halb vereisten Bäume, dann auf die Straße, dann hörte man das Geräusch, und das Auto fuhr vorbei.
    Sie verbrachten Weihnachten in George Amussens Haus – Beverly und Bryan waren nicht da, sie waren auf Besuch bei seinen Eltern. Am Tag darauf wurden sie auf Longtree zum Abendessen erwartet, die große Farm mit mehr als tausend Morgen Land, das fast bis zu den Blue Ridge Mountains reichte. Liz Bohannon war die Farm bei der Scheidung zugesprochen worden. Das Haus trug den Namen Ha Ha. Es war einst völlig niedergebrannt, dann wieder aufgebaut worden.
    Es war später Nachmittag, als sie das schwere Tor passierten, ein Schild darauf warnte, dass immer nur ein Auto hindurchfahren dürfe. Die lange Auffahrt stieg von Bäumen gesäumt den Hang hinauf. Schließlich sahen sie das Haus, eine riesige Fassade mit vielen Fenstern, jedes davon erhellt, als wäre das Haus ein großes Spielzeug. Als Amussen an die Tür klopfte, hörten sie Hundegebell.
    »Rollo! Slipper!«, rief eine Stimme im Innern und begann zu fluchen.
    In einem malvenfarbenen, geblümten Kleid, das eine rundliche Schulter freiließ, öffnete Liz Bohannon die Tür, die Hunde schob sie ungeduldig mit dem Fuß zur Seite. Sie war früher eine Göttin gewesen, und sie war noch immer schön. Als Amussen sie küsste, sagte sie:
    »Darling, ich dachte gleich, dass du es bist.« Und zu Vivian und ihrem neuen Mann: »Ich bin so froh, dass ihr kommen konntet.«
    Bowman hielt sie eine überraschend kleine Hand entgegen, an der sie einen großen Saphirring trug.
    »Ich war in der Bibliothek und habe Rechnungen bezahlt. Glaubt ihr, es wird noch schneien? Ich hab so ein Gefühl. Wie habt ihr Weihnachten verbracht?«, fragte sie Amussen.
    Sie schob die drängenden Hunde

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