Alles Wurst
mir ausführlich Bericht erstatten.«
Ich beendete das Gespräch und wandte mich zum Gehen.
»Übrigens«, rief der Prahlhans mir nach, »nur damit Sie keiner falschen Hoffnung aufsitzen: Laura ist in festen Händen.«
Ich setzte ein mitleidiges Grinsen auf. »Das tut mir leid für Sie.«
Kapitel 3: Die Versuchung
Das ist Laura, die Gute. Eine bildschöne, schlanke Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen. Adrett gekleidet, aber sorgfältig darauf bedacht, ihre Weiblichkeit zu verbergen. Sie sieht aus wie eine Nonne. Und sie lebt auch so.
Tiere liebt sie über alles und deshalb liebt sie auch Jan, nicht weil er ein Tier ist, sondern weil sie weiß, wie gut er zu ihnen ist. Niemand kann so gut mit Vierbeinern umgehen wie er.
»Dafür werde ich dich immer lieben, mein Jan aus Leiden«, schwärmt sie. Sicher wird sie das tun, davon ist auch er überzeugt, doch meint sie damit leider nicht jene Art Liebe, die sich ein Mann vom Format des Täufers der Enterbten vorstellt, wenn er von ihr spricht. Jene innige Liebe, die ein Mann nur mit einer Frau erleben kann, die mit ihren Reizen nicht so geizig umgeht wie Laura.
Jan ist klar, dass er eine weitere Frau braucht, damit er einerseits nicht auf Lauras Fürsorglichkeit verzichten muss und trotzdem jene letztere Form der Liebe genießen kann.
Da kommt ihm Antje, die Verwegene, gerade recht. Antje ist ein Vollweib in einem ultrakurzen, knallengen Rock und perfekten Gazellenbeinen. Ihre vollen Brüste zwängen sich nur widerwillig in ein abgrundtiefes Dekolleté.
»Nach einem wie dir«, haucht sie, »habe ich immer gesucht. Und jetzt habe ich dich endlich gefunden. Du bist der ideale Mann für mich. Ich werde ein großes Fest zu deinen Ehren ausrichten. Du bist die Hauptperson. Meine Hauptperson.«
Jan lässt sich das nicht zweimal sagen. »Ich will dich auch«, sagt er. Er umarmt sie und knabbert an ihrem Ohr.
Sie seufzt und keucht unter seiner Berührung. Dass ihr gefällt, was er mit ihr anstellt, spornt ihn an, immer weiterzugehen. Plötzlich aber, aus heiterem Himmel, verwandelt sie sich in eine Zicke und stößt seine Hand, die sich gerade unter ihren Rock schiebt, einfach weg. »Für wen hältst du mich, du schleimiger Wüstling!«, geniert sie sich plötzlich. »Denkst du, du könntest so leicht bei mir landen?«
»So leicht war das gar nicht«, wendet er ein.
»Große Klappe und nichts dahinter, was?«, spottet sie.
Große Klappe? Jan ist fassungslos. Gerade noch glaubte er, am Ziel seiner Wünsche zu sein. Er stand an der Pforte des Paradieses. Und nun ist die Tür verrammelt. Obendrein ist die Tussi noch darauf aus, ihn zu demütigen.
»Na was ist jetzt, großer Held?«, fordert sie ihn heraus. »Ist das alles, was du zu bieten hast? Ich hätte es mir denken können. Nach außen hin der große Macker, aber eigentlich nur ein kleiner Hosenscheißer.«
Das Letzte hätte sie nicht sagen sollen. Das mit dem Hosenscheißer. Sie weiß nicht, mit wem sie spricht. Und sie hat keine Ahnung, dass ihre freche Rede sie den Kopf kosten kann.
13
Die Katholische Studentengemeinde − politisch korrekt: Katholische Studierendengemeinde −, deren Räume sich in direkter Nähe zum Priesterseminar befanden, war Anlaufstation für alle auf jede erdenkliche Weise katholisch gesinnten Menschen der Stadt. Hier traf sich die Kirche von unten und ein Stockwerk darüber die von oben, Schwule und Lesben in der Kirche und die Anonyme Liga pädophiler Geistlicher ALpGeist. Aber auch Antipapisten fanden sich hier, Benedettisten, die Westfälischen Freunde der Inquisition und der Geheimbund katholischer Hexen. Laut Schwarzem Brett wurden nicht nur Beichtkurse für Frauen angeboten, sondern auch Praktisches wie Prozessionswege im eigenen Garten selbst anlegen. Die Piusbruderschaft, Sektion Münster, warb für einen Kurs zum Thema: Kein Sex vor der Ehe und wie man ihn auch danach vermeiden kann. Und ganz am Ende eines Ganges, auf einer geschlossenen Tür, klebte ein selbst gemaltes Pappschild mit der Aufschrift: Erste WIEDERerstandene Zelle des Münsteraner TÄUFERtums.
Ich trat ein und fand den Raum fast leer vor. Ein Geräusch lenkte meine Aufmerksamkeit in eine Ecke am Fenster, wo ein Häuflein Studenten, nicht mehr als zehn, um einen Tisch herum saß. Jeder hatte ein aufgeschlagenes Buch vor sich liegen. Das Licht war spärlich, die Luft verbraucht.
»Hi«, sagte ich. »Bin ich hier richtig bei den Wiedertäufern?«
»Was wollen Sie denn von uns?«, fragte
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