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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst
Autoren: Christoph Guesken
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war mir leider nicht hold: Auf mein Klingeln öffnete ein Schönling, schätzungsweise Anfang dreißig, mit gegeltem Haar, Ohrringen und einem Muskelshirt. Mit seinem lauernden Blick und dem leicht vorgeschobenen Oberkiefer erinnerte er an ein Nagetier.

    »Wohnt hier nicht Laura Brück?«, fragte ich.

    Sein Blick wurde misstrauisch. »Wer will denn das wissen?«

    »Ich würde sie gern sprechen.«

    »Tut mir leid.« Der Mann wollte die Tür schließen. Mein Fuß hinderte ihn daran.

    »Was jetzt?«, fragte ich. »Ist sie nicht da oder passt es Ihnen nur nicht, dass ich zu ihr will?«

    »Kein Kommentar.«

    Ich trat vor und schob mich an ihm vorbei in die Wohnung. »Von einem Wachhund hat sie nichts gesagt.«

    »Sie sind Voss, stimmt’s?«

    »Wer will das wissen?«, zitierte ich ihn.

    »Wir haben Sie im Fernsehen gesehen.«

    »Wir?«

    »Laura und ich.«

    »Was hat sie denn gesagt?«, fragte ich, unfähig, meine Neugier im Zaum zu halten.

    »Was sollte sie dazu schon sagen?« Der Kerl zuckte mit den Schultern. »Sie hat umgeschaltet. Zu DSDS. «

    »DSDS?«

    »Deutschland sucht den Superstar.«

    Ich glaubte ihm kein Wort. »Wer sind Sie denn überhaupt?«

    »Mirko Bölling.«

    »Verstehe. Lauras Arbeitskollege.«

    Ich trat in das Wohnzimmer. Indische Tücher, die als Vorhänge für die Fenster dienten, dämpften das Licht. Der Fernseher lief und aus der Küche roch es nach starkem Kaffee. Auf dem Boden im Flur lagen Klamotten herum, nicht nur Frauenklamotten, wie mir sofort auffiel. Vieles deutete darauf hin, dass sich der Kerl hier häuslich eingerichtet hatte.

    »Nicht nur Kollegen«, meinte Bölling. »Wir kämpfen auch für die gleiche Sache.«

    »Und die wäre?«

    Er deutete auf ein Poster an der Wand, das eine bunte Dose Tomaten zeigte, die, von einem Pfeil durchbohrt, langsam verblutete.

    »Robin Food« , erklärte er. »Das ist eine Organisation, die für nachhaltige Ernährung kämpft. Sie nimmt hochwertiges Bioessen von den Reichen und verteilt es an die Armen.«

    Ich nickte. »Dieser Mr Food hat an Fricke geschrieben. Einen Drohbrief.«

    »Das war eine unserer Aktionen. Fricke sollte ruhig wissen, dass jemand von seinen dunklen Geschäften weiß.«

    »Schneidet ihr den Reichen auch Finger ab, um sie an die Armen zu verteilen?«

    »Mit dieser Schweinerei haben wir nichts zu tun.« Auf Böllings Gesicht zeichnete sich gepflegte Entrüstung ab. »Wir arbeiten streng gewaltfrei.«

    »Leute mit Drohbriefen unter Druck setzen, nennen Sie das etwa gewaltfrei?«

    »Und was ist mit Fricke und Castrop? Die setzen den Leuten Fleisch jenseits des Verfallsdatums vor und belassen sie in dem Glauben, der eigentümliche Geschmack sei ein Zeichen besonderer Qualität. Das ist Körperverletzung. Ja, mehr noch: Ernährungsterrorismus.«

    »Castrop also auch? Haben Sie dem auch Drohbriefe geschrieben?«

    »Die sind doch ein Team. Alles ist eine einzige Mafia.«

    »Wo hatte Fricke denn das Zeug her?«

    Mein Gegenüber lachte in sich hinein wie jemand, der so viel Durchblick hat, dass es bei Weitem zu viel verlangt wäre, den Gesprächspartner aufzuklären. »Davon gibt es doch Tausende von Tonnen auf dem Markt«, orakelte er. »An jeder Ecke. Sie werden damit regelrecht beworfen. Alles Fleisch wird irgendwann schlecht, ganz einfach. Und schon haben Sie Gammelfleisch.«

    »Und was ist mit den Lebensmittelkontrollen?«

    »Lebensmittelkontrollen?« Bölling kicherte nur. »Was soll denn mit denen sein?«

    »Haben Sie Beweise für Ihre Anschuldigungen?«

    Das gleiche Kichern. »Beweise …«

    »Sie haben Herrn Fricke also bloß haltlos verdächtigt?«

    Kopfschütteln. »Die Art und Weise, wie er auf die Briefe reagierte, war ja wohl Beweis genug.«

    Der Kerl nervte mit seiner Großspurigkeit. »Kann es sein«, fragte ich, »dass Sie den Öko-Racheengel nur spielen, um bei Laura zu landen?«

    »Ich bin gerade dabei, ein Buch über die Machenschaften der kommerziellen Fleischproduktion zu schreiben«, prahlte er. »Das wird für Wirbel sorgen, weil es einer Menge Leute nicht gefallen wird.«

    »Bücher, die einer Menge Leute nicht gefallen«, widersprach ich, »sorgen im Allgemeinen für keinerlei Wirbel.«

    Mein Handy klingelte. Ich ging dran.

    »Hier ist Antje Nebel«, meldete sich meine Auftraggeberin, wie immer atemlos. »Ich wüsste gern, ob Sie in dem Fall schon weitergekommen sind.«

    »Bisher noch nicht«, sagte ich.

    »Ich werde Sie morgen in Ihrem Büro aufsuchen. Dann können Sie
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