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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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andere Menschen brutal abgeschlachtet habe? Wahrscheinlich nicht, und das verlange ja auch niemand. Er, Wallenstein, mache sich freilich Vorwürfe, nicht genug hingeschaut zu haben, nicht mitbekommen zu haben, wie jene Krankheit − er nenne es Krankheit, etwas anderes könne er sich nicht vorstellen − bei Schadewaldt ihren tragischen Verlauf genommen habe. Wenn er bedenke, dass er, hätte er es nur rechtzeitig mitbekommen, einen wie auch immer gearteten therapeutischen Weg hätte beschreiten können …

    Ich sah mich ein letztes Mal um. Auch Kittel war inzwischen von Ordnungskräften entfernt worden.

    Wallenstein redete und zog mit seiner Betroffenheit selbst die in seinen Bann, die wussten, dass es nichts weiter als hohles Gerede war. Dieser Mann war unschlagbar.

    Handorf war eben nicht Hollywood.

41

    »Scheiße, das ist ja nicht zum Aushalten!«, platzte jemand mitten in Wallensteins Betroffenheitssoße. »Dass du dich nicht in Grund und Boden schämst.«

    Castrop. Irgendwie hatte er es geschafft, von der Jacht zu kommen. Jetzt stand er mitten in der Menge der Zuhörer und sah ungewohnt aus im hellbeigen Hemd. Die Schwitzflecken verrieten ihn jedoch. »So leicht kommst du nicht davon, Götz. Ich habe dir gesagt, wenn ich untergehe, dann glaubst du auch dran. Habe ich dir das gesagt oder nicht?«

    Der Teufel war also doch noch gekommen, um Wallensteins Seele zu holen, und die TV-Kameras wollten sich das nicht entgehen lassen. Zwar unternahmen zwei Ordner den Versuch, den Störenfried an die Luft zu setzen, doch wie sich herausstellte, hatte Castrop den Muskelmann mit dem Goldkettchen mitgebracht. Binnen weniger Augenblicke entwickelte sich eine handfeste Schlägerei, in die auch der Mann mit der Pfeife verwickelt wurde.

    Ich sah dem Treiben eine Weile zu, dann suchte ich nach Kim und Kittel, allerdings vergeblich.

    »Wissen Sie, woran mich das erinnert?«, sprach mich jemand von hinten an. Ich drehte mich um: Zucker. Auch ihn schien das, was er sah, zu amüsieren. »Don Camillo und Peppone. Uralter Schinken, noch in Schwarz-Weiß, schon mal gesehen?«

    »Sind Sie zufrieden?«, erkundigte ich mich.

    »Ich sagte doch, dass ich gespannt auf das Watergate unseres Nachhaltigkeitspapstes sei. Wer konnte schon ahnen, dass es ein Waterloo werden würde?«

    »Wallenstein hat Ihre Schwester gevögelt«, sagte ich. »Sie wollten Rache. Und jetzt hat es gleich zwei aus diesem Herrenklub erwischt.«

    »Die Taufkumpane. « Zucker grinste böse. »Das war eine einzige Lachnummer. Selma arbeitete in Wallensteins erstem Grünen Winkel als Küchenhilfe. Wallenstein grapschte sie an, belästigte sie sexuell und nötigte sie, auch an dem Abend zu arbeiten, als er mit seinen Kumpels die Eröffnung seiner zweiten Filiale feierte. Als er ihr mit besoffenem Kopf zeigte, wie man Paprika schneidet, hackte er ihr zwei Finger ab.«

    »Also gut, das ging auf Wallensteins Konto. Aber was werfen Sie Castrop vor?«

    »Ich werfe ihm nichts vor. Castrop ist ein Idiot, er versteht lediglich was davon, Kohle zu machen. Aber er wollte immer so sein wie Götz Wallenstein.«

    »Castrop hat das etwas anders dargestellt.«

    »Der Kerl ist von Neid zerfressen. Damals, als es meine Schwester erwischte, hat er seinem großen Vorbild jedenfalls die Stange gehalten.«

    »Götz Wallenstein hat Ihnen den Job bei Castrop besorgt. Aber trotzdem wollten Sie sich nicht damit abfinden, dass die Taufkumpane ungeschoren davonkamen. Sie haben lange Jahre auf Ihre Chance gewartet, nicht wahr?«

    Zucker zog eine Schnute. »Bedauerlich, dass man auch dann, wenn nichts anderes geschieht, als dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt, schändliche Motive wie das Bedürfnis nach Rache unterstellen muss.«

    Inzwischen hatte man den echten Safranski entdeckt, den Kittel auf dem Klo eingesperrt hatte. Lautstark bestand er darauf, seinen Beitrag nachzuholen. Währenddessen trafen Handorfer Polizeikräfte ein und mischten sich unter die Gäste des Festaktes, um die Schlägerei in den Griff zu bekommen.

    Zucker wandte sich zum Gehen.

    »Was wird jetzt aus Allwetterfleisch? «, fragte ich. »Werden Sie den Laden übernehmen?«

    Zucker lächelte mild. »Ich habe seit Langem vorgesorgt und mir ein zweites Standbein geschaffen.« Er überreichte mir eine Visitenkarte. Catering und Creative-Barbecue, R. Zucker.

    »Falls Sie mal was zum Feiern haben …«

    »Noch eine Frage, Zucker: Was ist mit dem Dritten im Bunde? Wollen Sie den ebenfalls

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