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Allmachtsdackel

Allmachtsdackel

Titel: Allmachtsdackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Wahrheit, dass ich meine Eltern zuletzt zu Pfingsten gesehen habe. Und nichts anderes habe ich gesagt.«
    »Aber du hast geklingelt. Und das sagst du mir erst jetzt?«
    »Bin ich dir in dieser Sache Rechenschaft schuldig?«
    Ich schluckte. »Richard, in Zweierbeziehungen gibt es keine Rechenschaftsberichte. Man redet einfach miteinander. Ich darf dich daran erinnern, dass wir erst vor drei Stunden über das Sterben deines Vaters gesprochen haben. Und da ging es auch darum, ob er nach vier Uhr wach und womöglich angekleidet gewesen war.«
    Ein Funke finsteren Irrsinns zuckte durch Richards Mimik. »Lisa …«, sagte er tonlos, »begreifst du es denn nicht? Wenn ich irgendetwas geahnt hätte, wenn ich mich nicht wieder ins Auto gesetzt hätte und weggefahren wäre, dann hätte ich meinen Vater vielleicht noch … noch retten können.«
    Ich Idiot! Schuldgefühle! Diese überflüssigste Krake seit Erfindung der Menschheit hielt ihn im Würgegriff!
    »Retten? Wozu denn, Richard? Damit er heute oder morgen oder in einer Woche im Krankenhaus gestorben wäre?«
    »Immerhin hätte ich mich dann von meinem Vater verabschieden können, Lisa. Geht das in deinen gefühllosen Schädel denn nicht rein?«
    Gefühllos! Ich war gekränkt.
    Aber kein Vergleich zu ihm. Richard zog seinen vergrätzten Blick von mir ab, schaute auf die Uhr, löschte seine Zigarette, zog seinen Geldbeutel, klemmte einen Fünf-Euro-Schein unter seine Kaffeetasse und legte eine Zwei-Euro-Münze darauf. »Ich muss los. Ich bin mit meiner Mutter bei Erdinger verabredet.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Sie meinte, sie habe nichts anzuziehen für die Beerdigung.«
    Frauen! Uns war doch jede Chance recht, den Kauf eines Kleidungsstücks zu rechtfertigen, das wir eigentlich nicht brauchten.
    »Und, Lisa …«
    Ich unterbrach ihn. »Cipións Leine muss noch bei euch sein. Darf ich sie nachher holen?«
    Er seufzte.
     

15
     
    Ich goss den Rest aus Richards Kanne Java in meinen etwas krümelreichen Mexico Maragogype. Die Auskunft besorgte mir die Telefonnummer von Dr. Reinhold Zittel. In seiner Praxis ging, wie es sich an einem Samstag gehörte, niemand ran. Aber eine Bandansage verriet mir die Privatnummer für Notfälle. Zittels Frau beschied mir, ihr Mann sei nicht zu Hause. Er habe in die Gerichtsmedizin nach Tübingen müssen. »Wer sind Sie überhaupt?«
    »Schwabenreporterin Lisa Nerz.«
    »Dann rufen Sie an wegen seinem Buch? Seine Handynummer kann ich Ihnen geben. Aber ob Sie ihn da jetzt erreichen.«
    Ich erreichte ihn nicht. Volle Pulle heizte ich nach Frommern zurück. Vor der Haustür zog ich mir, beglotzt von einer Katze, das Knitterhemd aus und das frisch gekaufte T-Shirt an. Cipión begrüßte mich mit überschwänglicher Erleichterung. Ich würgte ihm das Flohhalsband über die Ohren. Er schüttelte sich angewidert. Samanta knurrte.
    Vicky saß am Tisch und las in einer Zeitschrift mit Fotos von Landmaschinen. Ich wusch mir die Hände und guckte in den Topf. Das Fleisch war mit der Paprika zu einer rötlichen Masse verpampt.
    Die Küchenuhr zeigte halb eins. Höchste Zeit, das Wasser für die Spätzle aufzusetzen. Ich füllte einen Riesentopf und hievte ihn auf den Herd. Bis es kochte, konnte ich mich noch ein Weilchen auf meinem Bankplatz gleich neben der Tür ausruhen. Ich fühlte etwas Hartes unter meiner Arschbacke. Es war der Navigator in der Tasche der Jacke, die ich auf die Bank geworfen hatte. Ich schoss ihn Vicky über die Länge des Tischs zu. »So ein Navi enthält ja praktisch das Bewegungsprofil eines Menschen.«
    Vicky schob die Unterlider in seine Augen.
    »Hat Martinus euch wegen des Sonntagsverkaufs angezeigt?«, erkundigte ich mich.
    »Spielt das jetzt noch eine Rolle?«
    »Wenn eure Mutter sich weiterhin stur stellt, könnte man euch pfänden.«
    »Das kriegt Mama schon geregelt.« Er sagte nicht Baba wie seine Schwestern. »Dann räumt sie halt der Frau des Staatsanwalts noch mehr Rabatt ein, und die verklickert ihrem Gatten dann schon, was Sache ist.«
    Da sprach er einen großen Vorwurf gelassen aus.
    »Warum muss es unbedingt der Sonntag sein?«
    »Da verkaufen wir am meisten. Ob du es glaubst oder nicht. Die Leute reisen aus München und Mannheim an, um unser Rindfleisch zu kaufen. Und außerdem ist Mama Anarchistin. Sie lässt sich von niemandem vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen hat. Schon gar nicht von Martinus. Mit dem hat es immer Krach gegeben, seit ich denken kann.«
    »Hat er auf eure Rinder

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