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Allmachtsdackel

Allmachtsdackel

Titel: Allmachtsdackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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dran. Ich habe vier gesunde Kinder. Aber wirklich verstanden haben Jürgen und ich uns nie. Er hatte drei Brüder. Seine Mutter hat jeden Tag, den der Herrgott werden ließ, ein warmes Mittagessen auf den Tisch gestellt. Sonntags Braten. Der Vater bekam das beste Stück, und die Buben haben sich um den Rest gebalgt. Und bis heute macht er Stress, sobald bei uns ein warmes Essen auf dem Tisch steht. Er goscht alle an, der Reihe nach, und wenn allen der Appetit vergangen ist, dann setzt er sich vergnügt nieder und haut rein. Deshalb habe ich aufgehört zu kochen.«
    Hundert Jahre Schweigen brachen sich Bahn. Naturgewalten und Schicksal bauten sich auf.
    »Übrigens war der Witz …«
    »Nein, Lisa! Ich will ihn nicht hören!« Sie zog unbehaglich die Knie an die zwischen den Beinen gefalteten Hände. »Ich bin gewiss keine Klosterschülerin, aber Zoten in der Küche …«
    »Och, Sex nach dem Essen ist immer gut«, feixte ich. »Und danach Erdbeeren mit Sahne.«
    Ein kurzer Blick aus den Augenwinkeln. »Die Erdbeerzeit ist vorbei!«
    »Schade!«
    Sie verzwickte ein Lächeln. »Jürgen tut das nur, um mich zu ärgern. Ich glaube manchmal, Männer unter sich erzählen sich keine Zoten. Sie tun es nur, wenn Frauen dabei sind. Damit sie sich überlegen fühlen können.«
    »O nein! Männer unter sich zoten noch viel wüster!«
    Sie spitzte amüsiert die Lippen. »Woher weißt du das? Erzählt dir Rocky so was?«
    »Ich schlage hin und wieder mal selbst ein Pfauenrad!«
    Barbara ließ den Blick von meinem am Morgen in Balingen gekauften T-Shirt mit den sommerüblichen Glitzerapplikationen und meine graue Anzughose bis zu meinen Golfschuhen hinabgleiten.
    »Warum«, fragte ich, »war es ein Schwulenwitz, den Ihr Mann erzählt hat?«
    »Das musst du meinen Mann fragen.«
    »Kann es sein, dass Sie nicht wissen, dass Victor schwul ist?«
    »Und woher willst du das wissen?«, fragte sie trocken. »Hat er es dir gesagt?«
    Ich lächelte. »Man sieht es am Blick, Barbara.« Ich klappte mein Handy wieder auf. »Und er redet über Frauen mit ungefähr so viel innigem Verständnis wie der Papst. Haben Sie zufällig die Nummer der Taxizentrale von Balingen?«
    »Wieso?«
    »Ich will zum Bahnhof, und ich will nicht laufen.«
    »Weißt du denn, wann ein Zug fährt?«
    »Fahren sie so selten?«
    »Nach Stuttgart jede Stunde.« Sie holte wieder Luft und sagte wieder nicht: Bleib doch.
    »Ach, übrigens, Barbara, Sie brauchen Geld. Ungefähr eine Viertelmillion. Und zwar bald. Sie müssen Ihren Acker auf dem Fürsten schnell und so teuer wie möglich verkaufen. Wie gut, dass Martinus endlich tot ist. Er hätte am Ende bis vors Bundesverfassungsgericht geklagt.«
    »Bitte?«
    »Gegen Sie läuft eine Verfallssache wegen des Sonntagsverkaufs. Sie werden Ihren Hof verlieren, wenn Sie nicht zahlen können.«
    »Hat Rocky das gesagt?«
    »Nein. Seine Lippen sind versiegelt, wie immer. Aber die Stuttgarter Polizei spricht schon darüber.«
    Sie lachte fast erleichtert. »Das hat sich erledigt. Richard war gestern Nachmittag deswegen hier. Ich werde meinen Widerspruch zurückziehen und die 1500 Euro Bußgeld zahlen. Und gut ist.«
    Richard, Richard! Wie willst du dir jemals wieder ins Gesicht schauen? Und mir! »Und wenn die Presse das rauskriegt?«
    »Unser Sonntagsverkauf ist keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit.«
    »Solche Feinheiten sind der Presse scheißegal.«
    »Ach ja, auch du bist Journalistin.«
    »Allerdings habe ich es nicht mehr nötig, Skandale auszugraben und mir den Sturz von Staatsanwälten ans Revers zu heften.«
    »Was für ein Skandal denn?«
    »Hechinger Staatsanwalt verschleppt Bußgeldverfahren gegen die Landwirtin, bei der seine Frau auf Rabatt einkauft. Vorteilsnahme im Amt heißt das. Darauf stehen für den Staatsanwalt drei Jahre.«
    Barbara fuhr sich mit beiden Händen durch das silberdrahtige Haar. Endlich hatte sie es kapiert.
    »Und da wüsste ich gleich noch ein Motiv für Sie, um dem alten Martinus den Tod gewünscht zu haben. Vielleicht hatte er den Brief an den Zollern-Alb Kurier schon geschrieben und wollte ihn gestern Abend bei der Buchpräsentation dem Chefredakteur persönlich übergeben. Alles über den Sonntagsverkauf im Zeitental, die Untätigkeit der Behörden und die Rabatte für Frau Kromppein. Und dann sind Sie dran, Barbara.«
    Sie lachte. »Was hast du nur für eine kranke Fantasie, Lisa! Ich soll Martinus umgebracht haben, weil er der Zeitung schreibt und Kromppein in die Pfanne

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