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Allmachtsdackel

Allmachtsdackel

Titel: Allmachtsdackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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aufbekommen.«
    Vom Fürsten her raste ein unheimliches Rauschen auf uns zu. Plötzlich war der Regen da. Tropfen hüpften auf den eben noch trockenen Platten. Blätter und Gräser nickten unterm Bombardement von oben.
    Barbara huschte ins Häuschen, Cipión witschte hinterher, ich folgte, und Richard zog die Tür zu. Da prasselten auch schon die ersten Hagelkörner aufs Dach.
    Die beiden winzigen Fenster und der Weltuntergang gönnten uns nicht viel Licht. Aber es reichte, um ein Bett mit eisernem Gestell zu erkennen. Darauf eine alte gestreifte Matratze und zwei graue Wolldecken, die an Bundeswehr und Polizeigewahrsam erinnerten. Davor ein zerschlissener Webteppich. Ein alter Stuhl komplettierte die trostlose Gemütlichkeit. Auf der anderen, der fensterlosen Hangseite, stand ein Werkzeugregal mit allem darin, was man in einem Gartenhäuschen am Fuß eines Abhangs erwarten durfte: Heckenschere, Gartenschere, Hacke, Kleinwerkzeug, Kanister und Flaschen mit Öl und Benzin für Rasenmäher oder Kettensäge, Gartenhandschuhe, Blumendraht, Stricke, Nägel, Hammer, Klebeband, Lappen, Säcke mit Zement und Blumenerde.
    »Sogar ein Campingklo gibt es«, bemerkte Barbara, eine blaue Mülltüte wegziehend. »Das ist ja ein ganz reizendes Liebesnest. Allerdings etwas zu versifft für meinen Geschmack. Aber für so was bin ich wohl zu alt.« Sie lachte und strich mir mit ihrem Blick über den Hintern. Die Flammen, die ich mühsam in mir ausgetreten hatte, loderten wieder auf.
    Ich wischte bei den Säcken mit Zement und Blumenerde über den Betonboden. Eine Ameise floh meinen Arm herauf. Und etwas blitzte am eisernen Bettgestell zwischen Matratze und Wand in meine Augen. Ich ging hin. Es waren Handschellen. Die eine Seite hing im Gestell, die andere war offen.
    »Na«, sagte Barbara, »das würde man jetzt schon gern wissen, wer die sind, die hier ihre Spielchen spielen.«
    »Es waren Vicky und Jannik.«
    »Was du nicht sagst. Und woran siehst du das?«
    Richard war wieder mal keine große Hilfe. Er hatte sich abgewandt und starrte aus dem Fenster in den Schleier von Regen und Hagel. Auch Cipión stand ziemlich bedröppelt herum, mit hängenden Ohren und hängendem Schwanz, den Tod in der Nase.
    »Die Kriminaltechnik wird das mühelos nachweisen können«, sagte ich. »Jannik ist hier gestorben. Wir sollten nichts weiter anfassen und verschwinden.«
    In Sturzbächen prasselte der Regen aufs Dach und spülte die Hagelkörner in die Dachrinne, das Fallrohr gurgelte.
    Barbara zog die Brauen hoch. »Was soll das heißen, Jannik ist hier gestorben? Ich dachte, es waren unsere Rinder.«
    »Er war schon tot, als die Herde über ihn hinwegging. Das hat der Gerichtsmediziner festgestellt. Er ist in einem geschlossenen Raum gestorben, in dem es Ameisen gibt. Es war kein Unfall, Barbara. Oder eine andere Art von Unfall. Etwas ist außer Kontrolle geraten.«
    Müdigkeit knitterte plötzlich in ihrem Gesicht. »Victor ist nicht so einer.«
    »Das weiß man nie.«
    »Was hast du nur für eine kaputte Fantasie, Lisa! Jacky hat mir erzählt, dass du sie und Maxi verdächtigt hast, sie hätten dich umbringen wollen. Was für eine ungeheure Angst vor den Menschen muss in dir stecken!«
    Ihre Augen fluppten kurz zu Richards Rücken hinüber.
    »Und wie viel Hass! Hass auf deine Mutter, auf dich selbst, auf das weibliche Geschlecht, auf deine beste Freundin, weil sie hübscher ist, auf mich, weil ich Kinder habe. Es ist kein größerer Hass auf der Welt als der von Frauen auf Frauen. Du hast nicht den blassesten Schimmer von Liebe, Lisa! Du kannst uns nur für einen kurzen Moment missbrauchen, in dem du dich wie ein Bursche fühlst. Und für dich falsches Ripp hätte ich fast meinen Jürgen aus dem Haus gejagt und den Respekt meiner Kinder riskiert.«
    Richard drehte sich um. »Es reicht, Barbara!«
    »Was?«
    »Es wäre mir lieb, wenn du deine Geschichten mit Lisa woanders klären würdest.«
    »Ach so? Und ich dachte schon, du wolltest sie in Schutz nehmen. Dabei hat sie dich betrogen! Und das geht dich ja wohl auch was an.«
    »Was mich was angeht, bestimme ich selbst.«
    Sie lachte auf. »So spricht der Weber!«
    »Tut mir leid«, antwortete er kühl.
    »Mir auch!«, erwiderte Barbara. »Geh zum Teufel!«
    »Aber eines«, sagte Richard auf seine gefährlich ruhige Art, »eines hätte ich vorher gerne gewusst, Barbara.«
    Sie nickte mit dem mir so vertrauten Ausdruck skeptischer Neugierde im Gesicht, mit vorgeschobenen Lippen und einem

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