Allmen und der rosa Diamant
Betreff »Troubles!!!«, in der La Route Sokolow anwies, eine Sicherheitskopie zu machen und alle Spuren ihres Kontaktes zu löschen.
»Er muss geahnt haben, dass er aufgeflogen ist«, vermutete Allmen.
Carlos hatte recherchiert: »Zwei Tage später wurde er auf dem Flughafen in Boston verhaftet.«
Allmen lehnte sich zurück und dachte nach. »Es existiert also eine Sicherheitskopie.«
Carlos machte eine vage Handbewegung.
»Weshalb zweifeln Sie daran?«
»Ich zweifle an seiner Zuverlässigkeit. Die Mails mit Señor La Route, Don John. Er hat sie ja auch nicht gelöscht.«
»Stimmt. Sokolow war eine Schlampe. Sie hätten sein Zimmer sehen sollen.«
Beide versanken in Schweigen.
Und unversehens ging die Sache auf. »Die Engländer«, sagte Allmen, »die Engländer arbeiteten für Hedge&Win.«
»Denn el Señor La Route, dem sie schon viel Geld bezahlt hatten, wurde verhaftet, bevor er Hedge&Win die Software übergeben konnte«, ergänzte Carlos.
»Sie waren Sokolow auf die Spur gekommen und wussten, dass der eine Kopie der Software besaß, die er über seine Verbindungen im it-Business an Dritte verkaufen wollte.«
»Das heißt, Don John, Montgomery arbeitete für Hedge&Win. Er hat die beiden auf Sie angesetzt.«
»Aber es bleibt die Frage, weshalb er Allmen International Inquiries eingesetzt hat. Weshalb hat er seine Leute nicht direkt auf Sokolow angesetzt?«
»Für Schweizer ist es einfacher, in der Schweiz Nachforschungen zu betreiben, Don John.«
Das leuchtete ein. Aber eine letzte Frage beschäftigte Allmen. »Aber weshalb ausgerechnet Allmen International?«
Carlos lächelte. »Die Website, Don John, die Website.«
Der Bildschirm wurde dunkel.
»Was ist jetzt?«, rief Allmen aus.
»Die Batterie. Leer. Aber da war nur noch eine Nachricht. Sehr kurz.«
»Wie lautete sie?«
»Grotto.«
»Was soll das bedeuten?«
» Cueva, Höhle.«
»Was es heißt, weiß ich schon. Aber was bedeutet es?«
14
Halb fünf war früh für die Golden Bar. Drei, vier Tische waren besetzt. Zwei Herren bei einer diskreten Geschäftsbesprechung, zwei Damen bei einem frühen Aperitif, ein jüngerer Mann, der im Ohr einen drahtlosen Kopfhörer trug und ein Selbstgespräch zu führen schien. Und Allmen mit Roland Kerbel.
Kerbel war ein alter Bekannter aus der Zeit von Allmens legendären Partys in der Villa Schwarzacker. Sie hatten sich nie aus den Augen verloren, obwohl Kerbel Banker war und Allmens finanzielle Lage kannte. Er akzeptierte, dass dieser die Fassade aufrechterhalten wollte, und spielte mit.
Allmen hatte ihn um diesen frühen Apero gebeten, weil er »ein paar Fragen zur Börse« habe.
»Seit wann interessierst du dich für die Börse?«, hatte sich Kerbel gewundert.
»Ich habe dort seit kurzem ein paar Assets«, antwortete Allmen obenhin, »und will vor meinem Asset Manager nicht ganz so ahnungslos dastehen.«
Der Banker, der sich gerne reden hörte, hatte Allmen einen erschöpfenden Überblick über den Aktienhandel gegeben und leerte jetzt sein Glas. Beide tranken Campari Soda, das Getränk für vorgezogene Aperos.
»Noch eine letzte Frage. Was bedeutet Hochfrequenzhandel?«
»Nichts für dich. Das ist für ein paar Banken und Hedgefonds.«
»Und wie funktioniert es?«
Kerbel machte dem Barmann ein Zeichen, noch zwei Drinks zu bringen, und holte Luft.
»Nasdaq gewährt den Händlern, die Hochfrequenzhandel betreiben, einen kurzen Einblick in Kaufaufträge mit Preislimiten, bevor alle anderen Marktteilnehmer davon erfahren. Nehmen wir an, Allmen International wäre an der Börse, die Aktie kostete zehn Dollar, und ein Käufer gäbe den Auftrag, hunderttausend davon zu kaufen für höchstens zehn Dollar zehn Cent.«
Allmen lächelte über die Wahl des Beispiels.
»Der Computer kauft hunderttausend Allmen-International-Aktien zum Marktpreis von zehn Dollar und treibt den Käufer bis knapp an sein Limit von zehn Dollar zehn. Zu diesem überhöhten Preis verkauft er ihm das Paket und steckt hunderttausendmal zehn Cent Gewinn ein, zehntausend Dollar. In absolutely no time. «
»Wie viel Zeit?«
»Wirklich no time.«
Der Barmann brachte die frischen Campari und räumte die leeren Gläser ab.
Kerbel nahm einen Schluck. »Etwa dreißig Millisekunden.«
»Der ganze Vorgang, den du eben beschrieben hast? Das dauert dreißig Tausendstelsekunden?«
»Und das ist den Banken und Hedgefonds immer noch zu lang. Sie arbeiten fieberhaft daran, diese Zeit zu halbieren, zu dritteln. Sie
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