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Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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ab. Er legte einen scharfkantigen, abgewetzten Executive Case vor sich auf das Clubtischchen, ließ die beiden Schlösser aufschnappen und entnahm ihm ein dünnes Mäppchen. Dann sah er Allmen in die Augen.
    Die von Montgomery waren von einem durchsichtigen Blau. In dem Weiß um die Iris befanden sich ein paar schwarze Pigmentflecken, was es Allmen schwermachte, dem Blick standzuhalten.
    »Wie viel Zeit haben wir?«, war Montgomerys erste Frage.
    »So viel, wie Sie brauchen.«
    »Also wenig.«
    Allmen passte sich dem geschäftsmäßigen Ton an. »Ist auch in meinem Sinn.«
    Montgomery kam zur Sache: »Ich brauche wohl nicht zu wiederholen, dass alles, was ich Ihnen hier mitteile, streng vertraulich ist.«
    »Branchenüblich«, erwiderte Allmen.
    Montgomery lehnte sich im Sessel zurück. »Ein rosa Diamant. Sagt Ihnen das etwas?«
    Allmen, der Allesleser, hatte kürzlich in der Tagespresse die Versteigerung eines rosa Diamanten bei der Schweizer Niederlassung von Murphy’s verfolgt. Der Stein hatte einen Rekordpreis erzielt.
    »Ja. Einer ging für über fünfundvierzig Millionen Franken an einen anonymen Käufer.«
    »Dreißig Millionen Pfund.« Montgomery machte eine bedeutungsvolle Pause, bevor er sagte: »Der Mann ist mein Auftraggeber.«
    »I see. Der Diamant ist verschwunden.« Es klang nach einer Feststellung. Als wäre die Information nichts Neues für Allmen.
    Kein Kommentar von Montgomery. Seine gescheckten Augen hielten den Blickkontakt.
    Allmen nahm einen der bereitliegenden Briefbögen von Allmen International Inquiries und schrieb Ort, Datum und »Meeting Montgomery« unter den Briefkopf. Dann sah er Montgomery erwartungsvoll an.
    Dieser beugte sich vor und stützte sich auf die Oberschenkel. »Über die genauen Umstände darf ich Ihnen nichts sagen. Nur so viel: Mein Auftraggeber gab einen privaten Empfang in einer seiner Villen an einem Ort, der nichts zur Sache tut. Seine Frau trug den Diamanten. Am nächsten Tag war er nicht mehr da.«
    Allmen wartete, bereit zum Schreiben.
    »Nicht viel, ich weiß«, sagte Montgomery.
    »Und wie sollen wir«, Allmen sprach in der Pluralform, wenn er von seinem multinationalen Unternehmen redete, »wie sollen wir das Objekt finden ohne einen einzigen Hinweis?«
    »Die Ermittlungen im Umfeld meines Auftraggebers wurden durch uns selbst vorgenommen.
    Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo wir es für richtig halten, Dritte einzubeziehen.«
    Allmen wartete immer noch auf etwas, das es wert war, notiert zu werden.
    »Wir kennen den Verbindungsmann zu denen, die es getan haben.«
    »Und weshalb lassen Sie ihn nicht festnehmen?«
    Montgomery fasste in sein Jackett und brachte ein Päckchen Zigaretten zum Vorschein. »Stört es Sie, wenn ich hier rauche?«
    Allmen, der sich gerne als nicht-praktizierender Raucher bezeichnete, hasste es, wenn man in seinen Räumen rauchte. Aber er hatte diese Frage noch nie mit »ja« beantwortet. Er erwartete von den Rauchern unter seinen Gästen einfach genug Feingefühl, sie ihm nicht zu stellen. In diesem Fall brachte ihn die Frage in Verlegenheit. Tommy Grant hatte ihn eigens darum gebeten, im Büro nicht zu rauchen. Aus Rücksicht auf das Asthma seines Vaters.
    Während er noch mit der Antwort zögerte, steckte Montgomery die Zigaretten kommentarlos wieder ein. »Aus zwei Gründen lassen wir ihn nicht festnehmen. Erstens: Mein Auftraggeber will auf keinen Fall die Behörden einschalten für die Suche nach etwas, was er offiziell gar nie besessen hat. Zweitens: Der Mann ist untergetaucht.«
    Allmen nickte. Die Erklärung schien ihm plausibel. »Und wenn wir ihn gefunden haben? Was tun wir, wenn Sie die Behörden ausschließen wollen?«
    »Wenn Sie ihn gefunden haben, beschatten Sie ihn und informieren Sie uns. Dann besprechen wir das weitere Vorgehen.«
    Montgomery reichte ihm das Mäppchen, das er die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte. Es enthielt ein Blatt, das auf den ersten Blick aussah wie ein Curriculum. Es trug die Überschrift »Artjom Sokolow«. Eine Büroklammer hielt am oberen rechten Bildrand ein Foto. Es zeigte einen schmalen Mann mit schütterem, nach hinten gekämmtem Haar und tiefliegenden Augen.
    Die Angaben zur Person waren karg: Geboren 1974 in Jekaterinburg, ca. 190 cm groß, ca. 85 kg schwer, mittelblond. Studium zum Elektroingenieur, Abschluss als Informatiker, arbeitet als freiberuflicher IT-Spezialist. Letzter bekannter Aufenthaltsort: Schweiz. Dazu gab es eine Adresse: Gelbburgstraße 14, Ap. 12,

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