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Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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schlug die Tür zu.
    An verschiedenen Stellen der Wand waren Verzierungen angebracht. Ornamente aus Muscheln, die nach der Ferienausbeute eines Kindes aussahen. Manchmal schlangen sie sich zu unbeholfenen Girlanden und Herzen, manchmal formten sie Rahmen um Sinnsprüche oder Bilder. Ein paar davon waren noch erhalten. Sie waren direkt auf den Putz gepinselt und zeigten Trauben, Orangen, Fische, Meeresfrüchte, Chiantiflaschen. Die meisten aber waren von Licht und Feuchtigkeit fast unkenntlich gemachte Fotografien. Die Schatten von Porträts, Gruppenbildern und Schnappschüssen waren zu erkennen.
    Sie begannen, systematisch zu suchen. Am Aufwendigsten war der Gasgrill. Sie mussten ihn ganz auseinanderbauen. Er war voller Hohlstellen, Einbuchtungen und versteckter Öffnungen. Noch dazu ließ das Unwetter die Nacht frühzeitig hereinbrechen, so dass sie im schwindenden Licht arbeiten mussten.
    Aber auch der Kühlschrank war voller Verstecke. Vor allem seine Rückwand. Sie zogen ihn mit vereinten Kräften aus seiner Nische und untersuchten den Wirrwarr aus Stäben, Gittern, Radiatoren und Kabeln. - Nichts.
    Plötzlich brach das Unwetter los. Es blitzte und donnerte fast gleichzeitig, als hätte es ins Grotto eingeschlagen. Der Regen peitschte wie aus Wasserwerfern.
    Sie suchten unbeirrt weiter. Es gab zwar Lampen und Lichtschalter im Grotto, aber keinen Strom. Immer öfter musste der Tastsinn die Augen unterstützen. Viele der Muscheln in den Verzierungen waren mit der Öffnung nach oben angebracht. Einige davon boten Platz für einen usb-Stick. Aber in keiner war er zu finden.
    Sie hatten schon beinahe aufgegeben, als Allmen fragte: »Carlos! Wo würden Sie hier so einen kleinen Stick verstecken?«
    Carlos dachte nach. Er sah sich in der Höhle um, sah auf die Verzierungen, den Kühlschrank, den Grill, sah auf den Rauchabzug. »Ich, Don John, würde etwas Kleines verstecken wie etwas Großes. Sonst ist es zu leicht.«
    Damit verließ er das Grotto.
    Allmen folgte ihm. Der Regen hatte nachgelassen, aber er reichte immer noch aus, um beide Männer binnen Sekunden zu durchnässen.
    Carlos ging um den künstlichen Felsen herum, in dem das Grotto sich befand, blickte hinauf und bestieg ihn behende, als wäre er eine Treppe. Zuoberst ragte der Kamin des Grills heraus. Carlos tastete ihn ab, stieß auf das, was er suchte, zog daran und förderte einen Sack der städtischen Müllabfuhr zutage.
     
    17
     
    Es war niemand unterwegs in den schmalen Straßen des Villenviertels. Der Sturm hatte nachgelassen, aber der Regen fiel noch immer in Strömen.
    Allmen und Carlos gingen stumm nebeneinander her, die Köpfe gesenkt, die Fäuste tief in den Hosentaschen.
    In der Nähe der Villa Schwarzacker sahen sie schon von weitem die Standlichter einiger Autos und einen Kranwagen. Der Sturm hatte schwere Äste alter Bäume heruntergeholt und drei Autos die Weiter- oder Rückfahrt versperrt. Arbeiter der Stadt in orangefarbenen Regenjacken waren dabei, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
    Allmen machte sich Sorgen um sein Glashaus unter den uralten Bäumen. Sie beschleunigten ihre Schritte.
    Aber sie hatten Glück. Der Sturm hatte zwar ein paar Äste heruntergeholt, aber das Gärtnerhaus schien nichts abbekommen zu haben.
    Dafür erwartete sie eine andere Überraschung.
    Carlos schloss die Tür auf und ließ Allmen den Vortritt. Dieser trat ein und machte Licht.
    »Small World.« Es war die Stimme von Bob, dem Mann von Brookfield Klein. Er saß auf der zweituntersten Stufe der Mansardentreppe und blinzelte in die plötzliche Helligkeit. Die Unterarme hatte er auf die Oberschenkel gestützt, in der Rechten hielt er locker eine Pistole.
    »Nass geworden? Ich habe es zum Glück noch vor dem Regen geschafft.«
    Sein Partner kam die Treppe herunter. Er nickte den beiden stumm zu und stellte sich hinter Allmen und Carlos.
    »Wir werden Sie nicht lange aufhalten«, sagte Bob, »Sie müssen schleunigst etwas Trockenes anziehen.«
    Allmen hatte sich gefasst. »Was wollen Sie?«
    »Sichergehen, dass Sie keine Kopie haben.«
    »Haben wir nicht.«
    »Davon sind wir eigentlich auch ausgegangen. Aber als Sie dann heute Abend in Sokolows Haus gingen, dachten wir, es könnte sich daran etwas geändert haben. Hat es das?«
    »Sie schnüffeln uns immer noch hinterher?«
    Bob sah seinen Mitarbeiter an und sagte: »Go ahead, Joey.«
    Joey zog eine Pistole unter dem Jackett hervor, entsicherte sie, trat vor Allmen hin und hielt ihn mit der Waffe in Schach.

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