Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
Vom Netzwerk:
stationieren immer schnellere, immer teurere Rechner immer näher an die Börsencomputer, um durch das Netzwerk möglichst wenig Zeit zu verlieren. Kein Aufwand ist ihnen zu hoch in diesem Milliardengeschäft.«
    Das viele nachgedunkelte Gold der Innenausstattung reflektierte die gedimmten Spots und tauchte die Bar in das ewige Mitternachtslicht, das den Gästen über vierzig so schmeichelte.
    »Milliarden«, wiederholte Kerbel. »Aber so lukrativ der automatisierte Börsenhandel ist - er ist auch brandgefährlich. So ein Programm kann sich verselbständigen und einen Börsencrash auslösen. Bis heute weiß man nicht genau, was den letzten Flash Crash ausgelöst hat. Manche Leute vermuten, eine hft-Software. Wehe, so ein Ding gerät in falsche Hände.«
    Kerbel ließ seine Warnung ein wenig nachwirken.
    »Hast du von dem gelesen, den sie in den Staaten verhaftet haben mit einer hft-Software im Gepäck?«
    »Erzähl.« Allmen nahm einen Schluck.
    »Ein ehemaliger Mitarbeiter von Brookfield Klein. Die Bank ist eine der bedeutendsten Hochfrequenzspezialistinnen. Und die Software ist eine Neuentwicklung, an der der Verhaftete mitgearbeitet hatte. Das kann nur heißen: Sie ist schneller als die der Konkurrenz. Das weckt schon Begehrlichkeiten.«
    »Aber wer kann etwas anfangen mit so einem Programm?«
    »Die Konkurrenz. Die ist sehr übersichtlich. Von den etwa zwanzigtausend Firmen, die an der Nasdaq mitmischen, betreiben nur etwa zweihundert Hochfrequenzhandel. Aber sie wickeln über siebzig Prozent des Börsenhandels ab. Das schränkt den Kreis der Verdächtigen ein. In diesem Fall tippt man auf Hedge&Win. Ein wichtiger Mitspieler. Und ein besonders unzimperlicher dazu.«
    Die ersten After-Work-Gäste betraten die Bar. Drei junge Männer und eine junge Frau im Business Look. Sie sprachen laut über einen Vorgesetzten und dämpften die Stimmen ein wenig, als sie merkten, wie still es in der Bar war.
    »Die Versuchung für einen auf Hochfrequenzhandel-Software spezialisierten Programmierer ist groß«, fuhr Kerbel fort, »die bieten dem fünfzig Millionen, und er kippt um.«
     
    An diesem Abend erwartete er Carlos ungeduldig. Immer wieder hatte Allmen nach ihm Ausschau gehalten, ihn von weitem gesehen, wie er Beete hackte, Rasen rechte, Töpfe wässerte. Er hatte gehofft, er könne ihn abfangen, wenn er seine Schubkarre voller Gartenabfälle zum Kompost brachte.
    Als Carlos endlich ins Gärtnerhaus zurückkam, passte ihn Allmen in der Diele ab und führte ihn so, wie er war, in Overall und Stiefeln, in die Bibliothek. Dort erzählte er ihm von seinem Gespräch mit Kerbel, vom Phänomen Hochfrequenzhandel und vom sagenhaften Wert der Software.
    »Mehr als der richtige Diamant, fíjese, Carlos!«
    Das Glashaus befand sich ganz im Schatten der alten Parkbäume, nur weit vorne, dort, wo die Hecke begann, die das Anwesen von der Straße abgrenzte, lag ein Viereck Sonnenlicht auf dem Rasen. Auf dem Wipfel einer Zeder sang eine Amsel schon ihr Abendlied.
    »Und das Beste, Carlos …«
    »Si, Don John?«
    »Ich glaube, ich weiß, wo wir suchen müssen.«
     
    15
     
    In der ersten Etage eines Altstadthauses mit Sicht auf den Fluss und die Seemündung hatte Immolux seine Büros.
    Allmen hatte die Visitenkarte von Esteban Schuler, Assistant Vice President, noch am Vorabend gesucht und schließlich im Brusttäschchen des Anzugs gefunden, den er an jenem Tag getragen hatte. Er war noch vor Carlos’ Arbeitsbeginn aufgestanden und hatte ihn gebeten, mit Schuler einen frühen Termin zu machen. Das Früheste war fünfzehn Uhr dreißig gewesen, die Terminpläne von assistierenden Vizepräsidenten sind nun mal voll.
    Auch warten ließ ihn Schuler ein wenig. Seine Assistentin hatte Allmen einen Kaffee angeboten, den er abgelehnt hatte. Auch die Zeitung wollte er nicht. Allmen hielt nichts davon, denen, die ihn warten ließen, das Gewissen zu erleichtern, indem er las und Kaffee trank. Wer Allmen warten ließ, sollte sehen, dass er wartete.
    Nach kaum vier Minuten Wartezeit platzte Schuler herein wie ein Chefarzt auf Visite.
    »Verzeihen Sie, dass es noch einen Moment gedauert hat.«
    Allmen überging die Aufforderung zu verzeihen und kam ohne Umschweife auf sein Anliegen zu sprechen. »Herr Schuler, wie schon telefonisch erwähnt: Die Villa in der Spätbergstraße will mir nicht mehr aus dem Kopf.«
    »Das verstehe ich gut, es ist eines unserer Topobjekte. Aber wie gesagt, wir haben keinen Kontakt zum Mieter, der Vertrag läuft bis zum

Weitere Kostenlose Bücher