Allmen und die Dahlien (German Edition)
schweren orientalischen Diwan.
Auch hier Fotos an den Wänden, dazwischen ein paar kleine Ölbilder, Zeichnungen und Aquarelle. Über dem Bett hing ein goldgerahmtes Foto einer weißen Vase mit Blumen vor dunklem Hintergrund.
Pita ging ins Bad und machte Licht. María folgte ihr.
Rasierzeug, Kamm, Bürste, Zahnbürste, Zahnpasta, alles war da, als könnte der Gast jederzeit vom Frühstück zurückkommen. Der Korpus neben dem Waschbecken war belegt mit Tablettenschachteln, Salben und Tinkturen. An einem Haken an der Tür hing anstelle des weißen Hotelbademantels ein privater, weinrotblaugestreifter. Es roch nach einer scharfen altmodischen Seife mit einer starken Kampfernote.
Alles war sauber und aufgeräumt.
Pita löschte das Licht im Bad und das im Schlafzimmer. »Sólo controlando«, erklärte sie, nur zur Kontrolle.
Vor dem Verlassen des Wohnzimmers drehte sich Pita noch einmal um. »Da miedo, ¿no?«, sagte sie, bevor sie auch hier das Licht löschte und die Tür schloss.
Pita ging voraus mit dem Putzwagen, María folgte ihr mit dem Staubsauger.
Die Tür der Suite dreihundertzwölf wurde geöffnet. Heraus kam ein Herr in einem gutsitzenden mausgrauen Flanellanzug. »Guten Morgen«, wünschte Pita. »Guten Morgen«, sagte auch María Moreno.
Das »Señor John« ließ sie weg.
15
María sah gut aus mit ihrem zur Banane hochgesteckten, teerschwarzen Haar und der schwarzsatinierten Uniform. Sie spazierte mit dem Staubsauger im Schlepptau durch den Korridor, als hätte sie schon immer hier gearbeitet. Sie hatte Allmen gegrüßt wie einen Fremden, und er hatte den Gruß ebenso erwidert.
Am Tag zuvor hatte Cheryl Talfeld etwas lustlos eingewilligt, dafür zu sorgen, dass eine Mitarbeiterin von Allmen International Inquiries als Undercoveragentin zum Hotelpersonal stoßen konnte.
»Madame Gutbauer und ich sind von sehr diskreten Nachforschungen ausgegangen«, hatte sie eingewandt. »Wir wollten den Kreis der Eingeweihten möglichst klein halten.«
Allmen betrat die Empfangshalle und steuerte auf den Tresen des Concierge zu. Herr Klettmann telefonierte, aber als er Allmen kommen sah, legte er auf.
»Guten Tag, Herr von Allmen. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich bitte Sie ungern um diesen Gefallen, ich weiß, er widerspricht Ihrem Diskretionsgebot. Aber könnten Sie mir vielleicht die Telefonnummer von Herrn Freys Großneffen geben? Ich habe ein paar Fragen im Zusammenhang mit meinen Abklärungen.«
Herr Klettmann legte seinen Kopf noch etwas weiter in den Nacken, damit er Allmen besser ins Auge fassen konnte. »Ich wäre Ihnen gerne behilflich«, versicherte er, »aber wir können ihn selbst nicht erreichen. Wir möchten nämlich gerne von ihm wissen, was wir mit den Dingen in der Suite von Herrn Frey tun sollen.«
»Er nimmt nicht ab?«
»Wir haben keine Telefonnummer.«
Allmen stutzte. »Wie haben Sie ihn denn an jenem Abend erreicht, um ihn zu benachrichtigen?«
»Das waren nicht wir.«
»Wer dann?«
Herr Klettmann zuckte mit den Schultern, und Allmen notierte sich, das Research Department von Allmen International Inquiries mit Nachforschungen zu beauftragen. Dann begab er sich zum Frühstück und ließ sich an den Tisch geleiten, der bereits sein angestammter war.
Die asiatische Mutter und ihre Tochter – Taiwanerinnen, nach Auskunft von Herrn Klettmann – saßen ebenfalls an dem Tisch vom vorletzten Abend. Und auch die alten Schwestern befanden sich an ihrem Stammplatz. Er nickte ihnen zu. Die Dünne nickte indigniert zurück, die Mollige lächelte. Das brachte ihr einen offensichtlich gehässigen Kommentar ihrer Schwester ein und ihm ein trotziges zweites Lächeln.
Frau Gondrand-Strub war ihr Name, ihre Schwester war Fräulein Strub. Auf dem »Fräulein« bestand sie, hatte Klettmann ihm erklärt und ihm ein wenig Hintergrund zu den beiden geliefert: Allmen hatte richtig geraten, die beiden waren Dauergäste. Seit beinahe neun Jahren, also länger als Herr Frey. Sie bewohnten drei Zimmer mit Verbindungstüren in der ersten Etage. Das mittlere diente als gemeinsamer Salon, die beiden anderen als Schlafzimmer.
Finanziert wurde das alles von Frau Gondrand-Strub, hatte der Concierge ihm anvertraut. Sie war die Witwe von Max Gondrand, einem Metallbauer, der mit der Herstellung von Fertiggaragen ein Vermögen gemacht hatte.
Allmen war kein Freund von Frühstücksbüfetts. Er bestellte lieber. Heute ein Kräuteromelett, es war Samstag. Dazu eine Portion Milchkaffee und ein Croissant mit Butter
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