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Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Titel: Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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der Klimawandel für die Wohnung meiner unternehmerischen Tante katastrophale Folgen haben könnte. Vorausgesagt ist, dass der Pegel des Mittelmeers bis Ende des 21. Jahrhunderts um 30 Zentimeter steigt. Damit würden nicht nur große Teile Alexandrias, sondern auch des fruchtbaren Nildeltas überflutet, fürchtet der Küstenforscher Omran Frihi. Darüber hinaus könnten weitere Gebiete durch das Eindringen von Salzwasser in das Grundwasser betroffen sein.
    Die Weltbank schätzt, dass jeder zehnte Ägypter umgesiedelt werden muss. Von den heute fast vier Millionen Einwohnern der Hafenmetropole Alexandria werden 1,5 Millionen Menschen wegziehen müssen, prophezeit ein Bericht des ägyptischen Umweltministeriums. Im bedrohten Delta lebt mehr als ein Drittel der Bevölkerung des Landes. Dort wird fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Produkte angebaut.
    Ägypten ist ein Geschenk des Nils, so beschrieb schon der antike Historiograph Herodot vor 2500 Jahren die besondere Lage des Landes. Der Nil war und ist lebensnotwendig für Ägypten und entschied über fruchtbare Jahre oder Hungersnöte. Der gewaltige Strom aus den Tiefen Afrikas bestimmte schon seit Anbeginn das Leben der alten Ägypter, sie studierten und analysierten ihn mit großer Sorgfalt. Heute sind die Forscher sich uneins, wie sich der Klimawandel auf den Fluss aller Flüsse auswirken wird, der über 95 Prozent des in Ägypten konsumierten Wassers zur Verfügung stellt. Sicher ist, dass höhere Temperaturen den Wasserkonsum und die Verdunstung des Wassers steigern werden. Schon heute lösen sich rund zehn Prozent des hinter dem Assuan-Damm aufgestauten kostbaren Nilwassers durch Verdunstung in Luft auf. Die Forscher tun sich allerdings noch schwer einzuschätzen, wie der Klimawandel die Niederschläge in den afrikanischen Regengebieten im oberen Flusslauf des Nils beeinflussen wird.
    In jedem Fall ist der Klimawandel ungerecht. Ägypten wird wegen der prognostizierten Wasserknappheit, der Verwüstung und der Küstenüberflutung als Hochrisikoland bei einer Erderwärmung aufgelistet. Obwohl es den Klimawandel kaum verursacht hat. Das Land hat ohne Zögern das Kioto-Protokoll unterzeichnet und ist für weniger als ein halbes Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich.
    Allerdings verstellen die globalen Rauchschwaden den Blick auf die lokalen Dreckschleudern. Besonders in der Megametropole Kairo bleibt einem nicht nur beim Sandsturm buchstäblich die Luft weg. Kairo, das ist ein Leben jenseits der Schadstoffgrenzwerte, gewürzt mit Lebensmittelskandalen und Wasserhähnen, die nur noch furzen.
    Schwarze Wolken über Kairo
    (Kairo, den 25. Oktober 2007)
    Jeden Herbst ist es wieder so weit. Draußen taucht die afrikanische Sonne meine Kairoer Straße in ihr verlockendes Morgenlicht. Ich öffne die Fenster, um einmal richtig durchzulüften, atme tief durch – und fange an zu husten. Verglichen mit dem, was da von draußen hereingeweht kommt, hat die stickige Luft im Inneren der Wohnung geradezu deutschen Waldluftcharakter, „Die schwarze Wolke“ haben die Bewohner Kairos dieses mysteriöse Phänomen getauft, das ihre 18-Millionen-Stadt täglich ab Mitte Oktober für einen Monat heimsucht. Zwar sind keine Rauchschwaden auszumachen, aber es riecht, als läge die ägyptische Hauptstadt in der Windrichtung eines gigantischen Lagerfeuers.
    Wissenschaftlich gesprochen, haben Stickstoff- und Kohlenmonoxid zusammen mit dem Feinstaub wieder einmal Rekordhöhen erreicht, die weit über den Grenzwerten der Weltgesundheitsorganisation liegen. Nach deren Schätzungen wird beim Einatmen der Kairoer Luft im Schnitt das 20-Fache der vertretbaren Giftmenge aufgenommen. Dazu kommt die herbstliche Wetterlage, in der kältere Luftschichten die wärmere Kairoer Dunstglocke fest unter sich verschließen und die Stadt in ihrem eigenen Dreck langsam ersticken lassen.
    In der Ursachenforschung sieht man den Wald vor Bäumen oder besser gesagt die Fabriken vor Schornsteinen nicht. Sind es die hundert Ziegelfabriken rund um die Stadt, die täglich 250 Tonnen Schweröl verheizen, die vier Zementfabriken, die 750 kleinen Gießereien, die 70 Steinbrüche, die 53 industriellen Töpfereiöfen, die 1206 kleinen, Metall verarbeitenden Betriebe, die zwei Ölraffinerien oder die 269 Köhlereien? Es könnten aber auch die 21 Millionen Tonnen jährlich anfallenden Mülls sein, die meist offen verbrannt werden. Oder liegt es vielleicht doch am Verkehr, also an den 1500 öffentlichen,

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