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Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Titel: Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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Geschichte eines Bekannten gespeichert, der sich vor Jahren einen neuen Wagen angeschafft hatte und es nach einer Woche schweißtreibender Fahrt durch Ägyptens Hauptstadt einfach nicht mehr aushielt. Er nahm einen Hammer und fügte seinem Fahrzeug mit einem gezielten Schlag auf die Kühlerhaube höchstpersönlich den ersten Schaden zu. Fortan fuhr er völlig entspannt.
    Zaghaft, ja geradezu scheu, lenkte ich also mein Auto durch Kairos Verkehrsadern. Alle anderen Fahrer schienen blitzschnell erfasst zu haben, dass praktisch überall auf meinem Modell das Baujahr 2007 geschrieben stand. Brutal schoben sie ihre alten, schäbigen, ausgebeulten Karossen im Kreisverkehr vor mein funkelnagelneues Gefährt. In jeder kleinen Verkehrsschlacht trugen meine Gegner den Sieg davon, indem sie immer wieder neue, zusätzliche Spuren vor mir eröffneten und mir gnadenlos aus jeder erdenklichen Richtung die Vorfahrt raubten.
    Glücklich zu Hause angekommen, war die Lösung des Problems für meine Nachbarn keine Frage. „Du musst unbedingt vor dem Auto ein Schaf schlachten, deine Hände in das Blut tauchen und sie auf die Karosserie pressen. Nur so lässt sich der böse Blick der Neider abwehren“, lautete ihr Rat. Anschließend müsse das Fleisch an die Armen verteilt werden. Gott hat dir ein neues Auto geschenkt, also musst du an andere etwas weitergeben, steht als durchaus schlüssige Logik dahinter. „Tust du das nicht, hast du auf jeden Fall bald einen Unfall“, lautete die Warnung meiner Putzfrau. Ich wollte gerade losfahren, um sofort ein lebendes Schaf zu besorgen, als meine zehnjährige Tochter mich bremste. „Es kommt überhaupt nicht in die Tüte, ein armes hilfloses Tier für eine Maschine abzuschlachten“, argumentierte sie mit europäischer Abpackfleisch-Supermarktmentalität. Wenn ich das mache, würde sie niemals in das Auto einsteigen.
    Also ließ ich das Schaf doch Schaf sein. Misstrauisch zog ich die nächsten Tage meines Weges, immer auf der Suche nach dem bösen Blick im Weißen der Augen meiner fahrenden Mitmenschen. Schließlich, drei Tage später, war es so weit. Ich stand gerade nachts an einer Kreuzung, als ich ein Knirschen hinter mir vernahm. Ein Sammeltaxifahrer hatte, sozusagen als Bote meines unausweichlichen Schicksals, die linke Rückleuchte zerschmettert. Wie in diesen Fällen üblich, schreit man sich ein paar Minuten besinnungslos an, um dann einfach weiterzufahren. Versicherungen sind in Ägypten ein Fremdwort und Sammeltaxifahrer haben in der Regel gerade genug Geld in der Tasche, um ihr Fahrzeug halb aufzutanken und ihre nächste Mahlzeit zu kaufen. Weswegen viele Kairoer sich bei kleineren Blechschäden resigniert erst gar nicht die Mühe machen auszusteigen.
    Der Ärger machte dann aber schnell der Erleichterung oder besser gesagt der neu gewonnenen Erkenntnis Platz, nach dem Motto: „Ist das Auto ruiniert, fährt es sich ganz ungeniert.“ Übrigens hatten die Nachbarn auch gleich wieder einen neuen Rat parat. Die Rückleuchte solle ich auf keinen Fall reparieren lassen. Denn mit dem gut sichtbaren Schaden würden sich die Neider sicherlich zufriedengeben und ihren bösen Blick nun wieder auf andere Dinge lenken. Sicherheitshalber werde ich auch noch statt in eine Versicherungspolice in eine Spende für ein Kairoer Waisenhaus investieren. Eigentlich ein äußerst tröstlicher Gedanke: Zwar hat mein schöner Neuwagen nach ein paar Tagen bereits an Wert verloren, dafür ist er aber hoffentlich nun doch von allen bösen Geistern verlassen, und das wäre in der Tat eine geradezu unbezahlbare Wertsteigerung.

Umwelt: Jenseits der Schadstoffgrenze
    Klimawandel und die Wohnung meiner Tante in Alexandria
    Überschwänglich meldet sich Tante Safinas aus Alexandria mit dem Coup ihres Lebens. Sie hat einen Teil des von meinem Großvater Taufik vererbten Landes im Nildelta verkauft und dafür eine Luxuswohnung in Alexandrias bester Lage erstanden. Direkt bei St. Stefano am vornehmen Teil des Küstenstreifens entlang der Stadt. Von dort blicke man aus allen Zimmern im 11. Stock direkt auf die Brandung des Mittelmeers, erzählt sie stolz. Jetzt versucht sie die Wohnung an ein paar gut zahlende Ausländer zu vermieten. Tante Safinas sollte sich beeilen, damit ihre Mieteinnahmen ihre Investition so schnell wie möglich ausgleichen. Denn vielleicht wird sich der Kauf des urbanen südmediterranen Immobilienfiletstücks langfristig doch nicht als so gutes Schnäppchen erweisen.
    Die Weltbank warnt, dass

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