Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)
lohnen. Inzwischen hat Heineken die ABC-Brauerei für 1,3 Milliarden ägyptische Pfund, umgerechnet 200 Millionen Euro, aufgekauft.
„No smoking“ im Pharaonenland
(Kairo, den 20. April 1994)
„Bitte“, hüstelt eine Sitzreihe vor mir im ägyptischen Überlandbus die verzweifelte Amerikanerin, „Sie sprechen doch Arabisch. Können Sie den Schaffner nicht auffordern, das Rauchverbot im Bus durchzusetzen?“ Sie deutet auf das „no smoking“-Schild, das gerade noch hinter den Rauchschwaden zu erahnen ist. Stolz und beständig ziert es den oberen Teil der Windschutzscheibe. Ein Blick auf den Schaffner, der dem Fahrer gerade kollegial eine Zigarette anbietet, zeigt: Die Schlacht ist bereits verloren. „Nein“, schüttle ich den Kopf, „das ist hier alles ein bisschen anders als in New York.“ Das Schild wird wahrscheinlich gleich von der Firma mitgeliefert, die den Bus irgendwo in Europa zusammengeschraubt hat. Das gehört sozusagen zur Serienlieferung. Hier werden derartige Verbotsschilder getrost ignoriert.
Das Land der Pharaonen ist ein wahres Raucherparadies. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO rangiert es hinter Griechenland auf Platz zwei im Blauer-Dunst-Ausstoß. Satte 140 Milliarden Zigaretten lösen sich links und rechts des Nils jährlich in Rauch auf – Wasserpfeifen nicht eingeschlossen.
Wenn es nach Wunsch einer kleinen Gruppe passionierter Nichtraucher geht, ist es mit dem „Qualmen ohne Grenzen“ demnächst vorbei. Hussein Schahata ist einer von ihnen. Er marschiert mit seinem Köfferchen durch die Kairoer Innenstadt. Im Köfferchen wartet die Demonstrationspuppe Johnny auf den Einsatz. Wenn Johnny raucht, färbt sich der weiße Baumwollstoff seiner Kleidung blitzschnell teerschwarz. So wie auch die Lungen des überraschten Rauchers aussehen, den Schahata eifrig an irgendeiner Straßenkreuzung aufgegriffen hat und nun mit der bitteren Wahrheit konfrontiert. Tausende, so Schahata, sollen nach einem solch anschaulichen Gespräch mit ihrer mörderischen Gewohnheit gebrochen haben.
Schahata ist kein Einzelkämpfer. Wer in Kairo über das Rauchen redet, der redet auch über Salah Montasser, den ehemaligen Chefredakteur der renommierten Zeitschrift Oktober . In regelmäßigen Kolumnen behandelt er Themen rund um – oder besser gesagt: gegen – die Kippen. Seine erste Zigarette habe er mit 16 Jahren an einem der ägyptischen Mittelmeerstrände angezündet. Aus Schüchternheit. Eigentlich wollte er damals nur dem „Mädchen seiner Träume“ imponieren. „Ich und die Zigarette – zu zweit schienen wir stärker zu sein“, schreibt er heute. Die junge Frau ging unbeeindruckt ihres Weges, der Kolumnist den seinen. 18 Jahre lang war er danach Kettenraucher. Ja, ja, so schnell kann’s gehen. Jetzt organisiert der mittlerweile suchtfreie Pensionär Anti-Raucher-Demonstrationen in einem Nobel-Sportklub auf einer Kairoer Nilinsel. Schade nur, dass der paffende Busschaffner sich den Eintritt zu derartig exklusiven Veranstaltungen nicht leisten kann. Womöglich ist er nicht einmal in der Lage, die leidenschaftlichen Anti-Raucher-Kolumnen lesen.
Doch auch die Kairoer Stadtverwaltung ist mittlerweile auf den Nichtraucher-Trip gekommen. In den städtischen Bussen ist der Glimmstängel inzwischen tatsächlich verboten worden. Das hat sich bei den meisten Fahrgästen jedoch längst noch nicht herumgesprochen. Warum sollten nun die vorher bedeutungslosen „Rauchen verboten“-Schilder auf einmal befolgt werden? Um ihrer Forderung Nachdruck zu verschaffen, arbeitet die Verkehrsverwaltung deshalb eng mit der Polizei zusammen. Zehn „schnelle Eingreifeinheiten“ versuchen, das Problem in den Griff zu kriegen. Jeweils ein Offizier und drei „normale“ Polizisten machen sich täglich auf die Suche nach den Unverbesserlichen, die immer noch in den Bussen der Idee von „Freiheit und Abenteuer“ nachhängen. Mit zehn Pfund Strafe – für manchen ein guter Tageslohn – ist jeder Rauchsünder dabei. Doch Yussuf Mahmud, der Chef des öffentlichen Kairoer Verkehrsverbundes, gibt zu, dass sich das Unternehmen schwierig gestaltet. Bei 4700 Bussen, 49 Trambahnen, 41 Nilfähren und 181 Busstationen ist das wohl auch kein Wunder.
Bleibt die Hoffnung, dass demnächst irgendjemand eine durchschlagende Anti-Auto-Kampagne startet. Neulich erzählte jemand von einer Statistik der dreckigsten Stadtlüfte der Welt: Luftverschmutzung gemessen in Zigarettenschachteln. Einen Tag tief durchatmen in der
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