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Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)

Titel: Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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Grundmauern zerstört. Unbarmherzig bläst heute der heiße Wind den Sand durch die von ärmlichen Steinhütten umsäumten Gassen.
    Gerüchte besagen, dass die mokkanischen Alkoholhändler draußen vor dem Ort regelmäßig die nahe gelegene Kaserne beliefern. Die Offiziere drücken dafür beide Augen zu. So kann alles unbeschadet seinen weiteren Lauf nehmen. Nur vor den Islamisten haben die Händler berechtigte Angst. Schon im Bürgerkrieg, als der konservative Norden mit dem etwas weltoffeneren Süden vereinigt wurde, hatten sie den Sündenpfuhl Aden ausgetrocknet. Die islamistischen Milizen waren als Nachhut in die Stadt eingerückt, nachdem sie von den regulären Truppen des Nordens erobert worden war. Noch tagelang soll es in den Hafengassen nach ausgeschüttetem Wodka gerochen haben.
    Brauen unter Bierverächtern
    (Kairo, den 11. Dezember 1998)
    Wahre Retter der Menschheit sind rar. Den meisten fällt da die Arche mit dem Steuermann Noah ein oder die Entdeckung des Penicillins durch den Bakteriologen Alexander Fleming, aber kaum einer denkt daran, wie das Bier einst die Menschheit vor ihrer Vernichtung bewahrt hat.
    Nach einem Mythos der alten Ägypter kam es einst der Göttin Hathor in den Sinn auszuziehen, um dem Menschengeschlecht den Garaus zu machen. Fast wäre es ihr gelungen, wenn nicht der Gott Ra in letzter Sekunde eingegriffen hätte: Er ließ nachts die Felder, auf denen Hathor ihr Zerstörungswerk begonnen hatte, mit einer Mischung aus Bier, Menschenblut und einem Zauberfruchtsaft fluten. Als Hathor am nächsten Morgen ihr grausames Werk fortsetzen wollte, nahm sie einen großen Schluck des Gebräus. Daraufhin, so die Sage, war sie so betrunken, dass sie die Menschen nicht mehr erkannte.
    So hatten die alten Ägypter also schon von der Kunst des Bierbrauens gehört. Bier war ein wichtiger Bestandteil pharaonischer Diätplanung. Das Getränk war so beliebt, dass man auf Grabreliefs fröhlich betrunkene Pharaonen abbildete. Das zeitgenössische Brauen ging auf recht eigenartige Weise vor sich: Alte Abbildungen zeigen getrocknete Gerstenkuchen, die auf einem Sieb über einen Bottich gelegt und mit Wasser übergossen wurden, bis sie sich aufgelöst hatten. Die so entstandene Masse ließ man dann gären und würzte das frische Bier mit Datteln.
    Sechstausend Jahre später erfreut sich der Gerstensaft in der Wiege der Pharaonen nicht mehr der gleichen Beliebtheit, was religiöse Gründe hat. „Gott hat alkoholische Getränke verflucht und all jene, die sie zubereiten, probieren, transportieren, ebenso wie jene, denen sie geliefert werden, jene, die sie verkaufen, kaufen, servieren und denen sie serviert werden“, heißt es in einer Überlieferung des Propheten Muhammad.
    In Ägyptens Brauerei, der Al-Ahram Beverages Company (ABC), zeigt man sich indes trotz dieser gesellschaftlichen Tabuisierung ihres Hauptproduktes zuversichtlich. ABC’s Stella Bier ist bereits seit über hundert Jahren eine feste Institution im Lande. „Wir machen enormen Profit mit jedem unserer Produkte“, erklärt der Sprecher der Firma offen. „Sicherlich, wir sind ein islamisches Land, aber trotzdem verkaufen wir eine halbe Million Hektoliter Bier im Jahr“, berichtet Imam Muharram, der in der Brauerei den Produktionsprozess überwacht.
    Um sich gegen einen wachsenden konservativ-religiösen Trend abzusichern, hat man die Produktpalette vergrößert. Nicht nur Limonade und Cola gehören jetzt zum Sortiment, sondern auch alkoholfreies Bier, für das man Abnehmer in der arabischen Nachbarschaft gefunden hat. Mit der Guinness-Brauerei wurde ein Abkommen über die Produktion und den Export alkoholfreien Bieres in den nahöstlichen Markt geschlossen. Ein wachsender Markt, da er alle religiösen Bedenken zum Bierkonsum entkräftet.
    Für die nächsten Jahre wird in diesem Bereich ein enormes Wachstum erwartet. Die heißen Sommer, etwa in Saudi-Arabiens Wüste, werden das religiös unverfängliche Bier fast automatisch zum Renner machen. Allein dort wird der Markt auf hundert Millionen Dollar jährlich geschätzt, mit Wachstumsraten von 30 Prozent und mehr.
    Mag sein, dass daran auch gewisse hartnäckige Gerüchte nicht unschuldig sind. Denn hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass sich alkoholfreies Bier leicht in alkoholisches verwandeln lässt. Ägyptische Arbeiter in Libyen, wo der Konsum von Alkohol strikt untersagt ist, sollen das dort erhältliche alkoholfreie Bier mit Hilfe italienischer Nudeln zum Gären gebracht

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