Allwissend
sich aus und erzählte TJ und Boling, was Chilton geschrieben hatte.
Boling bezweifelte, dass es irgendwelche Auswirkungen haben würde - seiner Ansicht nach war der Junge für vernünftige Argumente nicht mehr zugänglich. »Aber man sollte die Hoffnung nie aufgeben.«
Dance verteilte Aufträge; TJ zog sich auf seinen Stuhl am Beistelltisch zurück, um die skandinavische Firma zu kontaktieren, und Boling in seine Ecke, um die Namen möglicher Opfer aus einem Haufen neuer Internetadressen zu ermitteln - einschließlich jener, die in anderen Threads als in »Kreuze am Straßenrand« gepostet hatten. Es waren dreizehn an der Zahl.
Charles Overby kam herein. Er trug einen blauen Politikeranzug mit weißem Hemd. »Kathryn«, sagte er ohne jede Begrüßung, »hören Sie, Kathryn... was ist los, der Junge hat Drohungen gepostet?«
»Richtig, Charles. Wir versuchen herauszufinden, von wo er sich eingehackt hat.«
»Es haben mich schon sechs Reporter angerufen. Und zwei von denen haben meine private Telefonnummer. Ich hab sie erst mal abgewimmelt, aber ich kann nicht länger warten. In zwanzig Minuten gebe ich eine Pressekonferenz. Was kann ich den Leuten sagen?«
»Dass die Ermüdungen andauern. Dass uns ein paar Leute aus San Benito bei der Suche helfen. Es wurden mehrere Sichtungen gemeldet, aber bis jetzt hat sich nichts daraus ergeben.«
»Hamilton hat mich auch angerufen. Er ist ziemlich bestürzt.«
Hamilton Royce aus Sacramento, mit dem zu blauen Anzug, den flinken Augen und dem geröteten Gesicht.
Dienststellenleiter Overby hatte einen recht ereignisreichen Morgen hinter sich, wie es schien.
»Sonst noch etwas?«
»Chilton hat weitere Postings in dem Thread unterbunden und Travis gebeten, sich der Polizei zu stellen.«
»Irgendwas Technisches, meine ich.«
»Nun, er hilft uns, die Uploads des Jungen zurückzuverfolgen.«
»Gut. Also tun wir wenigstens etwas.«
Er meinte: etwas, das den Zuschauern der Abendnachrichten gefallen würde. Im Gegensatz zu der schweißtreibenden, langweiligen Polizeiarbeit, die sie während der letzten achtundvierzig Stunden geleistet hatten. Dance sah Bolings Miene, die belegte, wie verblüfft auch er über diesen Kommentar war. Sie wandten beide sofort den Kopf ab, um sich nicht gegenseitig in ihrer Entrüstung hochzuschaukeln.
Overby sah auf die Uhr. »Also gut. Dann werd ich mal ordentlich die Flagge hissen gehen.« Er machte sich auf den Weg zu der Pressekonferenz.
»Weiß er, was der Ausdruck bedeutet?«, fragte Boling.
»Das mit der Flagge? Das weiß ich selbst nicht«, sagte Dance.
TJ lachte glucksend auf, sagte jedoch nichts, sondern grinste nur Boling an.
»Es stammt aus einem Witz, den ich jetzt nicht wiederholen werde«, erklärte der Professor. »Er dreht sich um Matrosen, die lange ohne Frauen auf See waren und nun ihren ersten Landgang haben.«
»Danke, dass Sie ihn für sich behalten.« Dance ließ sich auf ihren Bürostuhl fallen, trank einen Schluck Kaffee, der sich von irgendwoher materialisiert hatte, und - ach, was soll's - genehmigte sich die Hälfte des Donuts, der ebenfalls als Gottesgeschenk aus dem Nichts aufgetaucht war.
»Ist Travis - nun ja, Stryker - noch mal online gewesen?«, fragte sie Jon Boling.
»Nein. Irv hat sich noch nicht wieder gemeldet. Aber er würde uns sofort verständigen. Ich glaube, er hat die ganze Nacht nicht geschlafen. In seinen Adern fließt Red Bull.«
Dance nahm den Hörer ab und rief Peter Bennington im Kriminallabor des MCSO an, um die neuesten Erkenntnisse hinsichtlich der Spuren zu erfragen. Es lagen inzwischen zwar zahlreiche Beweise vor, um Travis wegen Mordes verurteilen zu können, aber noch keine konkreten Hinweise auf sein mögliches Versteck, abgesehen von den Bodenproben, die nicht zu den Fundorten der Kreuze gepasst hatten. David Reinhold, der eifrige junge Deputy, hatte persönlich Vergleichsproben rund um das Haus der Brighams gesammelt; sie stimmten nicht mit den anderen Partikeln überein.
Sandige Erde... wie ungeheuer hilfreich, dachte Dance zynisch. Es gibt hier ja bloß ungefähr fünfundzwanzig Kilometer der schönsten Strände und Dünen Kaliforniens.
Obwohl Charles Overby berichten konnte, dass das CBI sich »aller technischen Möglichkeiten« bediente, wurde er auf der Pressekonferenz eiskalt erwischt.
Der Fernseher in Dances Büro lief, und sie waren in der Lage, das Unglück live zu verfolgen.
Dance hatte Overby umfassend auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht, abgesehen von
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