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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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wir nur so wenig später gekommen, wären die beiden jetzt tot.
    »Warum wir?«, fragte Hawken. »Wir haben ihm doch gar nichts getan. Wir haben nichts gepostet. Wir kennen ihn nicht mal.«
    Dance erläuterte ihnen, dass der Junge den Kreis seiner Opfer erweiterte.
    »Sie meinen, jeder, der auch nur in dem Blog erwähnt wird, befindet sich in Gefahr?« »Es sieht so aus.«
    Innerhalb weniger Minuten waren Dutzende von Polizisten vor Ort eingetroffen, doch aus ihren Funksprüchen ging hervor, dass Travis nirgendwo in der Gegend zu sehen war.
    Wie, zum Teufel, kann ein Junge auf einem Fahrrad entkommen?, grübelte Dance frustriert. Er verschwindet einfach. Wohin? In irgendeinen Keller? Auf eine verlassene Baustelle?
    Draußen fuhren die ersten Pressefahrzeuge vor, die Übertragungswagen mit den Satellitenschüsseln auf dem Dach. Die Kameraleute machten ihre Ausrüstung bereit.
    Um die allseits vorherrschende Panik noch mehr zu schüren.
    Auch weitere Beamte trafen ein, darunter einige Streifenpolizisten auf Fahrrädern.
    »Haben Sie Ihr Haus in San Diego noch?«, fragte Dance nun. »Es steht zum Verkauf«, erwiderte Lily. »Aber noch gehört es uns.«
    »Es wäre mir lieb, wenn sie dorthin zurückkehren könnten.«
    »Tja«, sagte Hawken, »es ist aber schon leer geräumt. Das restliche Mobiliar wurde eingelagert.«
    »Können Sie irgendwo unterschlüpfen?«
    »Bei meinen Eltern. Donalds Kinder sind auch gerade dort.«
    »Dann schließen Sie sich ihnen bitte an, bis wir Travis gefunden haben.«
    »Das müsste gehen«, sagte Lily.
    »Fahr du«, sagte Hawken zu ihr. »Ich möchte Jim nicht im Stich lassen.«
    »Sie können nichts für ihn tun«, sagte Dance.
    »Aber natürlich. Ich kann ihm beistehen. Dies ist eine schreckliche Zeit. Er braucht Freunde.«
    »Ich bin sicher, er weiß Ihre Loyalität zu schätzen«, fuhr Dance fort. »Aber sehen Sie nur, was gerade geschehen ist. Der Junge weiß, wo Sie wohnen, und er will Ihnen offensichdich an den Kragen.«
    »Vielleicht fangen Sie ihn ja in einer halben Stunde.« »Vielleicht auch nicht. Ich muss wirklich darauf bestehen, Mr. Hawken.«
    Der stählerne Geschäftsmann schimmerte bei ihm durch. »Ich lasse ihn nicht allein.« Dann fügte er mit sanfterer Stimme hinzu: »Ich muss Ihnen etwas erklären.« Ein kurzer Blick zu seiner Frau. Eine Pause. Dann: »Meine erste Frau, Sarah, ist vor einigen Jahren gestorben.«
    »Das tut mir leid.«
    Sein abweisendes Achselzucken war Dance nur zu vertraut.
    »Jim hat alles stehen und liegen gelassen und ist sofort zu mir gekommen, nach ein oder zwei Stunden. Er ist eine Woche bei mir und den Kindern geblieben. Hat uns und Sarahs Familie bei allem geholfen. Beim Kochen genauso wie bei den Vorkehrungen für die Beerdigung. Er hat sogar geputzt und Wäsche gewaschen. Ich war wie gelähmt. Ich konnte einfach nichts tun. Ich glaube, er hat mir damals das Leben gerettet. Auf jeden Fall verdanke ich ihm meine geistige Gesundheit.«
    Und wieder musste Dance automatisch an die Monate nach dem Tod ihres Mannes denken - als Martine Christensen, ganz ähnlich wie Chilton, für sie da gewesen war. Dance hätte sich zwar niemals etwas angetan, schon allein wegen der Kinder, aber sie hatte häufig befürchtet, sie würde den Verstand verlieren.
    Sie konnte Donald Hawkens Loyalität gut verstehen.
    »Ich lasse ihn nicht im Stich«, wiederholte der Mann entschieden. »Sie brauchen mich gar nicht weiter darum zu bitten.« Dann umarmte er seine Frau. »Aber du fährst bitte zu deinen Eltern. Ich möchte es.«
    »Nein«, sagte Lily, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. »Ich bleibe bei dir.«
    Dance registrierte den Blick der Frau. Bewunderung, Zufriedenheit, Entschlossenheit...
    Ihr eigenes Herz schlug schneller. Er ist auch früh verwitwet, dachte sie, aber er hat sich wieder gefangen und neue Liebe gefunden. Es ist also möglich. Siehst du?
    Dann klammerte sie ihr eigenes Leben wieder aus.
    »Na gut«, willigte sie widerstrebend ein. »Aber Sie brechen sofort von hier auf. Suchen Sie sich ein Hotel, und bleiben Sie dort, lassen Sie sich nicht sehen. Und wir werden Sie bewachen.«
    »Einverstanden.«
    In diesem Moment kam ein Wagen mit quietschenden Reifen vor dem Haus zum Stehen, und eine Stimme rief aufgeregt etwas. Dance und Carraneo traten hinaus auf die Veranda.
    »Schon okay«, sagte Albert Stemple langsam und gedehnt, allerdings ohne Südstaatenakzent. »Bloß Chilton.«
    Der Blogger hatte die Neuigkeit anscheinend gehört und war

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