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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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verschwand sofort. Er umarmte den jüngeren Sohn und sagte sanft: »Wir sehen es uns später an, nach dem Abendessen.«
    Dance beobachtete Travis' Augen, die beim Anblick dieser Zuneigungsbekundung für seinen Bruder ganz ruhig wurden.
    »Okay.« Sammy zögerte, ging dann zur Hintertür hinaus, trampelte die Veranda entlang und hielt auf den Schuppen zu.
    »Bleib in der Nähe«, rief Sonia.
    Dance fiel auf, dass sie ihrem Mann noch nichts von der neuesten Sachbeschädigung erzählt hatte. Wahrscheinlich fürchtete sie sich davor, schlechte Nachrichten zu überbringen. Allerdings kam sie nun kurz auf Sammy zu sprechen. »Vielleicht sollte er doch wieder seine Tabletten nehmen.« Ihr Blick war dabei auf alles gerichtet, nur nicht auf ihren Ehemann.
    »Dieser Preis ist der reine Wucher. Hast du mir etwa nicht zugehört? Und was soll das Zeug, wenn er sowieso den ganzen Tag zu Hause ist?«
    »Aber das ist er ja gar nicht. Er...«
    »Weil Travis ihn nicht aufmerksam genug im Auge behält.« Der Junge hörte regungslos zu; die Kritik schien ihm nichts auszumachen.
    »Es wurde eine schwere Straftat verübt«, sagte O'Neil zu Bob Brigham. »Wir müssen mit jedem sprechen, der damit zu tun haben könnte. Und Ihr Sohn hat damit zu tun. Können Sie bestätigen, dass er gestern Abend im Game Shed gewesen ist?«
    »Ich war weg. Aber das geht Sie nichts an. Und hören Sie gut zu: Mein Junge hatte nichts mit irgendwelchen Überfällen zu schaffen. Sie beide begehen übrigens gerade einen Hausfriedensbruch, nicht wahr?« Er zog eine seiner buschigen Augenbrauen hoch, zündete sich eine Zigarette an, löschte mit einer schnellen Handbewegung das Streichholz und ließ es zielsicher in den Aschenbecher fallen. »Und du«, fuhr er Travis an. »Du kommst zu spät zur Arbeit.«
    Der Junge ging in sein Zimmer.
    Dance war frustriert. Er war ihr Hauptverdächtiger, aber sie konnte einfach nicht erkennen, was in Travis vorging.
    Der Junge kehrte zurück und brachte auf einem Bügel ein braun und beige gestreiftes Jackett mit. Er rollte es zusammen und stopfte es in seinen Rucksack.
    »Nein«, schimpfte Brigham. »Deine Mutter hat es gebügelt. Zieh es an. Du sollst es nicht so zerknittern.«
    »Ich will es jetzt aber nicht anziehen.«
    »Zeig gefälligst etwas mehr Wertschätzung für deine Mutter und die viele Mühe, die sie sich mit dir gibt.«
    »Es ist ein Bagel-Laden. Wen interessiert's?«
    »Das ist nicht der Punkt. Zieh es an. Du machst sofort, was ich dir sage.«
    Der Junge erstarrte. Dance keuchte unwillkürlich auf, als sie sein Gesicht sah. Seine Augen wurden groß, die Schultern hoben sich. Die Lippen zogen sich zurück, als würde ein Raubtier die Zähne fletschen. »Es ist eine beschissene Verkleidung«, brüllte Travis seinen Vater an. »Wenn ich die auf der Straße trage, lachen mich alle aus!«
    Der Vater beugte sich vor. »Wage es nicht, so mit mir zu reden, und erst recht nicht vor anderen Leuten!«
    »Ich werde schon genug ausgelacht. Ich ziehe das Ding nicht an! Du hast ja nicht die geringste Ahnung!«
    Dance bemerkte, dass der Junge sich hektisch im Zimmer umsah und schließlich den Aschenbecher fixierte, eine mögliche Waffe. Auch O'Neil bekam es mit. Er spannte sich an, um notfalls schnell eingreifen zu können.
    Travis hatte sich in eine völlig andere, von Zorn erfüllte Person verwandelt.
    Die Tendenz zur Gewalt bei jungen Menschen liegt fast immer in einer inneren Wut begründet und nicht an irgendwelchen Turnen oder dem Fernsehen...
    »Ich hab nichts Falsches getan!«, knurrte Travis, machte kehrt, stürmte zur Fliegengittertür hinaus und schlug sie lautstark hinter sich zu. Er lief neben das Haus, nahm sein Fahrrad, das dort an einem zerbrochenen Zaun lehnte, und schob es auf einen Pfad, der am hinteren Ende des Grundstücks im Wald verschwand.
    »Vielen Dank, dass Sie beide uns den Tag versaut haben. Und jetzt raus hier.«
    Dance und O'Neil verabschiedeten sich ruhig und gingen zur Tür. Sonia warf ihnen zaghaft einen entschuldigenden Blick zu. Travis' Vater ging in die Küche. Dance hörte die Kühlschranktür, gefolgt von dem Zischen einer Flasche, die geöffnet wurde.
    »Wie ist es bei dir gelaufen?«, fragte sie draußen.
    »Nicht schlecht, würde ich sagen.« O'Neil zeigte ihr einen winzigen grauen Stofffetzen. Er hatte ihn von dem Sweatshirt in dem Wäschekorb abgetrennt, während Dance die Befragung durchgeführt hatte.
    Sie stiegen in O'Neils Wagen. Die Türen fielen gleichzeitig ins Schloss. »Ich

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