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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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absuchten. Die Anspannung der Tiere und Dylans gesträubtes Nackenfell waren beunruhigend.
    Dance näherte sich allmählich dem hinteren Teil des Gartens, hielt nach Bewegungen Ausschau, lauschte auf Schritte. Als sie keinerlei Anzeichen für einen Eindringling ausmachen konnte, leuchtete sie mit ihrer Taschenlampe auf den Boden.
    Es schien sich um ein Kreuz zu handeln, aber aus der Nähe vermochte Dance nicht zu sagen, ob es absichtlich hier hingelegt worden oder zufällig aus zwei heruntergefallenen Zweigen entstanden war. Es war weder mit Draht verschnürt, noch lagen hier Blumen. Die hintere Gartenpforte befand sich nur wenige Schritte entfernt. Sie war abgeschlossen, aber ein siebzehnjähriger Junge hätte sie mühelos überspringen können.
    Travis Brigham kannte ihren Namen. Und hätte unschwer herausfinden können, wo sie wohnte.
    Sie umrundete das Kreuz langsam. Waren das da im Gras etwa Fußabdrücke? Dance blieb unschlüssig.
    Diese Ungewissheit war fast noch quälender, als wäre das Kreuz eindeutig als Drohung hinterlassen worden.
    Dance kehrte zum Haus zurück und steckte die Waffe ein.
    Sie schloss die Hintertür ab und ging ins Wohnzimmer, dessen Mobiliar ebenso wild zusammengewürfelt war wie das in Travis Brighams Haus, allerdings hübscher und gemütlicher, ohne Leder und Chrom. Die Sitzgelegenheiten waren dick gepolstert, die Bezüge rost- und erdfarben. Gekauft hatte Dance sie alle gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann. Sie ließ sich auf das Sofa fallen und sah, dass sie einen Anruf verpasst hatte. Sofort hörte sie ihre Mailbox ab. Die Nachricht stammte von Jon Boling, nicht von ihrer Mutter.
    Boling berichtete, sie hätten die Verschlüsselung bis jetzt nicht knacken können. Der Supercomputer werde die ganze Nacht durchlaufen, und er, Boling, werde Dance am nächsten Morgen auf den neuesten Stand bringen. Falls sie wolle, könne sie ihn auch zurückrufen. Er sei noch länger auf.
    Dance überlegte kurz - und hätte eigentlich ganz gern mit ihm gesprochen -, entschied sich dann aber dafür, die Leitung für den Fall frei zu halten, dass ihre Mutter anrief. Sie wählte die Nummer des MCSO, erreichte den diensthabenden Senior Deputy und bat darum, dass die Spurensicherung das Kreuz in ihrem Garten untersuchen würde. Er versprach, morgens jemanden vorbeizuschicken.
    Dann duschte sie, fing trotz des dampfenden Wassers aber immer wieder an zu zittern, weil ein Bild in ihrem Gedächtnis sich leider als ziemlich hartnäckig erwies: die Maske aus Kelley Morgans Haus, die schwarzen Augen, der zugenähte Mund.
    Als sie zu Bett ging, legte sie die Glock direkt neben sich auf den Nachttisch, ohne Holster und geladen mit einem vollen Magazin sowie einer Patrone in der Kammer.
    Sie schloss die Augen, konnte aber bei aller Erschöpfung nicht einschlafen.
    Und es war nicht die Fahndung nach Travis Brigham, die sie wach hielt, und auch nicht das Kreuz in ihrem Garten. Nicht einmal das Bild dieser verfluchten Maske.
    Nein, der Grund für ihre anhaltende Ruhelosigkeit war eine simple Bemerkung, die ihr immer und immer wieder durch den Kopf ging: die Antwort ihrer Mutter auf Sheedys Frage nach eventuellen Zeugen auf der Intensivstation zum Zeitpunkt von Juan Millars Tod.
    Es waren einige Schwestern auf der Station. Aber das ist alles. Seine Angehörigen waren weg. Und Besucher gab es auch keine.
    Dance konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, aber sie war sich fast sicher, dass Edie überrascht reagiert hatte, als Kathryn ihr vom Tod des Deputy erzählte. Sie hatte zu ihrer Tochter gesagt, es habe auf ihrer eigenen Station so viel zu tun gegeben, dass sie es in der fraglichen Nacht nicht mehr geschafft habe, auf der Intensivstation nach Miliar zu sehen.
    Doch wenn das stimmte, woher wollte Edie dann wissen, dass niemand sonst sich dort aufgehalten hatte?
     

MITTWOCH

Kapitel 17
    Um acht Uhr morgens betrat Kathryn Dance ihr Büro und lächelte, als sie Jon Boling sah, der in zu großen Latexhandschuhen auf der Tastatur von Travis' Computer herumtippte.
    »Ich weiß, was ich tue. Ich schaue regelmäßig NCIS.« Er grinste. »Das mag ich lieber als CSI.«
    »He, Boss, wir brauchen eine Fernsehserie über uns«, sagte TJ von einem Tisch aus, den er in die Ecke gezerrt hatte und der ihm als Arbeitsplatz für die Suche nach den Ursprüngen der schaurigen Maske diente, die vor Kelley Morgans Fenster sichergestellt worden war.
    »Die Idee gefällt mir«, griff Boling den Scherz auf. »Eine Serie über Kinesik,

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