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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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irgendwelche Fakten zu bieten. Die Leute machen sich bloß Luft. Und die Hälfte von dem, was sie behaupten, ist eindeutig falsch. Es sind Gerüchte, Spekulationen, leeres Gerede.«
    »Und die Gedanken der Leute sind nicht von Belang?«, fragte er, aber nicht verärgert; er schien sogar Vergnügen an der Diskussion zu haben. »Ihre Ansichten zählen nicht? Nur die Wortgewandten, die Gebildeten - und die Gemäßigten - dürfen sich äußern? Nun, dann herzlich willkommen in der neuen Welt des Journalismus, Agent Dance. Hier gibt es den freien Austausch von Ideen. Sehen Sie, es dreht sich nicht mehr alles um die großen Tageszeitungen, die namhaften Kolumnisten und Chefredakteure. Es geht um das Volk. Nein, ich werde das Blog nicht vom Netz nehmen und auch die Kommentarfunktion nicht sperren.« Er schaute zu Hawken, der soeben einen weiteren Lehnsessel aus dem Laderaum des Lastwagens zerrte. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte«, sagte Chilton und eilte zu seinem Freund.
    Dance fand, er sah wie ein Märtyrer auf dem Weg zum Erschießungskommando aus, der noch ein letztes Mal inbrünstige Phrasen über eine Sache gedroschen hatte, an die niemand außer ihm selbst glaubte.
     
    Wie jeder andere auf der Halbinsel - der älter als sechs Jahre war und Zugang zu den Medien hatte - war auch Lyndon Strickland sich des Kreuz-Falls deutlich bewusst.
    Und wie viele Leser des Chilton Report war er wütend.
    Der einundvierzigjährige Anwalt stieg aus dem Wagen und schloss die Tür ab. Er wollte wie jeden Tag zur Mittagszeit auf einem Pfad joggen gehen, der unweit des Seventeen Mile Drive verlief, jener wunderschönen Straße, die von Pacific Grove nach Carmel führte und sich dabei an den Ferienhäusern von Filmstars und Firmenbossen sowie dem Golfplatz von Pebble Beach vorbeischlängelte.
    Er hörte den Lärm von der Baustelle des neuen Highway, der in östlicher Richtung mitten durch die Anbaugebiete nach Salinas führen würde. Die Arbeiten kamen schnell voran. Strickland vertrat mehrere kleine Grundstücksbesitzer, die im öffentlichen Interesse enteignet worden waren, um die Straße zu ermöglichen. Dabei hatte er es mit dem Staat Kalifornien und der riesigen Baufirma Avery Construction aufnehmen müssen - und ihrer Armee von Anwälten. Wie zu erwarten gewesen war, hatte er den Prozess verloren, gerade erst letzte Woche. Immerhin hatte der Richter verfügt, dass die Häuser von Stricklands Mandanten nicht abgerissen werden durften, solange nicht über eine mögliche Revision entschieden worden war. Der leitende Anwalt der Gegenseite, ein Kollege aus San Francisco, war fuchsteufelswild geworden.
    Lyndon Strickland hingegen hatte sich sehr gefreut.
    Es zog Nebel auf, und es war ziemlich kühl. Er hatte den Joggingpfad ganz für sich allein. Strickland lief los.
    Wütend.
    Er hatte gelesen, was die Leute in James Chiltons Blog schrieben. Travis Brigham war ein Verrückter, der die Todesschützen von Columbine und Virginia Tech verehrte, der nachts Mädchen verfolgte, der seinen eigenen Bruder, Sammy, halb erstickt und so dessen geistige Behinderung verursacht hatte und der vor ein paar Wochen absichtlich mit einem Auto über den Rand einer Klippe gefahren war und zwei Mädchen getötet hatte, um irgendein hirnverbranntes Mord- oder Selbstmordritual zu vollziehen.
    Wie, zum Teufel, hatten alle die Warnsignale übersehen können, die es gegeben haben musste? Seine Eltern, seine Lehrer... seine Freunde?
    Das Bild der Maske, die er am Morgen im Internet gesehen hatte, ließ ihn noch immer erschaudern. Er bekam eine Gänsehaut, und die hatte nur halb mit der feuchtkalten Luft zu tun.
    Der Masken-Killer...
    Und nun versteckte der Junge sich irgendwo in den Hügeln von Monterey County und nahm sich einen nach dem anderen der Leute vor, die negative Dinge über ihn gepostet hatten.
    Strickland las den Chilton Report häufig. Das Blog war Bestandteil seines RSS-Feeds am oberen Bildschirmrand. Er war nicht immer Chiltons Meinung, aber der Blogger blieb stets vernünftig und argumentierte stichhaltig und intelligent, um seine Standpunkte darzulegen. Chilton war zum Beispiel ein entschiedener Abtreibungsgegner, und dennoch hatte er sich klar gegen diesen bescheuerten Reverend Fisk ausgesprochen, der zum Mord an Ärzten aufgerufen hatte. Strickland, der häufig die Interessen von Abtreibungsbefürwortern vertrat, war von Chiltons ausgeglichener Haltung beeindruckt gewesen.
    Der Blogger war außerdem ein Gegner der Entsalzungsanlage,

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