Alma Mater
überlegte einen Moment. »Ich hoffe, es wird das beste Spiel seines Lebens. Ich hoffe, er kriegt Angebote als Profispieler. Wäre wunderbar, wenn sich was ergeben würde, das es irgendwie wettmacht, wenn ich ihm sagen muß, daß wir nicht in den Sonnenuntergang reiten werden.«
Chris seufzte. »Ich wünsche trotzdem, wir könnten türmen.«
»Vielleicht tun wir’s ja… hinterher. Vielleicht jagen sie uns aus der Stadt. Obwohl, ich denke nicht dran, den Leuten den Gefallen zu tun und die Kurve zu kratzen. Ich hab nichts Unrechtes getan. Du auch nicht.«
Chris lachte. »Ich bin eine Geliebte, keine Kämpferin.«
»Du wirst vielleicht beides sein müssen.« Vic legte den Finger an die Fensterscheibe, als würde sie das Ahornblatt berühren. »Weißt du, ich hab nie über Lesbischsein nachgedacht. Tu ich eigentlich immer noch nicht. Aber ich habe über mein Leben nachgedacht – daß es mein Leben ist, dein Leben. Niemand sagt mir, was ich tun soll. Komisch, Chris – ich hab nie richtig kämpfen müssen. Ich bin weiß. Wir sind nicht arm. Na ja, jetzt sind wir’s, aber du weißt, was ich meine. Ich nehme an, weil ich eine Frau bin, sind mir Grenzen gesetzt, aber noch bin ich nicht an sie gestoßen. Vielleicht kommt das erst, wenn man da draußen ist und versucht Arbeit zu finden. Keine Ahnung. Ich hab mich nie bedrängt gefühlt, was anderes zu sein als ich selbst. Ich hab mich nie aus dem Tritt gefühlt.«
»Wir sind es jetzt. Wir kochen nicht anderer Leute Süppchen. Du hast gesagt, wir müssen die Suppe auslöffeln, die wir uns eingebrockt haben. Wir essen nicht mal am selben Tisch wie die meisten.«
Vics Miene hellte sich auf. »Ich weiß, und es ist fantastisch. Ich fühle mich so frei. Es ist einfach fantastisch.«
»Du bist fantastisch.«
»Schmeichlerin. Ich weiß nicht, warum mir so ist, aber es ist so. Mir ist, als könnte ich fliegen.« »Wird dir dein Anhänger nicht zu schwer?« Nachdenklich berührte R. J. den schweren, starken Feldstecher, den ihre Schwester um den Hals hängen hatte.
»Lohnt sich aber. Guck, wir können hier rein und raus.« Bunny zeigte auf die abschüssige Wiese.
R. J. klopfte mit der Spitze ihres rechten Stiefels gegen ihren linken Knöchel, so daß der sandige Lehm abfiel. »Ja. Und da drüben ist viel Schatten. Ein guter Platz für Azaleen. Die gehen weg wie warme Semmeln. Unten am Wasser können wir Weiden wachsen lassen. Weiden lieben Wasser. Judasbäume, mmmm, muß ich mir überlegen. Hab meine Bodenkarte mit.« Sie griff in ihre Jackentasche. »Bunny.«
Mit dem Feldstecher beobachtete Bunny einen Rotschwanzbussard. »Weißt du, R. J. eine ganze Welt ist da oben in der Luft.« Sie ließ das Fernglas sinken und sah auf den Boden. »Und da unten auch.«
»Und mit der müssen wir arbeiten.« R. J. kniete sich hin, zog ihr Taschenmesser hervor, senkte die Klinge in die feuchte Erde, schnitt Stoppel ab. »Schau.« Dann zeigte sie auf die entsprechende Stelle auf der Karte, die Bunny aufgeschlagen hatte.
Beide Schwestern hockten sich hin und betrachteten die Karte. »Versandet, wenn wir auf höheres Gelände kommen.«
»Ja, aber wir können diese Erde trotzdem nutzen. Es gibt zähes Zeug, das da wachsen kann, oder wir können Töpfe reinstellen mit guter Erde drin, dann sind die Pflanzen schon in Töpfen, und wenn sie zwei, drei Jahre alt sind, sind sie fertig zum Verkauf. Dann müssen wir sie nicht eintopfen.«
»Gute Idee.«
»Das einzige Problem ist, wir müssen die Töpfe jetzt kaufen. Ich hatte gehofft, nicht zu viel Geld ausgeben zu müssen. Wir müssen Saatgut auf lange Sicht kaufen, wir verdienen mehr, wenn wir aus Samen ziehen. Aber mit irgendwas müssen wir sofort anfangen. Wir brauchen Schößlinge, kleine, aber die Winzlinge werden trotzdem ein paar Dollar pro Stück kosten, je nach Strauch- oder Baumsorte. Und dann brauchen wir einen Traktor, einen Düngerstreuer. Das geht ins Geld.«
»Ich übernehm den Traktor. Du stellst das Land zur Verfügung«, sagte Bunny entschlossen.
»Gut.« R. J. lächelte und schaute dann wieder auf die Karte. »Hier, das Land am Fluß entlang außer vor dem Haus können wir für Grassoden nehmen. Rollrasen ist ein einträgliches Geschäft. Aber das Land ist relativ flach, es ist guter Schwemmboden. Wir müssen den Rasen in Bahnen abstechen. Wieder ein teures Zusatzgerät für den Traktor.«
Bunny betrachtete die Zahlen, die R. J. mit Bleistift an den rechten Rand
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