Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
Vom Netzwerk:
Hause?«
     
»Ja.« Sie atmete konzentriert ein und aus. »Diese Nacht war einmalig, aber ich bin noch ich und du bist noch du.« Sie ließ Chris geschickt aus dem Spiel.
     
»Ah, ja, es war… einmalig.« Er hoffte, sie glaubte ihm, daß er nur sie liebte. Er hatte keine Augen für andere Frauen.
     
»Das kann man wohl sagen.« Sie lachte, und als er einstimmte, fühlte sie sich besser. »Charly, mach dir keine Sorgen. Mir ist nicht bange um dich. Es wird sich alles regeln. Tut’s doch immer.«
     
»Ja, du hast Recht.«
     
»Du warst noch nicht wieder im Wohnheim?«
     
»Nein, erst nach der Vorlesung. Ich geh rein, als wär nichts gewesen. Warum freiwillig mit was rausrücken? Vielleicht hat keiner gemerkt, daß ich nicht in meinem Zimmer war.«
     
»Gute Idee. Sag mir Bescheid, wie’s gelaufen ist. Nein, das wird nicht gehn, weil du von der Halle aus anrufst.«
     
»Ich sag dir Bescheid. Hey, ich bin nicht eine einzige Nacht weggeblieben, ich hab seit meinem ersten Jahr kein Training verpaßt. Die können mich mal.«
     
»Das wird dein bestes Spiel, Thanksgiving.«
     
»Meinst du?«
     
»Hab ich dir nicht gesagt, daß ich hellsehen kann?«
     
»Da bin ich aber froh. Ich muß los. Vic, ich liebe dich. Du sollst wissen, daß ich dich liebe.«
     
»Ich liebe dich auch. Mach dir keine Sorgen.«
     
»Okay. Tschüß.«
     
»Tschüß.« Sie legte auf. Eine leichte Brise zauste die Blätter vor ihrem Fenster wie Federn.
     
Ein paar feuerrote Ahornblätter trudelten auf den grünen Rasen zwischen die gelben Eichen- und Pappelblätter. Vic öffnete das Fenster und ließ die kühle Luft herein, die erfüllt war vom Geruch des Herbstes. Tante Bunny klagte bitterlich über den Winter und verglich ihn mit dem Tod, aber für Vic enthielt der Winter den Beginn des Lebens. Dieser Beginn war den Blicken verborgen, doch er war da, er wartete.
     
Wer ein College besuchte, war gewissermaßen ein Samenkorn in der winterlichen Erde, dachte Vic. Alle gossen es, düngten den Boden mit Nährstoffen, warteten auf den Sonnenschein. Beim ersten Examen ließ man den ersten Schößling sprießen. Ein dummes Bild hatte sie da im Kopf, lauter Samenkörner, die in Baretten mit schwingenden Quasten von der Bühne marschierten. Ihr kamen oft komische Bilder in den Sinn. Sie fragte sich, ob der Verstand anderer Leute genauso funktionierte. Sie wollte sie nicht fragen, um es herauszufinden.
     
Vielleicht war das Aufbaustudium ein Gewächshaus. Dort konnte man noch ein paar Jahre verweilen, bevor man in die Welt hinaus ging. Noch mußte man nicht mit den Elementen ringen. Früher oder später aber mußte der Mensch außerhalb der Universität überleben. Wenn sie Charly heiratete, würde ihr eine Last von der Seele genommen. Sie würde dorthin gehen, wohin er ging. Seine, nicht ihre Karriere würde im Mittelpunkt stehen. Das machte ihr nichts aus, weil sie im vierten Studienjahr noch immer keinen Drang in die eine oder andere Richtung hatte. Sie wußte nur, daß sie im Freien sein wollte.
     
Und jetzt wußte sie, daß sie Charly nicht heiraten wollte.
     
Vic ging einer emotionalen Erkenntnis nicht aus dem Weg, aber wie die meisten Menschen brauchte sie normalerweise viel länger, um diese Erkenntnis wahrzunehmen. Sie ging achselzuckend über den Druck seitens ihrer Familie wegen der Heirat hinweg. Für ihre Angehörigen schien es ein fait accompli zu sein. Alles war geregelt, bis auf den eigentlichen Antrag, die eigentliche Trauung. In der Vorstellung ihrer Familie war sie schon verheiratet – so schien es ihr zumindest.
     
Wäre Chris nicht aufgetaucht, dann hätte sie Charly vermutlich geheiratet. Es wäre das Richtige gewesen. Sie liebte ihn. Aber irgendwo, irgendwann wäre eine Chris in ihr Leben getreten. Und dann?
     
Trotz der Enge in ihrer Brust, als sie überlegte, was sie zu tun hatte, war sie froh, daß Chris zu keiner anderen Zeit aufgetaucht war. Sie mußte Charly sagen, daß sie ihn nicht heiraten würde; das war vertrackt, da er ihr noch keinen offiziellen Antrag gemacht hatte. Sie mußte ihrer Familie sagen, daß sie nicht heiraten würde und daß sie, wenn sie könnte, Chris heiraten wollte. Sie würde es nicht so direkt formulieren.
     
Wie macht man das? Wie sagt man es den Leuten?
     
Jinx hatte Recht, dachte Vic. Die Leute meinen einen zu kennen. Sie gestalten die Zukunft für einen und sind erschüttert, wenn man die Dreistigkeit besitzt, seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.
     
Vielleicht war das

Weitere Kostenlose Bücher