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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Fuessmann
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würde er andernfalls keine Ruhe geben, bis er die ganze Geschichte erfährt.“
    „Und die wäre?“
    „Ich darf nicht mehr fahren. Zumindest wäre das fahrlässig. Ich habe Krebs und muss starke Medikamente nehmen. Ich denke, damit verstoße ich schon fast gegen das Betäubungsmittelgesetz. Jedenfalls sollte ich mich nicht hinters Steuer setzen.“ Zarah holte tief Luft: „So, damit ist es raus. Sie sind einer der ganz wenigen Menschen, die von meinem Zustand wissen, und ich hoffe, Sie behalten dieses Geheimnis für sich.“
    Volker Lauer verschlug es einen Moment die Sprache. Dann echauffierte er sich: „Aber Charly schätzt Sie sehr. Ich denke, er ist einer Ihrer ältesten Freunde. Wieso grenzen Sie ihn aus? Er muss es einfach erfahren.“ Zarah legte ihm beruhigend ihre Hand auf den Arm: „Keine Aufregung. Er wird es erfahren, aber erst, wenn diese Geschichte hier vorbei ist. Wenn ich früher mit ihm rede, belaste ich ihn nur noch mehr, und er wird außerdem niemals dulden, dass ich trotz meiner Krankheit weiter mitarbeite. Im Gegenteil, er wird sich Vorwürfe machen, dass er mich überhaupt eingeschaltet hat.“
    Lauer riss sich zusammen: „Verzeihung. Vermutlich haben Sie recht. Aber ich darf Sie doch nach Hause fahren, oder?“
    Zarah lachte: „Natürlich. Das ist nett von Ihnen. Vorausgesetzt es bleibt unter uns und Charly außen vor.“
    „Keine Bange. Ich kann schweigen wie das sprichwörtliche Grab. Und ein Beamter im Dezernat für Kapitaldelikte weiß schließlich, wovon er redet, wenn er so etwas behauptet.“
    Zarah lachte, öffnete die Beifahrertür an Volker Lauers Golf GTI und stieg ein. Sie verließen schweigend den Parkplatz des Polizeipräsidiums, schlugen einen kleinen Bogen um die erste Wendemöglichkeit und reihten sich dann nach links in den Verkehr auf der Hohen Straße ein. Es war relativ ruhig, sodass sie zügig in Richtung Innenstadt vorankamen. In rund einer Viertelstunde hatten sie die rote Welle der Ampeln auf dem Wall überwunden und hielten vor dem Haus in der Davidisstraße in dem Zarah wohnte. „Darf ich Ihnen zum Abschied noch eine sehr persönliche Frage stellen?“, fragte Volker Lauer. „Klar, wenn’s nicht zu intim wird“, scherzte Zarah.
    „Nein, es ist nur wegen ihres Namens und weil Charly es auch nicht wusste: Sind Sie eigentlich Jüdin?“
    „Nein, bin ich nicht. Trotz meines zugegebenermaßen jüdisch anmutenden Nachnamens. Jüdin wäre ich nach jüdischer Tradition nur, wenn meine Mutter diesem Glauben angehört hätte. Dass mein Vater Jude war, tut nichts zur Sache. Von ihm ist mir übrigens nichts geblieben, nicht einmal der Nachname, den ich trage. Er klingt zwar jüdisch. Ich habe ihn aber von einer Nichtjüdin übernommen - nämlich von meiner Mutter.“
    „Okay. Charly meinte, Sie hätten ohnedies zu Ihrem Erzeuger keinerlei Beziehung.“
    Zarah lachte: „Ach, ich verstehe. Er hat Ihnen die Nur-nicht-aus-Liebe-weinen-Version und die Geschichte mit Zarah Leander erzählt. Gut erfunden, nicht wahr?“
    „Entschuldigung, haben Sie ihn etwa verkohlt?“
    „Nein. Ich habe ja selbst daran geglaubt und werde meiner Mutter diese Sache nie verzeihen können.“
    „Weil sie diese Geschichte erfunden hat?“
    „Ja. Und weil sie mir damit meinen Vater genommen und ihm schweres Unrecht angetan hat. Aber wenn Sie das interessiert und Sie Lust haben, kommen Sie doch noch auf einen Kaffee mit zu mir ’rauf. Dann erzähl ich Ihnen alles.“
    Volker Lauer war viel zu verblüfft, um mit Hinblick auf den späten Abend die Einladung abzulehnen. Und so saß er denn wenige Minuten später in einem bequemen Rattansessel in Zarahs Küche und hörte der Psychiaterin zu, die gleichzeitig erzählte und an der Kaffeemaschine herumwerkelte.
    Zarahs Vater war, wie Lauer schon aus den Vorbemerkungen entnommen hatte, Jude. Ein Umstand, der vor Hitlers Machtergreifung in Deutschland für die meisten Menschen keine Rolle spielte. So auch nicht für Zarahs Mutter. Als die jedoch 1937 schwanger wurde, begann just jene schreckliche Zeit, in der die Beziehung eines Juden zu einer arischen Frau politisch brisant zu werden begann. Darum beschlossen beide, sich aus Sicherheitsgründen zumindest pro forma zu trennen. „Man glaubte ja damals wohl, der Spuk könne nicht lang dauern“, erklärte Zarah.
    Aber der Spuk dauerte zwölf Jahre. Und in dieser Zeit wurde Zarah geboren. Ihre Mutter gab bei den Behörden an, der Kindsvater habe sie verlassen und nie wieder etwas von sich hören

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