Almuric
aufbrachen. Wir machten einen weiten Bogen um die Dämonenstadt, aus der wir letzte Nacht entkommen waren. Schon morgens war es ungewöhnlich heiß, und die Sonne stach, obwohl sie noch tief stand. Die Luft war stickig und schwül, der leichte Morgenwind hatte nach einigen schwachen Seufzern bald ganz aufgehört. Der ewig wolkenlose Himmel färbte sich vom Horizont her kupfern. Altha musterte diesen ungewöhnlichen Himmel besorgt, und auf meine Frage meinte sie, dass ein Sturm käme. Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass auf diesem Planeten das Wetter immer wolkenlos und warm war in der Ebene, und ebenso wolkenlos, aber windig und kalt in den Hügeln, dass ich mit der Möglichkeit eines Unwetters nicht gerechnet hatte.
Auch die Tiere waren unruhig. Wir zogen am Rande des Waldes entlang – ein ziemlicher Umweg, aber Altha weigerte sich, den dunklen Dschungel zu betreten, solange ein Sturm drohte. Wie jeder Bewohner der offenen Steppe besaß sie ein tiefeingewurzeltes Misstrauen gegen den dichten Wald. So wanderten wir über den welligen Grasboden und sahen in der Ferne Tierherden sich zusammenballen und wieder panikartig auseinanderströmen. Ein paar Springschweine überholten uns mit eiligen Zehnmetersätzen; ein Löwe tauchte vor uns aus dem Gras, brüllte erregt und verzog sich.
Ich hielt die ganze Zeit Ausschau nach Wolken – aber es kamen keine. Nur nach und nach vertiefte sich der Kupferton des Horizonts, wurde zu stumpfer Bronze, die den ganzen Himmel überzog, und dann zu schwarz. Kurz brannte die Sonne noch als matter weißer Fleck hinter dem schwarzen Schleier, und erlosch dann wie eine abgebrannte Fackel, als das Schwarz sich vertiefte. Und dann stürzte die Finsternis vom Himmel herab, wirbelte in riesigen, wie von einem lautlosen Sturm getriebenen Fetzen über die Erde und hüllte alles in ihren undurchdringlichen schwarzen Mantel. Wir waren blind in diesem lichtlosen Chaos, und nur die Berührung unserer Körper sagte uns, dass wir noch lebten.
Bevor es ganz finster geworden war, hatte ich mich umgesehen und in der Nahe einige Felsblöcke entdeckt, Findlinge, wie sie überall in den Grasebenen vorkommen. Auf diese tasteten wir uns nun vorsichtig zu – mir war nämlich nicht wohl bei diesem blinden Umhertappen, wir hätten in einen Fluss fallen oder einem Raubtier in den Rachen laufen können in dieser Finsternis –, und als meine ausgestreckte Hand endlich auf eine raue Oberfläche stieß, atmete ich erleichtert auf. Ich schob Altha gegen den Felsen und versuchte sie mit meinem Körper so gut wie möglich zu schützen.
Die atemlose Stille ringsum wurde immer wieder von mannigfaltigen Geräuschen unterbrochen – dem Getrampel von Hufen, unheimlichen Schreien und heiserem Gebrüll. Einmal donnerte eine Herde knapp an uns vorbei, und ich war dankbar für den Schutz der Steinblöcke, ohne die wir zertrampelt worden wären. Plötzlich erhob sich ein dämonisches Heulen, das von allen Seiten zugleich zu kommen schien.
»Was ist das?« fragte ich unruhig.
»Der Wind!« Altha drückte sich bebend enger an mich.
Der Sturm wehte nicht gleichmäßig stark, fegte vielmehr in wahnwitzigen Stößen über den Boden, heulte wie tausend verlorene Seelen, drosch mit prasselnden Böen hierhin und dorthin und traf plötzlich auch uns – wie von einer Riesenhand wurden wir gegen den Felsen geschleudert.
Als wir uns in einer kurzen Sturmpause wieder auf die Füße kämpften, erstarrte ich in der Bewegung. Irgend etwas zog an unserem Unterschlupf vorbei, ein lebendiges Gebirge, unter dessen Tritten die Erde bebte. Altha klammerte sich entsetzt an mich, und ich fühlte das panische Hämmern ihres Herzens. Unerklärliche Furcht ergriff auch mich – jetzt war das Ding ganz nahe, verhielt, schien uns zu bemerken. Ein schlürfender Ton, wie wenn Leder gegen Stein reibt – und etwas bewegte sich über uns, berührte mich plötzlich am Ellbogen, streifte Althas nackten Arm. Sie schrie auf, nicht mehr fähig, ihr Entsetzen zu beherrschen.
Im gleichen Augenblick dröhnte über uns ein wütendes Brüllen auf, und ich hörte das Zuschnappen eines gigantischen Rachens. Blind stieß ich meine Waffe nach oben, fühlte, wie das Schwert in lebendiges Fleisch eindrang. Eine warme, scharf riechende Flüssigkeit spritzte über meinen Arm, und wieder brüllte das unsichtbare Ungeheuer, diesmal vor Schmerz, und wälzte sich fort. Noch lange zitterte der Grund unter uns.
»Was bei allen Göttern war das?« keuchte ich.
Ihr
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