Alpengold (German Edition)
streicheln. Er strahlte sie an und wollte etwas sagen, doch Tina wandte sich bereits ab und schwang sich den schweren Rucksack auf den Rücken.
„Na los, gehen wir zum Camp zurück.“
Er fragte sich, was er eben in Tinas Augen gesehen hatte. Da war etwas aufgeblitzt ... Zuerst war es Freude über ihr Finderglück gewesen, dann sprang ein Funke Zuneigung zu ihm über, der rasch wieder verlosch und etwas anderem Platz machte. Jens glaubte, Gier und Unsicherheit erkannt zu haben, auch Trauer, aber er war kein Experte, was Blickdeutungen anging und sicher interpretierte er viel zu viel in den raschen Moment, in dem Tina ihn ansah.
Er fragte: „Wie lange sind wir hergelaufen?“
„Gute zwei Stunden“, antwortete Mark. „Bis wir zurück sind, ist es fünf. Wir sollten, wenn wir im Camp sind, die Tageshelligkeit ausnutzen, um unsere Schätze zu sichten und von überflüssigem Gestein zu trennen, damit wir nicht so viel unnützen Ballast mit nach Hause nehmen.
Jens stöhnte und Sandra stimmte mit ein.
„Na, ein Zuckerschlecken ist das hier nicht, was wir veranstalten. Wer reich sein will, muss vorher leiden.“ Stefan übernahm die Führung.
Jeder schleppte jetzt einen vollen Rucksack auf dem Rücken. Der Weg erschien Jens endlos, der schwere Rucksack scheuerte auf den Schultern und seine Wasserflasche war längst leer. Die Schuhe zogen seine Füße nach unten zum Boden und ließen sich kaum noch anheben, mehrmals strauchelte er, wenn Steine unter den Sohlen wegrollten. Verbissen kämpfte er sich weiter und redete sich ein, wenn sie erst wieder im Wald waren, auf dem weichen Boden leichter voran zu kommen. Vor Tina wollte er sich keine Blöße geben.
Als sie ihr Camp erreichten, erfrischten sie sich im See und wuschen sich. Nur Stefan tauchte völlig in das eisige Nass ein und prustete laut. Er behauptete, schon zum Eisbaden am Orankesee gewesen zu sein. Sandra warnte ihn, es nicht zu übertreiben und sich gut abzutrocknen. In der kalten Luft könne er sich leicht den Tod holen, doch Stefan lachte nur und spritzte ausgelassen mit Wasser.
Mark drängte darauf, soviel wie möglich wertlosen Quarz und Glimmer vom Gold abzuschlagen. Jens war völlig fertig und musste sich erst einmal ausruhen. Sandra und Tina kümmerten sich zuerst um das Abendessen, ihnen allen knurrte der Magen. Hastig und ungeduldig wurden Brot; Wurst und der Rest Käse verschlungen, dann begutachteten sie ihre Schätze.
Wie Mark vorgeschlagen hatte, wollten sie so viel taubes Gestein wie möglich vom Gold trennen, um nicht unnötiges Gewicht nach Berlin mitzunehmen. Zum Arbeiten kamen sie allerdings erst einmal nicht, da jeder die Stücke, die er in die Hand nahm, bewunderte.
„Sieh dir diese Bergkristalle an“, Stefan hielt Mark eine Stufe hin. „Die sind wunderbar klar, keine Trübung oder Einschlüsse; fantastisch!"
Mark nickte und lachte.
Sandra verschwand kurz im Zelt und kam mit einem Packen Zeitungen zurück. Jetzt zeigte sich, dass sie als Einzige weitergedacht und etwas zum schonenden Einwickeln mitgenommen hatte. „Wenn ihr Kerle uns Frauen nicht hättet“, sie blinzelte Tina zu, die jedoch nur Augen für das Gold hatte. Aber sie lächelte dabei, ein schöner Anblick.
„Wow“, Mark zeigte einen Brocken hoch, auf dem exakte gelbmetallische Kristallwürfel saßen, so groß wie seine Fingernägel. „Ist zwar nur Pyrit, aber die Würfel sind super ausgebildet, was?“
Sandra machte „Hm“. Sie blies Staub von einem violetten Stück. „Maahn“, maulte sie. „Guckt mal, so schöne Amethystkristalle. Leider sind die Spitzen kaputt. Ich fand mehrere solcher Stufen am Boden, wo sie beim Herunterfallen mit den Kristallenden aufgekommen sein müssen und sie beschädigt haben, schade.“
„Ärgere dich nicht. Hier“, Mark warf ihr einen Quarzbrocken hin, der zur Hälfte aus Gold bestand. „Wahnsinn, was? Ich dreh‘ gleich durch, wir sind tatsächlich reich!“
„Du sammelst doch am Intensivsten von uns Minerale. Hier, was ist das?“, Jens reichte Sandra ein Stück. „Da sind abgerundete schwarze Kristalle drauf.“
„Danke. Oh, schön, das könnte Magnetit sein.“
„Wir entdecken sicher noch verschiedene Minerale, wenn wir zurück sind und unsere Schätze in Ruhe durchgehen“, meinte Mark. „In den Alpen findet man oft Topase, Turmalin und Granat.“
„Ich sehe nur noch gelb“, sagte Tina doch noch etwas. „Sind Euroscheine mit einer Zweihundert drauf nicht auch gelb? Ich hatte noch nie einen in der
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