Alpengold (German Edition)
Geschmack im Mund war auch verschwunden.
Sie wurden sich einig und Tina blieb zurück, um ihre Funde zu bewachen und in der Nähe Holz zu suchen. Mark, Stefan, Sandra und Jens schnallten sich die fast leeren Rucksäcke um und zogen los. Schweigend tappten sie einer hinter dem anderen her und hatten keinen Blick mehr für die Schönheit der Bergwelt übrig. Der Weg zur Mine kam ihnen diesmal kürzer vor.
Sandra holte tief Luft, dann begaben sie sich, mit frischen Batterien in den Taschenlampen, erneut in das dunkle Innere des Berges. Sie riss sich zusammen, um in der finsteren Enge des Stollens nicht panisch zu werden und verdrängte den Gedanken an die vielen Tonnen Gestein über ihnen. Sie dachte an eine Menge Geld und was sie alles damit machen konnte und sie dachte an ihren Traum.
Diesmal arbeiteten sie routiniert und sammelten zügig alles ein, was nach Gold aussah. Jens ächzte und stöhnte, ihm tat alles weh, aber er biss sich durch. Stefan hustete einige Male und schneuzte sich, verbissen hämmerte er gegen das glitzernde Gestein. Quarzsplitter flogen nach allen Seiten und sie mussten aufpassen, kein Bruchstück mit messerscharfen Kanten ins Gesicht oder gar ins Auge zu bekommen. Stefan ließ sich bald von Mark ablösen und verschnaufte. Der Schweiß floss ihm in Strömen über das Gesicht. Jens vermutete, dass ihm das Bad im eiskalten See nicht bekommen war.
Sandra durchwühlte wie schon am Tag vorher die Trümmer am Boden und füllte die Rucksäcke. Mit Mühe bekamen sie sie voll, dann war alles goldhaltige Gestein gesammelt. Es gab zwar noch gelbliche Flecken im Gestein der Wand, aber um es herauszubrechen, hätten sie eher Presslufthämmer oder Dynamit gebraucht.
Eisiger Nieselregen schlug ihnen am Ausgang ins Gesicht. Aschgraue Wolken verhüllten die Berge und streiften beinahe die Baumwipfel. Es herrschte ein Dämmerlicht, als wäre es schon später Abend.
„Schei …benkleister“, maulte Sandra und verzog das Gesicht. Sie zogen die Kragen ihrer Jacken vor Mund und Nase und stapften los. Von Euphorie war keine Spur mehr vorhanden. Eher kamen sie sich nun vor wie Minenarbeiter, die nach einer Zehnstundenschicht ins trostlose Wohncontainerlager zurückkehrten, wo sie unter der Woche fern der Familie hausten, um Fahrkosten zu sparen.
In der nassen Kälte erschien der Rückweg gleich noch beschwerlicher. Kaum waren sie ein Stück gelaufen, peitschte ein Knall durch die Luft, brach sich am Felsmassiv und rollte als Donner zurück. Sie erstarrten und drehten die Köpfe. Mark brachte es auf den Punkt: „Das war ein Schuss!“
Stefan nickte. „Aus welcher Richtung er kam, ist unklar, vom Wald, vom Tal ...“
Sandra griff nach Marks Hand und schaute sich voller Angst um. Er drückte beruhigend ihre kalten Finger.
Jens erblasste unter der Staub- und Schweißschicht. „War das ein Jäger?“, murmelte er.
Mark atmete auf. „Mensch, na klar. Die Leute hier jagen doch sicherlich, was ihnen vor die Flinte kommt. Der nächste Supermarkt ist ja nicht um die Ecke.“
Sandra entspannte sich sichtlich. „Na hoffentlich habt ihr recht. Da hat er sich aber ein Scheißwetter ausgesucht. Na, genau wie wir. Kommt weiter, ich will zurück und ans warme Feuer. Hat jemand Teebeutel mitgebracht?“
„Nee und der Fusel ist auch alle.“ Stefan schüttelte sich und nieste zweimal.
Sie sahen sich jetzt öfter um und vermieden es, laute Geräusche zu machen. Am Camp angekommen, rief Stefan: „Juhu, geschafft! Tina, wir sind zurück!“ Er musste husten.
Tina antwortete nicht und war nirgends zu sehen. Sandra rief laut: „Tina!“
Jens ließ stöhnend den Rucksack fallen. „Wo steckt sie denn? Ist sie gerade Holz sammeln oder pisst sie hinter einen Busch? Der Nieselregen hat ja nachgelassen, vielleicht nutzt sie die Gelegenheit.“ Er wollte nur noch ausruhen, trinken, sitzen.
Stefan grölte wieder: „Tinaaa!“
Mark hob die Hände. „Sei lieber nicht so laut, wir wollen doch jetzt nicht noch die Aufmerksamkeit von falschen Leuten wecken ...“
„Wenn du meinst“, Sandra lief in Richtung Zelt. Stefan überholte sie und verschwand als Erster darin.
Jens musterte den Wald und fühlte erneut ein beklemmendes Gefühl. Irgendetwas war hier nicht geheuer. Er mochte hier nicht mehr sein und würde drei Kreuze machen, wenn es endlich wieder heim ging, so sehr er auch mit den anderen zusammensein wollte.
Marks Blick streifte den Passat. Er stutzte. Stand die Motorhaube nicht einen Spalt offen? Oder? Es sah
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