Alpengold (German Edition)
und zog Rotz hoch.
Jens überlegte. „Wir sollten zusammenbleiben und Tina suchen. Aber das Gold muss weg, es ist zu schwer und behindert uns nur. Wir vergraben es vorher, nur muss es schnell gehen.“
Mark sah betreten zu Boden, dann schaute er Jens an, der plötzlich über sich hinauswuchs und das Kommando übernahm und sein Blick änderte sich, zeigte Anerkennung. Mit leiser Stimme sagte er: „Wir brauchen Tina nicht suchen, wir finden sie nicht. Wer immer das Gold hat, hat auch sie verschleppt.“
Jens warf ihm einen wilden Blick zu, gab ihm aber insgeheim recht. Behutsam zog er Sandra, die leise weinte, in die Ecke des Zeltes, in der ihre Sachen lagen. Sie zogen sich trockene Kleidung an und streiften die Regenjacken über, die sie vorsorglich mitgenommen hatten.
„Ich muss schnell was essen und trinken“, sagte Jens entschuldigend. Sie verschlangen Fitnessriegel und schnappten sich die Rucksäcke mit dem Gold und schleppten sie zwischen die Bäume. Dabei sahen sie sich immer wieder um, als erwarteten sie, dass gleich eine Horde bis an die Zähne bewaffnete bärtige Kerle auftauchte, um sie kalt zu machen. Mühsam verscharrten sie die Rucksäcke oberflächlich und bedeckten sie mit Ästen und Zweigen. Jens trieb immer wieder zur Eile an.
„Wenn man uns beobachtet, ist das hier sowieso egal“, meinte Mark. „Gehen wir den Weg zurück oder querfeldein ins Tal zur Pension?“
Sie schauten in Richtung der Pension, konnten bei dem trüben Nieselregen aber keine hundert Meter weit sehen.
„Wie spät ist es?“, fragte Sandra.
Stefan schaute auf die Uhr und hustete. „Nach halb vier. Ich glaube, ich kriege Fieber.“
„Oh Mann, das nicht auch noch“, Mark stöhnte.
„Das ist nebensächlich“, sprach Jens mit harter Stimme. „Tina geht es sicher schlechter.“
Sandra warf ihm einen Blick zu und fragte weiter: „Wie weit sind wir mit dem Auto von der Pension gefahren?“
„Hm“, Mark überlegte. „Etwa vierzehn Kilometer, eher sechzehn.“
Jens griff sich an den Kopf. Er war jetzt schon fix und fertig vom Marsch von der Mine bis ins Camp. „Das sind drei, vier, im Gebirge fünf Stunden zu laufen, das schaffen wir nicht mehr im Hellen. Noch eine Nacht hierbleiben und auf Morgen warten können wir nicht, wir wissen nicht, was mit Tina ist, ob sie verletzt ist. Außerdem könnte uns der Entführer in der Nacht abschlachten.“
Seine Hand zitterte, als er sich Nässe aus dem Gesicht strich. „Der Weg ist sicherer, als in der Gegend herumzuirren, auch wenn er länger ist. Los, kommt, Tina braucht uns!“
Sie liefen los, den Weg durch den Wald zurück, den sie mit dem Auto gekommen waren. Zwischen den Bäumen nieselte es weniger, dafür war es nebliger und dunkler.
Nach einer halben Stunde betrug die Sicht kaum noch dreißig Meter und die Feuchtigkeit fraß sich durch die Kleidung. Stefan schniefte und schnaufte, Jens taumelte, hielt sich aber eisern aufrecht. Sandra weinte vor sich hin und Mark stapfte verbissen und mit wütendem Gesicht voran.
Es wurde dunkler und die Sichtweite verringerte sich weiter. Die Baumkronen sahen aus wie tote graue Riesenskelette, zwischen denen Nebelfetzen wie Gespenster dahinschwebten. Jens, der jetzt den Trupp anführte, stoppte plötzlich und zeigte voraus. Der Weg beschrieb einen leichten Bogen nach rechts und aus dem Nebel, der in Wirklichkeit tief hängende Wolken waren, schälte sich ein weißgrauer Fleck.
„Was ist das?“, fragte Sandra.
„Hm“, machte Jens und ging langsam weiter. Plötzlich blieb er erneut stehen und rief: „Ein Auto, ein Pickup! Freund oder Feind? Wir gehen hin, was sollen wir sonst machen. Der Fahrer kann uns zur Pension oder gleich zur Polizei fahren oder wenigstens einen von uns. Mich macht nur stutzig, dass er einfach so dasteht. Also los und passt auf!“
Der Pickup, ein Ford, stand in Fahrtrichtung zu ihnen. Erst unmittelbar bevor sie den Wagen erreichten, sahen sie den Fahrer. Er hatte den Kopf nach hinten an die Kopfstütze gelegt und schien zu schlafen. Mitten auf dem Weg?
„Da stimmt was nicht!“, rief Mark. Sein Blick fiel auf die Motorhaube, die einen Spalt offen stand. Er bedeutete Stefan, der sich mit Sandra im Hintergrund hielt und krampfhaft versuchte, nicht zu husten, zurückzubleiben.
Jens warf einen Blick durch die leicht beschlagene Seitenscheibe und öffnete die Fahrertür. „Hallo? Entschuldigung ...“, begann er, unterbrach sich aber sofort, als er den Fahrer jetzt deutlich sah und stieß einen
Weitere Kostenlose Bücher