Alpengrollen: Kriminalroman
Das ist ein Skandal! Da können Sie noch so sehr versuchen, mich hier einzuseifen!«, platzte es aus ihm heraus. »Ich habe bei Ihnen ein Zimmer bestellt. Bereits letztes Jahr. Und dieses Zimmer möchte ich beziehen. Und zwar pronto. Sonst stehe ich ganz schnell vor Ihrem Bürgermeister im Rathaus und fordere den auf, mit Ihnen zu verhandeln. Haben wir uns verstanden, guter Mann?« Vergiss deine Baldriantropfen, vergiss deine Gesundheit, dachte er. Du regst dich zu Recht auf.
»Bitte, Herr Raintaler. So beruhigen Sie sich doch.« Herr Huber hob beschwichtigend seine tadellos manikürten Hände.
»Ich will mich aber nicht beruhigen!«, tobte Max mit hochrotem Kopf. »Ich will mein Zimmer. Selbst wenn ich erst abends einchecke. Das gibt es ja auf der ganzen Welt nicht, dass man schon am Nachmittag kommen muss. Ihr habt doch einen Vogel da herrinnen! Aber einen sauberen! Ich glaube, ich spinne!«
Er kriegte sich nicht mehr ein. Das Fass, dessen Pegel bereits durch die unguten Begebenheiten auf der Anfahrt beträchtlich angestiegen war, lief endgültig über. »Das ist doch alles bloß ein einziger Scheißdreck hier!«, brüllte er weiter und schlug jetzt doch auf den Tresen.
Mit der flachen Hand allerdings. Nicht, wie im ersten Impuls vorgesehen, mit der Faust. Und zwar aus reinen Vernunftgründen. Dass er sich zu all dem Ärger auch noch verletzte, hätte ihm gerade noch gefehlt. »Da kann ich ja genauso gut wieder heimfahren! Scheißkitzbühel! Scheißberge! Scheiß … Wellness!«
»Nun ist es aber wieder gut, Herr Raintaler. Was sollen denn unsere anderen Gäste denken?« Der schmierige Hoteleigner Huber zupfte fahrig seinen Krawattenknoten zurecht. »Außerdem hilft uns Ihr Gepolter auch nicht weiter«, fuhr er dann fort. »Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Ich kann mich nur vielmals entschuldigen und Ihnen, wie gesagt, diesen Skipass hier als Entschädigung anbieten. Und meine Schwägerin würde ich außerdem für Sie anrufen. Außerdem ist der Bürgermeister ein alter Schulfreund von mir. Ich bezweifle sehr, dass Sie bei dem in Ihrer Angelegenheit viel erreichen. Wie schaut es aus? Soll ich nun telefonieren oder nicht?«
Er hinterließ auf einmal gar keinen verbindlichen Eindruck mehr. Im Gegenteil. Jetzt zeigte er sein wahres Gesicht, indem er Max nur kalt und ungerührt in die Augen blickte. Dem war inzwischen vor lauter Ärger die Luft ausgegangen. Er zwang sich, gleichmäßig ein- und auszuatmen. Und kam schließlich wieder etwas runter.
»Na gut, rufen Sie an. Und den Skipass nehme ich. Aber das hat noch ein Nachspiel. Das verspreche ich Ihnen, guter Mann. Weil ganz auf der Brennsuppe dahergeschwommen sind wir bei der Münchener Polizei auch nicht. Das dürfen Sie mir ruhig glauben.«
Der feine Herr Huber hörte das Wort Polizei, zuckte kurz unmerklich zusammen und blickte sofort wieder ein Stück respektvoller drein. Max’ geschultem Auge blieb das natürlich nicht verborgen.
Als er wieder draußen im Auto saß, atmete er erneut ein paar Mal tief durch. Um den Blutdruck weiter herunterzufahren. Der Einzige, dem deine Aufregung schadet, bist nur du selbst, rief er sich zur Ordnung. Dann betrachtete er den Skipass noch einmal genauer, um nachzuprüfen, ob er in Ordnung war. Man wusste ja nie. Eigentlich gar nicht mal so schlecht. Wenn man bedachte, was man an der Liftkasse für den Spaß hinlegte. Außerdem hatte ihm der pseudovornehme Wellnesstempel sowieso nicht gefallen. Alles viel zu großkotzig und zu spießig für seinen Geschmack. Und unter den sogenannten noblen Gästen hier hätte er sich bestimmt nicht wohlgefühlt. Und dann noch ein übergewichtiger Chef und Wellness? Das passte doch überhaupt nicht zusammen. Oder? Na, hoffentlich war das wenigstens ein nettes Zimmer bei der Schwester des schleimigen Gauners. Dann wäre ja fast schon wieder alles in Ordnung. Billig wohnen und umsonst Ski fahren. Da könnte man ja sogar bald den nächsten Urlaub planen.
Er drehte den Zündschlüssel herum und erstarrte. Das ist jetzt aber nicht wahr. Wieso springt denn die alte Karre auf einmal gar nicht mehr an? Hat sich denn alles gegen mich verschworen? Ich glaube, ich raste gleich voll aus. Er nahm noch eine halbe Blutdrucktablette, ging dann zu einem Taxifahrer, der an dem Stand vor dem Hotel auf Kundschaft wartete, und fragte ihn beherrscht freundlich, ob er ihm kurz schieben helfen könne.
»Logisch«, entgegnete der mit einem breiten Grinsen. »Für 20 Euro machen wir doch fast
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