Alpengrollen: Kriminalroman
Freundin da hinten auf mich. Und reißt euch bloß zusammen, sonst komme ich wieder. Okay?« Er musterte sie noch einmal mit einem besonders langen mahnenden Blick.
»Jawohl, Herr General. Wird gemacht.« Der stramme Zinnsoldat salutierte und versuchte, die Hacken zusammenzuschlagen. Dabei verfehlte sein rechter Fuß knapp den linken und er stürzte schwungvoll auf die Tanzfläche. Seine Frau oder Freundin, die die ganze Zeit über neben ihm gestanden hatte, riss er dabei genauso mit zu Boden wie den tapferen Indianer aus dem hohen Norden.
Max betrachtete das fluchende Knäuel aus Köpfen, Beinen und Armen eine Weile lang kopfschüttelnd. Dann half er ihnen auf und ging mit den Drinks in der Hand zu seinem Tisch zurück.
»Was war denn da los?«, wollte Johanna wissen, als er wieder neben ihr Platz genommen hatte.
»Ach, nichts Besonderes. Nur zwei Gleichgesinnte aus verschiedenen Lagern.«
»Wie bitte?«
»Zwei Blödmänner wollten sich prügeln und ich habe es ihnen ausgeredet. Das war schon alles, Johanna. Nicht so wichtig. Fasching eben.« Er schob ihr lächelnd ihr Glas hin. Sie prosteten ihren Tischnachbarn zu und tranken und feierten mit. Was hätten sie auch sonst tun sollen? Hein war gerade dabei, ihnen zu erklären, warum die kleinen Nordseekrabben zum Pulen nach Marokko geschickt wurden, um danach wieder mit dem Flieger nach Deutschland zurückzukommen, wo sie dann in den Verkauf gelangten, als Maria mit einer Magnumflasche Champagner vor ihnen auftauchte.
»Hallo, Max«, lispelte sie mit einem nicht mehr ganz leichten Silberblick in seine Richtung. »Ich möchte mich bei dir bedanken. Wer weiß, was passiert wäre, wenn du die beiden Streithansel nicht zur Ruhe gebracht hättest.« Sie kippte unfreiwillig leicht vornüber und nutzte die günstige Gelegenheit gleich mal, um die riesige Pulle auf dem Tisch abzustellen. »Übrigens«, fuhr sie dann fort, »die Mutter von dem Mädel, das du suchst, hat angerufen, bevor ihr reingekommen seid.«
»Und das sagst du mir erst jetzt?«
»Tut mir leid. Mein Gedächtnis ist momentan nicht so gut.« Sie stützte sich mit der linken Hand auf seiner Schulter ab und tippte sich grinsend mit dem rechten Zeigefinger gegen die Stirn.
»Egal. Passt schon, Maria. Ich wollte sie sowieso morgen Vormittag anrufen. Heute ist es zu spät. Sie schläft bestimmt schon.«
»Na, wunderbar. Dann kannst du ja noch was trinken.«
»Aber das mit dem Sekt braucht es doch nicht, Maria. Ich habe doch gerne geholfen.«
»Trotzdem danke. Lasst es euch schmecken. Wie viele Gläser soll ich bringen? Vier?«
»Ja, gut. Also, wenn schon, dann vier. Oder?« Max sah seine holländische Fee vom Deich und das kleine Ehepaar aus Hamburg fragend an.
»Okay«, meinte Johanna.
»Wir sind dabei«, versicherte der bissige Clown Hein. »Stimmt’s, Häschen?«
Rita nickte nur und lächelte sanft.
15
»Raintaler!«
»Max?«
»Ja, am Apparat!«
»Anneliese hier. Ich konnte dich gestern den ganzen Tag nicht erreichen. Ich hatte schon Angst, dass dir was passiert ist. Warum war denn dein Handy nicht eingeschaltet? Hast du schon etwas von Sabine gehört? Gibt es was Neues?«
»Sabine?« Max wusste im Moment weder, wo er war, noch, was die Stimme am Telefon von ihm wollte. Und eine Sabine kannte er schon gleich gar nicht. Er war bis vor einer Sekunde noch im wilden Kurdistan unterwegs gewesen und hatte einen Kameldieb verfolgt. Tagelang hatte die Jagd schon gedauert. Sein Durst war nicht mehr auszuhalten gewesen. Sein Hals trocken wie die Wüste selbst. Und gerade dann, als er den wunderbaren glasklaren See inmitten einer wunderschönen Oase entdeckt hatte, wurde er von diesem merkwürdigen Geräusch geweckt. Dem neuen Klingelton seines Handys. Dem Beginn von Beethovens Fünfter.
»Max? Bist du das auch wirklich?«
»Ja, ja, ich bin’s … Anneliese?« Er rieb sich die Augen.
»Ja. Ich bin es auch.«
»Entschuldige. Ich habe gerade noch geschlafen.« Irgendwann werde ich schon aufwachen, dachte er. Es kann sich nur noch um Sekunden handeln.
»Um ein Uhr mittags?«, fragte sie. Ihre Stimme hörte sich entsetzt und erstaunt zugleich an.
»Was?«
»Es ist ein Uhr. Ich rufe jetzt schon das fünfte Mal an. Hast du dein Handy denn nicht gehört? Was ist denn nur los bei euch da unten?«
»Äh, was? … Ach so. Fasching.« Max stöhnte auf, während er seinen Kopf zur Seite drehte, um Johanna nicht zu stören. Er verspürte dabei einen schmerzhaften Stich in der rechten Schläfe, den
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