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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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wenn jetzt noch einer kommt und sich das Haus anschaut, rufen wir die Polizei. Uns wird das langsam zu verdächtig.« Seine käseweißen Beine ragten aus seinen kurzen Hosen, eine Bremse setzte sich zwischen zwei blau hervorschimmernde Adern und saugte die erste Blutmahlzeit des Tages, die Socken ringelten sich zwischen den Lederriemen der Sandalen. »Und jetzt sind Sie selbst gekommen? Was stimmt denn da nicht mit dem Lugner? Sind wir auch in Gefahr?«
    »Was ist denn Auffälliges passiert da drüben, dass Sie uns rufen wollten?«, bohrte Tanja.
    »Da kommen dauernd Leute mit Autos und streichen um das Anwesen herum und dann fahren sie wieder, keine Ahnung, was das soll. Gerade vorhin ist ein Mercedes eine Weile vor dem Haus gestanden. Meine Frau hat niemanden gesehen. Ich auch nicht, obwohl wir lange aus dem Fenster geschaut haben. Ich wollte rübergehen, wir sind zuerst zum Einkaufen und wie wir wieder da waren und ich rüber wollte, war das Auto weg. Damit hat sich’s erledigt gehabt.«
    »Besitzen Sie einen Schlüssel?«
    »Mit dem Doktor Lugner haben wir kein so herzliches Verhältnis. Der hat sich nicht so am Dorfleben beteiligt. Seine Patienten haben uns ständig die Straße zugeparkt. Wie ich mich mal beschweren wollte, ist er ganz patzig geworden und hat mich einen Dorfdeppen geheißen. Einmal hat er mir die Polizei geschickt, weil ich angeblich in der Nachtruhe den Rasen gemäht habe. Meine Frau hat daraufhin den Anwalt einen Brief schreiben lassen. Seitdem reden wir nicht mehr. Sein Anwalt schreibt auch. Soll ich Ihnen die Briefe zeigen? Sie kennen sich vielleicht auch ein bisschen damit aus.«
    Aus dem Haus schrie die Frau: »Hans? Kommst du wieder rein?«
    »Schatz! Das ist die Polizei.«
    Polizei lockte sie aus dem Hausinnern. »Hat er was angestellt?«
    »Ihr Mann? Nein.«
    »Ich meine den schönen Herrn Nachbar. Haben Sie ihn endlich?«
    »Liebling du hast nicht gehört, wovon wir gesprochen haben.«
    »Na, deswegen frage ich.«
    Trimalchio wurde aufmerksam: »Ist Ihnen was aufgefallen in letzter Zeit? Hat sich da was verändert an Ihrem Nachbarn?«
    »Erstens die Hunde, der hat in der letzten Zeit immer mehr Hunde im Garten gehabt. Wir haben gedacht, der züchtet die. Beschwert haben sich die Landwirte, nachts hat er sie über die Wiesen springen lassen, weil er gedacht hat, dann sieht sie keiner, die Köter, aber die haben geschissen. Die Landwirte können das Gras nicht verfüttern, wenn da ein Hund drauf gemacht hat. Da hätten Sie den Lugner hören sollen, wie er getobt hat, wenn man ihn darauf aufmerksam gemacht hat. Ich habe es mitbekommen von hier. Von unseren Bauern war keiner unhöflich. Einmal hat er sogar einen Hund losgelassen. Da haben wir die Polizei geholt, hat aber nichts geholfen, weil der Hund nicht gebissen hat, bellen darf er, wenn es nicht mehr als eine halbe Stunde am Tag ist. Hätten Sie ein Glas Johannisbeersaft gewollt? Machen wir selbst.«
    Tanja und Trimalchio nahmen an. Sie saßen im Garten unter einem Sonnenschirm und hatten dieselbe prächtige Landschaft vor sich wie von Nachbars Balkon aus, nur ohne Hecke, die die Sicht versperrte.
    »Herrlich«, lobte Trimalchio den Garten. »Ist das ein Birnbaum?«
    »Eine Spezialsorte«, erläuterte der Nachbar. »Die Früchte haben einen hohen Zuckergehalt, das gibt einen feinen Most, den brenne ich dann.«
    Die Frau stieß ihm ihren Ellenbogen in die Seite. »Das ist doch illegal, das darfst du der Polizei nicht verraten, was du im Keller hast.«
    Trimalchio lachte auf. »Auf dem Land hat wohl jeder eine Leiche im Keller.«
    »Wollen Sie einen Schnaps versuchen?«, bot der Schnapsbrenner an.
    Tanja war unsicher, Trimalchio war gleich bereit, Tanja gab nach. Die Frau brachte vier Gläser und eine Grappaflasche. »In die füllen wir ihn ein, das ist kein Grappa.«
    »Feiner Schnaps, sehr mild, feine Birne«, stellte Trimalchio fest, die Kollegin nickte zustimmend.
    »Die komische Praxis«, fuhr die Frau fort, über ihren Nachbarn zu lästern, »die er da betreibt. Die Angehörigen haben ihre Schwerkranken hierher gebracht. Denen konnte man anderswo nicht mehr helfen. Die Hoffnung stirbt als Letztes, habe ich mir gesagt. Wenn die Leute meinen, sie könnten noch ein bisschen länger leben, wenn sie sich vom Doktor Lugner die Hand auflegen lassen, dann ist ihnen wenigstens geholfen. Natürlich hat er denen nur das Geld aus der Tasche gezogen. Und andere sind auch gekommen, selbst welche mit chronischen Sachen, Allergien, Asthma, so

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