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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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war er mit der Situation überfordert, in Wirklichkeit bereute er es, hierher gefahren zu sein. Er blickte um sich und sah Beamte hinter Wagen, Hecken und Hofeinfahrten stehen und welche auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Alle warteten auf seine Anweisung. Im Haus gab es jetzt zwei Menschen, die wussten, dass von ihm ihr nächstes Weihnachtsfest abhing.
    »Haben Sie uns gehört, Herr Kleinmüller?«
    »Ja«, brüllte der in sein Megafon, das verzerrte bis zur Schmerzgrenze.
    »Dann werden wir jetzt rauskommen.«
    Die Tür wurde ganz geöffnet. Birne und Nina erschienen. Sie wurden rausgeschoben, waren ein lebendes Schutzschild. Birne fühlte die Kälte des Laufs gegen seine Niere gedrückt, dieser Schuss wäre tödlich. Er blinzelte, die Sonne blendete ihn nach dem Halbdunkel des Hauses. Dann sah er in die Runde, ein paar von denen kannte er. Zur Haustür hinauf führten vier Stufen. Als er die erste nahm, Arm in Arm mit Nina, duckte sich Ben hinter ihnen, um die Deckung nicht zu verlieren. Birne entdeckte Tanja. Sie stand nicht weit von dem Mann in Zivil mit dem Megafon in der Hand. Der Typ war ihm nicht sympathisch, der runzelte die Stirn, als er sie sah. Birne mochte sein Leben nicht in der Hand dieses Mannes wissen.
    Sie konnten ungehindert weitergehen. Sie waren auf dem schmalen Pflasterweg, der vom Haus nach links zum Autoabstellplatz führte. Sie gingen vorsichtig, behutsam. Birne versuchte alles, um sie aufzunehmen, jede Bewegung jedes Menschen. Er hatte keine Chance. Sie waren so nah, Tanja war so nah, es half nur nichts. Er entdeckte die tiefe Sorge in Tanjas Gesicht. Sie fühlte sich machtloser als ihre Kollegen um sie herum.
    Birne konnte es sehen. Es passierte ganz langsam wie in Zeitlupe. Der Mann duckte sich hinter der Beifahrertür eines Polizei-BMW auf der anderen Straßenseite. Er zielte durch das geöffnete Fenster. Es war ein Gewehr. Es knallte, die Vögel verstummten. Birne bildete sich ein, sogar verfolgen zu können, wie sich die Kugel durch die Luft schob. Sie konnten sich nicht bewegen, sie waren wie schockgefroren. Der Schuss ging vier Millimeter an Birnes Nase vorbei, der Schuss ging vier Millimeter an Bens Ohr vorbei, die Kugel landete in der Hauswand und ergab einen hässlichen grauen Einschussfleck.
    Ben schoss sofort. Provoziert und nicht ernst genommen. Birnes Niere blieb heil. Ben schoss auf den Schützen auf der anderen Straßenseite. Der schrie auf, nicht getroffen, sondern erschrocken. Er ließ sein Gewehr fallen und lief davon. Jetzt bot sein Rücken eine Musterzielscheibe. Ben ließ ihn laufen.
    Kein Blut war geflossen, wahrscheinlich verhinderte das weitere Versuche, die Flüchtenden zu treffen. Birne zitterte, Ben stieß ihn erstaunlich zielsicher Richtung Auto. Er wusste, wohin er wollte und was er wollte. Er riss die Beifahrertür auf, schmiss sich hinein und zog Nina über sich wie eine Kuscheldecke. Birne hielt er die Pistole vor die Nase und drohte: »Steig ein und fahr los, sonst ist das hier Endstation.«
    Birne lief ums Auto immer in Bens Visier, auf dessen Knien Nina zitterte. Birne suchte Tanja, sie hatten jetzt alle angelegt und schauten schockiert der Flucht zu. In Tanjas Blick las er ein ›Bitte bleib.‹ Birne stieg ein, fand den Schlüssel schon im Zündschloss und schoss los. Beim Hinausfahren streifte er ein Polizeiauto, das die Zufahrt blockierte. 80 Sachen im Wohngebiet, keine spielenden Kinder auf der Straße, zu Birnes und ihrem Glück. Birne dachte nichts, wusste auch nicht, was er wollen sollte.
    Raus aus dem Ort über Felder, kleines Waldstück, niemand im Rückspiegel. Sie hatten Zeit gewonnen. Ben lag unter Nina, hielt nach wie vor die Waffe, blickte über ihre Schulter auf den Weg und sagte nichts.
    Nina war apathisch, Birne fragte: »Wohin?«
    Ben antwortete zäh unter leichtem Stöhnen: »Da vorn geht’s rechts in einen Feldweg, da rein, da kommt Wald, von da geht’s zu Fuß weiter für uns.«
    Nina meldete sich: »Dir geht’s gut.«
    Ben sagte: »Mir geht’s gut.«
    »Ich spür’s «
    »Ich muss bald lange auf viel verzichten.« Ben lachte.
    Sie bogen rechts ab und wurden heftig durchgeschüttelt. Immer noch war niemand hinter ihnen. Sie entkamen. Das Gras auf dem Mittelstreifen war hoch, Birne kannte keine Gnade mit dem Wagen. Er riskierte, irgendwo aufzuhocken. Solange das hier ein Feld- und kein Waldweg war, konnte man das Auto von der Straße aus sehen. Wenn sie zwischen den Bäumen verschwunden waren, brauchten die anderen einen

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