Alphabet der feinen Kueche
Stunden aufgehen lassen; wenn der Teig ein paar Stunden »übergeht«, schadet es nicht.
Den Ofen auf 240 Grad vorheizen (ohne Umluft). Ein Backblech mit Olivenöl bestreichen und mit Mehl bestäuben. Den Teig auf das Blech schieben, lässig verteilen. 200 g Kirschtomaten halbieren, die Rosmarinnadeln zupfen, den Teig damit belegen. Mit grobem Salz bestreuen und mit Olivenöl beträufeln. 18 Minuten goldbraun backen. Ein echtes Arbeitnehmerbrot: morgens ansetzen, abends backen, noch warm auf eine Grillparty mitnehmen.
Offene Fragen
Susanne S. aus Hamburg wunderte sich: »Ihre Kolumnen … werfen zuweilen aber auch Fragen auf: Sie schreiben, man solle Mehl und Hefe mit KALTEM Wasser und Salz verkneten. Also keinen Vorteig, also kein WARMES Wasser, also das Salz gleich direkt rein - das widerspricht doch jedem traditionellen Heferezept, oder? Ich wollte (das Brot) am Mittwoch für einen angekündigten Besuch vorbereiten, bräuchte also Ihre baldige Antwort!«
Voilà: Die traditionellen Hefeteigrezepte sind nicht optimal. Wenn man genug Zeit hat, dann ist es besser weniger Hefe zu verwenden, keinen Vorteig zu machen, kaltes Wasser dazuzugießen und den Teig nicht auf der Heizung, sondern an einem kühlen Ort bei Zimmertemperatur aufgehen zu lassen - das Gebäck wird aromatischer und bleibt saftiger. Bei schweren ei- und butterhaltigen Teigen schmeckt man den Unterschied wahrscheinlich weniger als bei unserem Brot. Trotzdem wird auch ein Hefezopf- oder Briocheteig am besten, wenn die zweite Ruhephase über Nacht im Kühlschrank stattfindet (mit Folie abgedeckt, damit der Teig nicht austrocknet). Warum sich die vielen »schnellen« Hefeteigrezepte entwickelt haben, ist mir nicht ganz klar. Bis ich für den Weizentext mit einigen guten Bäckern gesprochen und in der Fachliteratur nachgelesen hatte, standen meine Hefeteige auch immer auf der Heizung, und ich hielt es für eine Besonderheit italienischer Pizzateige, dass diese mit sehr wenig Hefe zubereitet werden.
W odka
Während der Belagerung von Leningrad im Zweiten Weltkrieg war Wodka noch eine Medizin, um die Bevölkerung in aussichtslosen Situationen zu betäuben. Schon kurz danach stieg der Getreidebrand zur Salon-Spirituose auf: John G. Martin, damaliger Besitzer der US-amerikanischen Smirnoff-Lizenz, hatte die visionäre Idee, seinen Schnaps mit dem Slogan »No taste, no smell« als sauber-elegante Cocktailbasis zu etablieren. Martin erfand Cocktails wie Moscow Mule und Wodka Martini - den Drink, der Wodka als Getränk von James Bond berühmt machte. Seit Dr. No 1962 in die Kinos kam, sollten alle Wodkaproduzenten Mr. Martin für das erfolgreichste Productplacement aller Zeiten danken. Korn, der deutsche Wodka, ist trotz vergleichbaren Geschmacks Pils-Pub-Plörre geblieben.
Ungefähr dreißig Jahre später suchte Roustam Tariko guten Wodka in Russland, seiner Heimat, der Heimat des Wodka (Polen würden widersprechen). Tariko fand nur westlichen Premium-Wodka. Der Eigentümer der größten russischen Privatbank, Russian Standard, begann also, unter demselben Namen in St. Petersburg seinen eigenen Weizenbrand zu destillieren. Er rollte den russischen Markt auf und exportiert seit 2006 auch nach Deutschland.
Wodkaherstellung ist paradox: Maische aus vergorenem Weizen, Roggen, manchmal Kartoffeln wird zu fast reinem Alkohol destilliert. Anschließend verdünnt man den Alkohol auf Trinkstärke, bevor der Schnaps durch riesige Aktivkohlefilter weiter gereinigt wird - bis der fertige Wodka nur noch 30 Milligramm Aromastoffe pro Liter enthält. Whisky oder Cognac sind dagegen mit knapp 3000 Milligramm barocke Aromabomben. Die Menge der Fremdchemikalien im Wodka ist so klein, dass wir auch nach reichlichem Genuss kaum einen Kater bekommen. Trotzdem entscheidet ihre Zusammensetzung über Charakter, Qualität und Preis des Getränks. Tariko fasst es so zusammen: »Shit in means shit out«, was bedeutet: Auch aus fiesem Fusel kann ich neutralen, reinen Wodka filtern. Doch wenn ich viele unangenehme Stoffe aus dem Destillat entfernen muss, dann bleibt überhaupt kein Geschmack übrig. Die Kunst des Brennmeisters besteht darin, aus gesundem Getreide mit mineralstoffarmem Wasser ein gutes Rohdestillat herzustellen. So dass nach sensibler Filterung ein zwar feiner, aber komponierter Geschmack bleibt. Deshalb: Guter Wodka ist zu schade für Cocktails. Trinken Sie ihn pur - zu diesem Gericht.
Geschmorte Schweineschulter mit Rübensirup
• Rustikaler Hauptgang
800 g
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