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Alphavampir

Titel: Alphavampir
Autoren: Sandra Henke
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bis unten. Sie hörte Lupus hinter sich fluchen und nahm den Ärger in Kauf, den er ihr machen würde, aber sie würde ihn zum Schweigen bringen, wenn sie ihm die Antwort auf die Frage nach Pavels wahrer Natur lieferte.
    Als sie auf der Bühne stand, roch sie ihn – den Werwolf. Äußerlich behielt sie die Fassung und lächelte Radim offenherzig an. In Wahrheit nahm sie ihn kaum wahr, sondern konzentrierte sich auf die Witterung. Ihre Timberwölfin winselte aufgeregt. Nanouks Puls beschleunigte sich. Sie schaute an dem Illusionisten vorbei zu dem Tundrawolf, der seine Ohren spitzte und einen Schritt auf sie zukam. Auch er erkannte sie in diesem Moment. Es musste sich um einen Einzelgänger handeln. Sein Rudel bestand aus den Theaterleuten. Aber was waren sie?
    Nanouk konzentrierte sich nun auf den Magier. Er war definitiv kein Lykanthrop, dennoch verströmte er einen absonderlichen Geruch. Eine alte Schuhsohle kam ihr als erstes in den Sinn. Dann dachte sie an eine lederne Schuheinlage, die nach jahrelangem Gebrauch stank und sich an den Rändern wellte. Er roch nach altem, speckigem Leder.
    Ihr fiel wieder ein, was Lupus über Adamo gesagt hatte. «Ein riecht ein wenig nach Mensch, aber eher auf eine muffige Art wie ein Mantel, der seit einer Ewigkeit mit Mottenkugeln auf dem Dachboden liegt.»
    Sie wich zurück, weil der Gestank ekelig war.
    «Na, na, nur keine Angst. Ich werde Ihnen kein Haar krümmen», säuselte Radim verführerisch. «Wie ist Ihr Name?»
    Sie überlegte, ob sie ihn anlügen sollte, und entschied sich dagegen. Während sich ihre Gefährten Rudelnamen gegeben hatten, benutzte sie ihren Geburtsnamen weiter, um zu demonstrieren, wie eins sie mit ihrer Wölfin war und dass sie die Lykanthropie als ihre Bestimmung ansah. «Nanouk.»
    «Ein wunderschöner Name», sagte der alte Speichellecker. «Schauen Sie mir tief in die Augen und entspannen Sie sich. Sie sind in sicheren Händen. Ich werde Sie auffangen, durch die Trance begleiten und Sie sicher wieder zurückführen.»
    Wehe dieser Schleimer fasst mich an, war das einzige, was sie denken konnte. Dementsprechend feindselig musste ihre Mimik sein, denn Radims Lächeln erstarb.
    «Sie trauen meinen Fähigkeiten nicht, Nanouk. Aber Sie werden meine Magie gleich am eigenen Leib erfahren und dann werden auch Sie zu den Gläubigen gehören.»
    Skeptisch hob sie eine Augenbraue.
    Er wandte sich lieber an die Zuschauer, die euphorisch an seinen Lippen hingen. «Liebes Publikum, Sie alle kennen Showhypnotiseure.» Theatralisch hob er seine Stimme und schmetterte die Worte in den Saal. «Diese Schauspieler benutzen allerlei Suggestionsmethoden, erwähnen ihrem Opfer gegenüber, dass intelligente Menschen sich besonders gut hypnotisieren lassen, um ein schlechtes Gewissen hervorzurufen und Bereitwilligkeit herbeizuführen. Oder sie reden den Freiwilligen ein, dass sie ein Magnet nach unten zieht, was diese tatsächlich zu spüren glauben, weil sie es glauben wollen. Sie kippen förmlich um. Wenn sie sich nun schnell hinlegen, führt das zu einer kurzzeitigen Desorientierung. Diesen schwachen Moment nutzen die Showhypnotiseure aus und setzen ihre Suggestion genau dort an, weil durch die Reizreduzierung die natürlichen Schranken offen stehen. Aber ich arbeite mit echter Magie.»
    Nanouks Blick wurde provokativ. Egal, wie viele Argumente Radim brachte und wie viele Lobeshymnen er auf sich selbst sang, es war und blieb ein Trick und sie war keineswegs bereit mitzuspielen. An ihr würde er sich die Zähne ausbeißen.
    «Ich werde Ihnen, Nanouk, nur in die Augen schauen, mehr nicht. Ab sofort werde ich nichts mehr sagen, denn ich möchte Sie nicht in den Trancezustand hineinreden, sondern ich werde Sie auf subtile Weise beeinflussen.» Leise fügte er hinzu. «Sie werden mir aus der Hand fressen.»
    Ein Knurren stieg in Nanouk auf. Fest presste sie ihre Lippen zusammen. Wölfe mochten es nicht, wenn man ihnen in die Augen sah. Sie verstanden das als Herausforderung. Im Grunde war es das sogar, auch wenn es nicht um eine körperliche Auseinandersetzung ging.
    Plötzlich schüttelte Radim seinen Kopf. «Sie sind wirklich ein harter Brocken. Ich muss meine Magie direkt in Sie hineinfließen lassen. Erlauben Sie mir, dass ich Sie berühre.»
    Er wartete nicht einmal ihre Antwort ab, sondern trat näher und legte seine Hände an ihre Wangen, wobei seine Fingerspitzen auf ihre Schläfen zeigten, als wollte er durch sie seine Energie direkt in ihr Gehirn fließen
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