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Alphawolf

Titel: Alphawolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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kleinen Demonstration nicht mehr leugnen können.» Schroff wandte er sich an den Jungen. «Rufus, verwandle dich!»
    Tala spürte, wie sie sich unweigerlich verkrampfte. Der Moment der Wahrheit war gekommen.
    Kapitel 6
    Rufus wagte nicht hinter dem Sessel hervorzutreten. Die Verlegenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Lag es daran, dass er erwartet hatte, Tala würde die Demonstration ablehnen, und da sie es nicht tat, hatten er und Claw sich in eine peinliche Situation manövriert? Oder weil er nackt war?
    Noch immer stand er mit dem Rücken zu Tala und Claw. Hin und wieder schaute er scheu über die Schulter zu ihnen.
    Tala stand kurz davor, diese Farce zu beenden, weil Rufus ihr leidtat. «Wieso verwandelst du dich nicht, Claw?»
    «Weil Rufus’ Alter die Situation harmloser macht. Bei mir siehst es grausamer aus und du würdest noch mehr Angst bekommen», antwortete er unbeeindruckt von ihrem Vorwurf. «Außerdem könnte er dich nicht davon abhalten, aus dem Raum zu flüchten, weil dir der Anblick zu viel wird.» Er machte eine Pause, um seine nächsten Worte zu unterstreichen. «Ich schon.»
    Rufus presste auf einmal die Hand auf seinen Bauch, als wäre ihm übel. Er beugte sich vor, richtete sich wieder auf und verzog das Gesicht.
    Hatte er Schmerzen? Tala machte sich Sorgen.
    Sie wollte zu ihm gehen, denn er verkrampfte sich immer wieder, doch Claw stellte sich ihr in den Weg. Zuerst waren die Anfälle nur kurzzeitig, dann dauerten sie länger an und kamen in kürzeren Abständen. Er wurde von fürchterlichen Krämpfen geschüttelt, die seinen zarten Körper von Mal zu Mal stärker erschütterten, bis er gar nicht mehr aufrecht stehen konnte. An die Terrassenfenster gestützt stand er da. Ein Krampf nach dem anderen ging durch ihn hindurch. Jedes Mal traten seine Muskeln hervor. Irgendwann waren sie permanent zu sehen, als wären die Stränge kräftiger geworden.
    Plötzlich fiel Rufus auf seine Knie. Er legte seinen Kopf in den Nacken und schrie auf.
    Tala stieß Claw beiseite. Sie musste dem armen Jungen helfen. Wer wusste schon, was für ein Gift er hatte schlucken müssen, damit er sich vor ihr wand, als wäre er besessen, und somit die Illusion aufrechterhielt. Aber Claw packte sie hart. Er legte seinen Arm von hinten um ihre Hüften und zog sie zu sich heran, um sie fest an seinen Körper zu drücken.
    Anfänglich zappelte Tala, sie trat nach ihm und stieß ihre Fingernägel in seinen Arm. Claw blieb völlig unbeeindruckt. Etwas anderes brachte sie dazu, schlagartig still zu stehen.
    Rufus kniete hinter dem Sessel. Von seinem Unterkörper konnte Tala nur einen Fuß sehen, der hervorragte. Er begann, sich langsam zu verformen, während der Junge leise jammerte. Die Zehen wurden schmaler und das Fleisch verhärtete sich auf bizarre Weise, bis sie wie Krallen aussahen. Der Fuß bildete sich zurück, wurde zierlicher und ein Zeh schob sich vor die vier Außenballenzehen.
    Entsetzt schlug Tala die Hand auf ihren Mund. Sie blinzelte, weil sie nicht glaubte, was sie sah, und dennoch war aus Rufus’ Fuß eine große Wolfspfote geworden, auf der nun Haare sprossen.
    Der Junge stöhnte erleichtert, die Koliken hörten auf. Er atmete ruhiger, doch dass dieser Friede trügerisch war, ahnte Tala, als sie den Schwanz bemerkte, der auf einmal hinter dem Sessel hervorlugte und immer länger wurde.
    Erst als Claw in ihr Ohr grollte: «Hör auf oder ich verwandele mich doch», bemerkte sie, dass sie in seinen Arm kniff. Sie ließ locker, nahm aber nicht ihre Hände von ihm, denn sie brauchte seinen Halt. Ihre Beine zitterten stark. Ihr war schwindelig. Sie hatte Angst umzufallen.
    «Lass mich nicht los», wisperte sie fassungslos.
    Er hielt sie noch enger. Sein Mund war nah an ihrem Ohr. «Hab ich nicht vor.»
    Als Rufus nach vorne kippte und auf alle viere fiel, kreischte Tala. Der Junge guckte zu ihr und lächelte sie an, als wollte er ihr mitteilen, dass alles in Ordnung wäre. Dann begann er zu würgen, wie eine Katze, die Haare hochwürgte. Erneut wüteten krampfartige Kontraktionen durch seinen Körper, der sich immer mehr krümmte. Rufus winselte, weil er wehenartige Schmerzen hatte, die ihn wellenartig erfassten. Diese brandeten in seinem Gesicht und jeder Krampf ließ seine Mundpartie ein bisschen länger werden.
    Erschreckt drehte Tala sich um. Sie drängte sich an Claw und vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeuge, nicht um Schutz zu suchen, sondern um Rufus’ Kampf nicht länger mit ansehen zu müssen.

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