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Alptraum in Pink

Alptraum in Pink

Titel: Alptraum in Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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schöner Raum.«
    »Er ist ein bisschen unheimlich, man bekommt hier kaum genug Tageslicht zum Arbeiten.«
    »Wird in beiden Stockwerken gearbeitet?«
    »Nein. Ich meine zum Teil. Oben sind Lagerräume für Vorräte und Ähnliches, und alte Akten, die praktisch tausend Jahre zurückreichen. Außerdem ein verstaubtes altes Apartment, das seit Jahren nicht mehr benutzt wurde.«
    »Ich dachte, es sei eine viel größere Organisation.«
    »Alles in allem sind wir jetzt dreiundzwanzig Mitarbeiter. Letztes Jahr waren es noch fünfunddreißig. Aber wir verwalten nicht mehr so viele Immobilien.«
    »Ich kann mir vorstellen, dass es ganz nett ist, für Mr. Armister zu arbeiten.«
    Sie lächelte. »Ja, er ist wirklich nett. Er ist so fröhlich und witzig und alles. Er ist gar nicht so zugeknöpft, wie man vielleicht denken könnte.«
    Der fröhliche Charlie Armister. Nichts weiter als ein reicher Spaßvogel. Spaß mit Bonita. Spaß mit Kunst & Talent.
    Ich bedankte mich nochmals und ging langsam den Mittelgang hinunter, schaute mir die Büros rechts und links an, die sanften, gesetzten Mädchen, die mit ihren klappernden elektrischen Maschinen den Geldfluss dokumentierten, die ruhigen Männer, die kleine Häkchen an Tabellen anbrachten und mit leiser Bankerstimme in Telefone und Diktiergeräte sprachen. Es war das vornehmste Pferdewettbüro der Welt. Im Grunde wurden dieselben Dienstleistungen geboten.
    Nach solchen Büroräumen wirkte mein Hotelzimmer wie ein Wegwerfprodukt. Die alte Stadt wurde allmählich mit solchen hohen, geschmacklosen Quadern übersät, mit diesen grellbunten Schachteln, die aus den Menschen, die dort arbeiten und leben mussten, Miniaturen machten. Menschenzwinger. Einmalschachteln für Einmalmenschen.
    Unter der Dusche dachte ich über diese Abschreibeobjekte nach, in denen die Menschen im säuerlichen Gedröhne künstlicher Luft eingeschlossen waren. Vielleicht waren sie zu einem Großteil verantwortlich für den ständig stärker werdenden Beigeschmack von misslauniger und wildentschlossener Bitterkeit in der Luft von New York - den höhnischen, üblen Geruch von Unzufriedenheit. Hässlichkeit erzeugt immer mehr Hässlichkeit. Die Gebäude waren vielleicht schuld daran, aber auch die engstirnige Habgier der zutiefst bösartigen, kleinen Gewerkschaften. Fick dich ins Knie, Mann, ich hol das Beste für mich raus. Dreißig-Stunden-Woche. Fünfundzwanzig-Stunden-Woche. Quetsch den allerletzten Penny aus der verängstigten goldenen Gans. So kommt es also zu den fünfundzwanzig Stunden, die Stunde zu zehn Dollar, und falls das jemandem nicht passt, zettelt man nur wieder einen Streik an und legt die ganze beschissene Stadt lahm. Aber selbst wenn man Arbeit hat, was soll man mit dieser ausgedehnten, langweiligen, schrecklichen Freizeit anstellen? Guckt dich während dieser langen Stunden jemand auch nur falsch an, würdest du ihn am liebsten zu Brei schlagen. Mann, wir sind eine starke Gewerkschaft. Wir haben die Stadt im Griff. Aber irgendetwas läuft da schief, und keiner weiß genau, was. Das kann man jedem an den Augen ablesen, dem man begegnet.

Neun
    Das Satin House war proppenvoll mit schicken Leuten und so beleuchtet, dass Frauen geheimnisvoll und Männer gelassen wirkten. Strahlende Zähne und strahlende Gläser überall. Eine riesige Entlüftungsanlage sog den Rauch nach oben weg. Die gedämpfte Akustik des Raums verwandelte das laute Plappern dicht nebeneinander stehender Menschen in ein undeutliches, einheitliches Gemurmel. Ich ergatterte einen Hocker ganz am Ende der Bar in der Nähe der Tür, wo ich mich mit der rechten Schulter an die Wand lehnen konnte. Links von mir blockierte ein breiter, maßgeschneiderter Rücken die Sicht. Die Barkeeper bewegten sich geschickt zwischen den glitzernden Flaschenreihen und der Theke aus dunklem Holz und rotem Leder hin und her.
    Ich hatte ein volles Glas vor mir stehen, drehte immer wieder den Kopf um und blickte zur Tür. Sie kam genau zum verabredeten Zeitpunkt, schaute sich nicht um, sondern vertraute völlig darauf, dass man nach ihr Ausschau halten würde. Sie war hoch gewachsen, aber nicht ganz so groß, wie ich von ihrem Gesicht her vermutet hätte; schlank und mit einem dunklen, grau-grünen Wollkleid bekleidet. Darüber trug sie eine unechte Nerzjacke, die beinahe perfekt den hellbraunen Farbton ihrer Haare traf. Mit einem Hut wie dem ihren hätte sich jede andere Frau lächerlich gemacht, doch sie besaß die perfekte Ausstrahlung distanzierter

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