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Alptraum in Pink

Alptraum in Pink

Titel: Alptraum in Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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und aufreizender Ruhe. Eine große Krokodilledertasche mit silberner Schließe und passende Schuhe vervollständigten ihren Aufzug.
    Ich eilte auf sie zu. »Rossa, Sie sind sehr pünktlich.«
    »Hallo!«, sagte sie lächelnd und mit einer Wärme, die so subtil war wie ihr Parfüm.
    »Ich heiße Trav, und dahinten ist eine ganz kleine Ecke, die ich für uns reserviert habe.«
    Ich führte sie hin. Der Breitrücken saß auf meinem Hocker. Er war zur anderen Seite gedreht und schaute seinen Gesprächspartner an. »Entschuldigen Sie«, sagte ich. Er warf mir einen völlig gleichgültigen Blick zu und unterhielt sich weiter mit seinem Bekannten.
    »Entschuldigen Sie«, wiederholte ich. Diesmal schaute er sich noch nicht einmal um.
    Diese Stadt ödete mich langsam an. Ich hatte gehört, dass der Bekannte ihn Bernie nannte. Ich legte die Fingerspitzen um sein Kinn und drehte das Gesicht zu mir. Er griff mit der Hand nach meinem Handgelenk und wollte meinen Arm herunterziehen. Aber darauf war ich vorbereitet, und er hätte einen Klimmzug daran machen können, ohne dass ich einen Zentimeter nachgegeben hätte.
    »Bernie«, sagte ich, »nehmen Sie Ihren Hintern von meinem Hocker, oder ich werde eine entsetzlich unangenehme Szene machen. Ich könnte Ihnen womöglich eines Ihrer hübschen Ohren abbeißen.« Der Barkeeper kam in unsere Nähe, und ich ahnte die Geschäftsleitung hinter mir.
    »Ach, haben Sie hier gesessen?«, tat er ahnungslos. Das war wahrscheinlich seine beste Entscheidung. Er stand auf, ging um mich herum und stellte sich auf die andere Seite seines Bekannten. Er lachte sehr, sehr laut und zeigte dabei seine strahlenden Zähne. Rossa glitt auf meinen Hocker und bestellte einen süßen Wermut auf Eis. Ich legte meinen Arm auf die Bar, zwängte mich dazwischen und wandte mich ihr zu.
    »Normalerweise mache ich keinen solchen Wirbel«, sagte ich.
    »Ich wäre davongerannt«, meinte sie. »Ich bin ein Feigling.« Sie hatte einen kaum hörbaren Akzent, vielleicht einen dänischen oder skandinavischen. Beim Hereinkommen und als sie sich auf den Hocker gleiten ließ, bewegte sie sich anmutig, fließend und locker. Ihr Gesicht war kantig und markant, und ihre klassischen Züge würde man eher gut aussehend als hübsch nennen. Ihre Augenbrauen waren dunkler als ihr Haar und ständig leicht fragend hochgezogen. Die Augenlider waren so groß, dass sie die Augen, hellgrau wie meine eigenen, einengten und schräg stellten. Ihre Gesichtshaut war sehr glatt, und sie hatte den vollen, breiten Mund leicht mit einem grellroten Lippenstift geschminkt.
    »Es ist stickig hier, Rossa. Soll ich Ihre Jacke an der Garderobe aufgeben?«
    »Wollen Sie noch lange in einem so überfüllten Lokal bleiben, Trav?« Sie zögerte ganz kurz, bevor sie meinen Namen zum ersten Mal aussprach.
    »Ich glaube nicht.«
    »Dann ist gut so, danke. Ganz in der Nähe ist ein Lokal, wo man etwas trinken kann, das nicht so überfüllt ist. Wir bekommen dort bestimmt beide einen Sitzplatz. Es sei denn, Sie möchten lieber in ein anderes Lokal gehen?«
    »Wir versuchen es mal in Ihrem Lokal.«
    Sie lächelte und zog dabei die Nase kraus. »Wir trinken schnell aus und überlassen Bernie den Hocker, was? Dann kann er wieder den starken Mann markieren.«
    Wir gingen ein Stück die Straße hinunter in ein anderes Lokal. Sie hatte einen hübschen, energischen Gang. An einer dunklen Wand war eine kleine blaue Sitznische für zwei Personen frei. Sie fand leicht ins Gespräch und erzählte mir, dass sie Rossa Hendit hieß und im Reisebüro einer Fluggesellschaft in der Fifth Avenue arbeitete. Sie sagte nicht, für welche. Vielleicht hieß die Gesellschaft Swenska, Nordway oder Fjördland. Sicher war es einer dieser kleinen, gekachelten Läden mit einem blitzenden Flugzeugmodell im Schaufenster und bunten Fäden, die es mit fremdartig klingenden Städtenamen auf einer Karte verbanden.
    Ich erzählte ihr, dass ich aus Florida sei. Sie war schon mehrmals in Miami gewesen. Wir unterhielten uns über das Klima, Zitronenbäume, Strände und Sonnenschutzmittel. Sie benahm sich, soweit ich sehen konnte, in keinster Weise wie eine Prostituierte und sah auch überhaupt nicht wie eine aus. Aber unsere Unterhaltung blieb merkwürdig unbefriedigend. Wir wussten beide, dass sich in einer meiner Taschen ein Umschlag mit Geld befand, der früher oder später in ihrer Handtasche landen würde. In einer solchen Situation hatte ich mich noch nie befunden. Ich brauchte eine ganze Weile,

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