Alptraum in Pink
könnte ihm alles bieten, was er braucht. Aber nach einem Monat bat sie um Ablösung, und wir einigten uns darauf, Charlie nach Bedarf mit Mädchen zu versorgen. Das ist eine geringfügige Ausgabe im Vergleich dazu, was wir dafür bekommen, wenn wir ihn bei Laune halten. Aber jetzt, denke ich, sollte Miss Hersch als eine Art fortgesetzten Reueakt ihre bisherigen Aufgaben und Funktionen wieder übernehmen. Auf jeden Fall habe ich eine Bitte an Sie: Wir haben Sie im Hotel abgemeldet, und ich möchte, dass Sie zwei Briefe schreiben. Varn wird Ihnen die nötigen Utensilien bringen. Sie werden nach Florida schreiben und arrangieren, dass Ihr Hausboot verkauft wird und Ihnen das Geld sowie Ihre persönliche Habe hierher geschickt wird.«
»Sie sind total verrückt.«
»Außerdem werden Sie Miss Nina Gibson schreiben und ihr erklären, dass Sie nicht länger daran interessiert sind, die Sache weiterzuverfolgen und ihr alles Gute wünschen. Ihre Verdächtigungen soll sie sich aus dem Kopf schlagen. Eine angenehm nette und ziemlich kalte Abfuhr. Tatsächlich könnte eine kurze Mitteilung an Mike Gibson auch nicht schaden. Und eine an Terry Drummond? Ich weiß nicht recht. Das muss ich mir noch überlegen. Sie ist einfach ein bisschen zu bedeutend und bekannt, um sich mit ihr anzulegen. Ich persönlich glaube ja, dass es ihr langweilig werden wird. Dann wird sie sich fragen, was das Ganze soll, und wieder nach Griechenland verschwinden.«
»Ich werde niemandem auch nur ein einziges Wort schreiben, verflucht noch einmal.«
»Varn!«
Im nächsten Moment flog die Tür auf. Mir wurde sofort klar, dass ich nur eine hauchdünne Chance hatte, wenn ich etwas unternehmen wollte. Außerdem kam es mir so vor, als hätte ich innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden einen ganz beachtlichen Teil meiner Koordinationsfähigkeit eingebüßt. Varn und der Wärter vergewisserten sich, dass alles in Ordnung war, dann trat der Wärter wieder auf den Flur hinaus, und die Tür fiel zu.
Dr. Varn legte eine gewisse Wachsamkeit an den Tag, als er sich Baynard Mulligan näherte.
»Doktor, ich hätte gerne, dass Sie Mr. McGee mit dem Fall Doris Wrightson vertraut machen.«
»Ich glaube nicht, dass das ratsam wäre«, meinte Varn.
Mulligan hörte nicht auf ihn. Er schaute mich an und sagte: »Ich kann Ihnen auch als Laie schildern, in welchem Zustand sie hier eingeliefert wurde. Sie war eine scheue, einunddreißig Jahre alte Jungfer, mager und introvertiert, eine Büroangestellte in schlechter körperlicher Verfassung. Sie litt an chronischer Migräne und Rückenschmerzen, neigte zu Harnleiterentzündungen. Ihr Puls war schnell und unregelmäßig. Sie war sehr angespannt, ängstlich und passte sich gesellschaftlichen und gefühlsbedingten Umständen nur schlecht an. Wenn sich am Routineablauf im Büro etwas änderte, wurde sie ganz aufgeregt. Obwohl sie eine gute Arbeitskraft war, wurde sie schnell müde und brach sofort in Tränen aus, wenn jemand sie barsch anfuhr. Außerdem hatte sie die eigenartige Vorstellung, dass man sie nur deshalb zur Behandlung hierher geschickt hätte, weil sie auf einige Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung gestoßen war. Damit war sie heulend und händeringend zu mir gekommen und beschuldigte Mr. Penerra der Unterschlagung.« Er wandte sich an Varn. »Sie hatte viele physische und emotionale Probleme, nicht wahr, Doktor?«
»Ja. Natürlich.«
»Aber Dr. Varn ist offensichtlich nicht bereit, die experimentelle Behandlung zu diskutieren, obwohl sie erstaunlich erfolgreich verlaufen ist.«
»Ich glaube, wir sollten nicht ...«
»Haben Sie mir nicht erzählt, dass ähnliche Experimente in der UdSSR schon seit einigen Jahren durchgeführt werden, Doktor?«
»Aber ...«
»Alles andere, was hier gemacht wird, McGee, kann man als gängige Therapie bezeichnen. Aber in diesem Land wird mit dem Wert des Tieres Mensch eine solche Gefühlsduselei betrieben, dass wahrscheinlich eine aufgebrachte Menschenmenge auftauchen und dieses Krankenhaus niederbrennen würde, falls etwas über diese Forschungsrichtung bekannt würde. Das macht Dr. Varn nervös. Bitte erzählen Sie Mr. McGee, wie Doris Wrightson behandelt worden ist, Doktor.«
Die beiden Männer starrten sich einige Augenblicke an und trugen stumm ihren Kampf aus. Ich entdeckte einen Schweißfilm auf Varns kahlem Schädel. Plötzlich gab er mit einem kleinen Schulterzucken seine Einwilligung. Mit völlig tonloser Stimme sagte er: »Nach einer kompletten Testreihe
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