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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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»als unsere Schulweisheit sich träumen läßt.«
    »Na gut. Kommen wir zur Sache. Ich habe in diesem Buch die genaue Darstellung eines Alptraums gefunden, der bei mir seit geraumer Zeit wiederholt auftritt. Seine Deutung verblüfft mich ein wenig. Es geht um einen vermummten Schweinehirten, der …«
    Ich hielt inne. Morgan sah mich mit großen Augen an, die hinter seiner dicken Brille noch größer wirkten. Seine dicke, hängende Unterlippe fing an zu zittern. Er sah so häßlich aus wie eine warzige Kröte in einem Tümpel.
    »D-d-der Schweinehirt?« Sein Gesicht war seltsam grau.
    »Ja. Laut Ihrer Deutung dient er als Katalysator. Es heißt da, er soll jene, die von ihm träumen, für Botschaften aus der Vergangenheit empfänglich machen. Ich frage mich, wie kommen Sie darauf? Und um welche Botschaften geht es dabei? Mit anderen Worten, ist die Vergangenheit, sobald sie Vergangenheit geworden ist, nicht vergangen? Ist sie nicht abgeschlossen, tot? Wie kann die Vergangenheit über die Zeit hinweg …«
    »Ich habe noch nie einen Menschen kennengelernt, der von ihm geträumt hat«, sagte Morgan. Seine Stimme klang tot und dürr, wie brechendes Reisig. »Nur solche Menschen träumen von ihm, deren Bestimmung vorgezeichnet ist … die Verbindungen zur Vergangenheit haben …«
    »Schön«, sagte ich. »Aber woher wissen Sie das?«
    Unsicher stierte er mich an. »Ich weiß es nicht mehr«, erwiderte er. »Meine Quellen sind verschiedenster Art. Ich habe aus alten Schriften zitiert, aber natürlich auch aus mündlichen Überlieferungen …« Ich sah ihm an, daß er log.
    »Na schön«, sagte ich zu ihm. »Wenn’s sein muß, kann ich auch anders.« Entschlossen legte ich das Buch neben mich und packte ihn an den Jackettaufschlägen. »Reden Sie! Raus damit!«
    »Lassen Sie mich los …!« röchelte Morgan.
    Ich war nie gewalttätig gewesen, doch in diesem Moment spürte ich, daß sich in meiner Seele etwas Dunkles, Abscheuliches zusammenbraute. Die warzige Kröte wußte genau, was es mit mir und meinen Leiden auf sich hatte. »Reden Sie endlich!« schrie ich unbeherrscht und schüttelte Morgan.
    Er quiekte vor Furcht und verdrehte die Augen. »Nein, nein! Und wenn Sie mich totschlagen! Kein Wort kommt über meine Lippen!«
    Rote Schleier wallten vor meinen Augen. Meine Knie wurden schwach, meine Zähne fingen haltlos an zu klappern. Ich holte zu einem Schlag aus. Ich hätte Morgan die Kiefer zertrümmert, hätte nicht in diesem Augenblick ein Kunde den Laden betreten.
    »Wenn Sie nicht gehen, hole ich die Polizei«, keuchte Morgan heiser und strich seine Kleidung glatt. »Wehe, wenn ich Sie noch einmal hier sehe!«
    Ich verlor plötzlich alle Hemmungen. »Helfen Sie mir!« flehte ich ihn an. »Mit mir ist irgend etwas los, das ich mir nicht erklären kann. Bitte helfen Sie mir!« Er schenkte mir einen äußerst seltsamen Blick, dann trat er ein paar Schritte zurück und schüttelte den Kopf.
    »Ihnen kann niemand helfen.«
    Fluchtartig verließ ich den Laden. Nachdem ich die Buchhandlung verlassen hatte, irrte ich über eine Stunde lang durch Glasgow. Ich kam erst wieder zu mir, als sich ein Polizist neben mir aufbaute und mich mit argwöhnischem Gesicht musterte.
    Ich erwachte aus meiner Starre und stellte fest, daß ich an einer stark befahrenen Straße eben im Begriff war, sie zu überqueren, ohne nach links oder rechts zu sehen.
    »Ist Ihnen nicht gut, Sir?« erkundigte sich der Bobby.
    »Do-doch, danke«, stotterte ich, »alles in Ordnung.«
    Ich eilte über die Straße. In der Schaufensterscheibe eines Warenhauses sah ich, was ihn erschreckt hatte. Mein Haar war wirr und zerzaust, auf meiner Stirn standen Schweißtropfen. Meine Krawatte hatte sich fast ganz unter den Hemdkragen geschoben.
    Mir fiel Morgans Antwort ein. »Ihnen kann niemand helfen.« Es hatte so absolut geklungen, als sei ich ein Verdammter; als könnte mich nichts mehr den Krallen des Teufels entreißen. Seine Behauptung hatte eine Unabänderlichkeit meines Schicksals angedeutet. Die Erinnerung an seinen furchtsamen Blick verursachte mir noch lange Schaudern.
    Die anschließenden Tage und Nächte der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit – besonders die Nächte mit ihren unheimlichen Alpträumen – zermarterten mich dermaßen, daß ich vermutlich binnen kurzem um den Verstand gekommen und unwiderruflich der Geistesgestörtheit verfallen wäre, hätte sich nicht endlich Howard eingestellt.
    Ich saß am Spätnachmittag des 18. August bei einer

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