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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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mir alle fortgelaufen waren, auch das Personal? Die Befürchtung, ganz auf mich gestellt den bedrohlichen Schemen meiner Vergangenheit ausgeliefert zu sein, trieb mich von der Ottomane hoch. Aber ich hörte fortwährende Geräusche. Schritte und Stimmen. Sie drangen aus der Eingangshalle und dem Treppenhaus. Ich schwankte in den Flur.
    Hinter der Haustür stand der junge Keith Storni. Er hielt die doppelläufige Schrotflinte in der Hand.
    »Was ist passiert?« lallte ich betroffen.
    »Es schleicht jemand ums Haus, Sir«, antwortete er aufgeregt. Er zitterte und war weiß wie eine frisch gekalkte Wand. »Ein rothaariger Mann, ziemlich verwahrlost. Ich habe ihn gesehen, als er durchs Küchenfenster starrte.«
    »Wann war das?«
    »Vor zehn Minuten.«
    Ich nahm ihm die Waffe ab. Perkins kam mit einer Eisenstange aus der Abstellkammer. Gemeinsam eilten wir in die Dunkelheit hinaus. Die Frischluft, der Schreck und mein Zorn ernüchterten mich in einigem Umfang. Immerhin hatte ich das Empfinden, die Situation zu überblicken.
    Schon einmal hatte sich ein rothaariger Mann auf meinen Grundstück zu schaffen gemacht. Ich hatte ihn nicht vergessen. Ian Brady lautete sein Name, er hatte auf mich geschossen, nachdem er seine Flinte zuvor bei Constable McGivern als gestohlen gemeldet hatte. Ich fragte mich, wieso mir erst jetzt einfiel, daß der Constable mich nicht um eine Beschreibung des Schützen gebeten hatte. Schließlich hatte ich den Mann mit eigenen Augen gesehen. Und vielleicht hätte ich ihn sogar so gut beschrieben, daß es dem Constable für ein Verhör gereicht hätte. Aber nein, die Flinte war ihm ein paar Tage zuvor gestohlen worden! Damit schied er als Täter natürlich aus.
    Ich war nicht gewillt, dem Mann, wer er auch war, noch eine Chance zu geben, mich in die Ewigen Jagdgründe zu befördern. Trotz meiner schlechten Verfassung dachte ich nicht daran, mich hinter den Mauern meines Hauses zu verkriechen.
    »Kommen Sie raus, Brady!« schrie ich und schwang das Gewehr. »Kommen Sie raus und sagen Sie, was Sie wollen!«
    Es knackte irgendwo im Gebüsch, dann ertönte ein wüstes Gebrüll. Ein Schuß knallte, ich hörte Perkins schreien, dann gellte Gelächter. Ich feuerte den ersten Lauf der Flinte in die Richtung ab, in der ich Brady vermutete, und hörte einen heiseren Aufschrei. Dann hetzten Schritte durch die Nacht, entfernten sich vom Haus. Perkins stöhnte. Ich fuhr herum. Er lag auf dem Rasen und blutete aus einer Schußwunde. Ehe Keith und ich ihn ins Haus tragen konnten, starb er uns in den Annen.
    Keith und Howard, der sich gleich darauf aus der Bibliothek einfand, übernahmen es, das Haus gegen weitere nächtliche Übergriffe zu bewachen, während die Storm-Schwestern sich in ihrer Schlafkammer verbarrikadierten. Ich setzte mich trotz meiner Alkoholtrunkenheit ins Automobil, dessen Steuerung ich obendrein nur mangelhaft beherrschte, und fuhr im Eiltempo nach Largs, um Constable McGivern von dem nächtlichen Überfall zu informieren. McGivern, der über ein Telefon verfügte, rief sofort die Kriminalpolizei in Glasgow an, und schon nach Mitternacht wimmelte es auf meinem Grundstück von uniformierter und ziviler Polizei.
    Die Ermittlungen leitete ein gewisser Sergeant Corcoran, ein untersetzter Bursche mit treuherzigen Augen, neben dem sein hochaufgeschossener, pickliger Assistent Harris wie ein ungelenker Lehrbursche wirkte.
    »Sie glauben also, den Mordbuben erkannt zu haben, Sir?« vergewisserte Corcoran sich zum wiederholten Mal und ließ sich mit einem Aufächzen in einen Sessel fallen. In der Küche hörte ich die Storm-Mädchen mit Geschirr klappern. Sie kochten Kaffee für die Polizisten.
    Ich nickte. »Zwar habe ich ihn nicht gesehen, aber ich weiß, wer es war.«
    Corcoran machte große Augen. »Woher?«
    »Der Name des Mannes ist Ian Brady. Er hat schon einmal auf mich geschossen, vor etwa zwei Wochen. Dummerweise hat er seine Flinte hier zurückgelassen. Als ich die Angelegenheit in Largs zur Anzeige bringen wollte, hatte er sie allerdings schon verlustig gemeldet.«
    »Das ist eine schwere Anschuldigung«, sagte Corcoran. »Kennen Sie Brady persönlich?«
    »Nein. Aber er ist es gewesen.«
    »Welches Motiv hatte er für die Tat – angenommen, er war es überhaupt? Hat er Perkins gekannt?«
    »Er wollte mich erschießen!« schnauzte ich. »Sind Sie so schwer von Begriff, Sergeant, oder tun Sie nur so?«
    Corcoran verzog keine Miene. »Woher wollen Sie wissen, daß der Schuß Ihnen

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